New York – Die Aussicht auf noch länger fliessendes Billiggeld in der Eurozone hat am Donnerstag auch den US-Aktienmarkt ausgebremst. Anleger gewichteten die Sorgen um das weltweite Wirtschaftswachstum höher. Der US-Leitindex Dow Jones Industrial verlor 0,78 Prozent auf 25 473,23 Punkte.
Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte ihre Wachstumsprognose für die Eurozone für dieses Jahr deutlich gesenkt. Damit wurden die Sorgen um die globale Konjunktur verstärkt. Das Versprechen der EZB, ihren Leitzins nun mindestens bis Jahresende nicht anzuheben sowie den Banken mit weiteren Billigkrediten unter die Arme zu greifen, nutzte den Kursen nichts.
Der marktbreite S&P 500 sank in New York um 0,81 Prozent auf 2748,93 Punkte. Mit minus 1,20 Prozent auf 7026,88 Punkten ging es für den technologielastigen Nasdaq 100 noch deutlicher nach unten. Beide Indizes rutschten zudem unter die 200-Tage-Durchschnittslinie, die als Indikator für den längerfristigen Trend gilt.
Den US-Börsen geht damit nach ihrer rasanten Erholung seit Ende Dezember die Luft weiter aus. In den vergangenen Tagen fehlten frische Impulse etwa hinsichtlich des amerikanisch-chinesischen Handelsstreits. Marktbeobachter wiesen wiederholt darauf hin, dass ein positiver Ausgang des Zollstreits bereits weitgehend in den Kursen eingepreist sei.
Zudem hat sich laut der Notenbank Fed das Wachstum der US-Wirtschaft zu Jahresbeginn etwas abgeschwächt, wie dies am Vortag aus dem jüngsten Konjunkturbericht der Fed hervorging. Die Zentralbank dürfte sich daher in ihrer vorsichtigen Haltung bestätigt sehen. Notenbankchef Jerome Powell hatte sich zuletzt für ein geduldiges Vorgehen mit Blick auf weitere Leitzinsanhebungen ausgesprochen. An den Finanzmärkten werden im laufenden Jahr keine Zinserhöhungen in den USA mehr erwartet.
Die weltweit lockere Geldpolitik war lange Zeit einer der wichtigsten Gründe für die Hausse an den Aktienmärkten. Niedrige Zinsen schmälern üblicherweise die Attraktivität anderer Anlageklassen wie Anleihen. Mangels Anlage-Alternativen hatten Investoren lange Zeit ihr Geld im Aktienmarkt – und dabei Signale einer sich eintrübenden Konjunktur oft ausgeblendet. Dies ist nun anders: Die Konjunkturabkühlung rückt in den Mittelpunkt.
Unter den Einzelwerten am US-Aktienmarkt büssten am Donnerstag vor dem Hintergrund der lockeren Geldpolitik Papiere aus dem Finanzsektor an Wert ein. So verloren Goldman Sachs 1,01 Prozent. Auf Dauer niedrige Zinsen sind für Banken für gewöhnlich schlecht und schmälern deren Gewinne. Die Anteile des Baumaschinenherstellers Caterpillar sanken um 1,51 Prozent. Auch sie litten unter der Konjunkturabschwächung.
Den fünften Tag hintereinander kräftig abwärts ging es für die Papiere der US-Drogerie- und Apothekenkette Walgreens , die mit einem Minus von 2,14 Prozent auf 59,79 Dollar abermals am Dow-Ende waren. Charttechnik-Analysten sehen aber auf diesem Kursniveau allmählich eine Unterstützung. Im Gegensatz zu Walgreens erholten sich General Electric (GE) mit plus 3,73 Prozent ein Stück weit von ihren zuletzt schweren Verlusten.
Hohe Kursabschläge von fast 10 Prozent verbuchten zudem die Aktien der Supermarktkette Kroger , nachdem der Gewinnausblick des Unternehmens die Erwartungen verfehlt hatte.
Die geldpolitische Lockerung der EZB schickte den Euro auf Talfahrt. Die Gemeinschaftswährung weitete im New Yorker Handel ihre Verluste bis auf 1,1177 US-Dollar aus. Dies war der tiefste Stand seit Sommer 2017. Zuletzt kostete der Euro 1,1187 Dollar. Die EZB hatte den Referenzkurs zuvor noch auf 1,1271 (Mittwoch: 1,1305) Dollar festgesetzt. Der Dollar hatte damit 0,8872 (0,8846) Euro gekostet. Richtungsweisende zehnjährige US-Staatsanleihen gewannen 15/32 Punkte auf 99 28/32 Punkte. Sie rentierten mit 2,639 Prozent. (awp/mc/pg)