US-Schluss: Verluste – Skepsis nach Beginn des EU-Gipfels
New York – Die US-Anleger haben am Donnerstag mit Ernüchterung auf den Start des EU-Krisengipfels in Brüssel reagiert. Nach zwei Gewinntagen in Folge schlossen die wichtigsten Indizes nun wieder im Minus. Kaum ein Anleger erwarte, dass es auf dem gerade begonnenen EU-Krisengipfel substanzielle Fortschritte zur Bekämpfung der europäischen Schuldenkrise geben werde, hiess es von Experten. Dazu habe es in der Vergangenheit zu viele ähnliche und letztlich fruchtlose Treffen gegeben. Die nur leicht gesunkenen wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe sorgten ebenfalls nicht für positive Impulse.
Der Dow Jones Industrial sank um 0,20 Prozent auf 12.602,26 Punkte. Für den marktbreiten S&P 500-Index ging es um 0,21 Prozent nach unten auf 1.329,04 Punkte. An der technologielastigen Nasdaq-Börse fiel der Composite Index um 0,90 Prozent auf 2.849,49 Punkte, der Auswahlindex Nasdaq 100 gab um 1,13 Prozent auf 2.536,65 Punkte nach. Im späten Handel allerdings hatten die Indizes ihre anfänglich noch höheren Verluste deutlich reduziert. Grund dafür waren Händlern zufolge vage Spekulationen, wonach sich die EU-Staats- und Regierungschefs schneller als gedacht auf Massnahmen zur Bekämpfung der Krise einigen könnten.
Beim EU-Gipfel in Brüssel verlangten Spanien und Italien schnelle Eingriffe an den Märkten für Staatsanleihen. Madrid und Rom haben akute Probleme, sich frisches Geld zu besorgen. Mit diesen Forderungen setzten sie Deutschland massiv unter Druck. Kanzlerin Angela Merkel ist strikt gegen solche Schritte und gegen eine Vergemeinschaftung der Schulden in der Währungsunion. Allerdings scheint Merkel mit dieser Position in Europa isoliert.
Finanzwerte gaben zum Teil deutlich nach. Sie folgten damit der Kursentwicklung ihrer europäischen Konkurrenten, die bereits vor dem EU-Gipfel stark unter Druck geraten waren. Bei JPMorgan belastete zudem ein Bericht der «New York Times», dem zufolge dem Institut aus Derivate-Geschäften Verluste von bis zu neun Milliarden US-Dollar drohen. Entsprechend rutschten die Titel am Dow-Ende um 2,45 Prozent auf 35,88 US-Dollar ab. Die Anteilsscheine von Bank of America verloren 0,39 Prozent.
Ausserhalb der krisengeschüttelten Finanzwelt zog ein sensationeller Sieg für Präsident Barack Obama viel Aufmerksamkeit auf sich: Das oberste US-Gericht hatte seine Gesundheitsreform als verfassungskonform bestätigt. Völlig überraschend gaben die Richter grünes Licht für die Einführung einer Pflichtversicherung für die meisten Amerikaner. Krankenhaus-Aktien schnellten daraufhin in die Höhe, da nun die Zahl der Behandlungen wohl steigen dürfte. So kletterten die Aktien von Tenet Healthcare um 5,42 Prozent und die von HCA Holdings gar um 10,75 Prozent nach oben..
Das Medienimperium von Rupert Murdoch wird geteilt. Die News Corp soll innerhalb des kommenden Jahres in zwei separate, an der Börse gehandelte Gesellschaften aufgespalten werden. Der Verwaltungsrat beschloss, das profitablere Film- und Fernsehgeschäft vom zuletzt schrumpfenden Verlagsgeschäft zu trennen. Murdoch selbst soll Oberaufseher beider Firmen werden und den Unterhaltungsbereich auch als Vorstandsvorsitzender leiten. Für die seit den ersten diesbezüglichen Meldungen stark gestiegenen Aktien ging es nun um 1,43 Prozent nach unten.
An der Börse in Toronto schnellten die Titel von Progress Energy um 73,59 Prozent auf 20,05 kanadische US-Dollar in die Höhe. Der malaysische Energiekonzern Petronas will den Gasförderer übernehmen. Die Unternehmen vereinbarten einen Preis von 5,5 Milliarden kanadischen Dollar (4,3 Milliarden Euro) inklusive Schulden. Das Angebot von 20,45 Dollar je Aktie entspricht einem Aufpreis von 77 Prozent zum Schlusskurs der Progress-Aktie am Mittwoch. Mit der Übernahme möchte zum einen Petronas seine Exportmöglichkeiten für verflüssigtes Gas ausbauen. Zum anderen plant der Konzern, seine Aktivitäten zur Förderung von Schiefergas zu erweitern. (awp/mc/upd/ps)