Washington – Die Wirtschaft in den USA erholt sich weiter nur sehr schleppend. Im zweiten Quartal wuchs die Wirtschaft schwächer als erwartet. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sei im Zeitraum April bis Juni auf das Jahr hochgerechnet um 1,3 Prozent gestiegen, teilte das US-Handelsministerium am Freitag in Washington in einer ersten Schätzung mit.
Volkswirte hatten hingegen mit einem Wachstum von 1,8 Prozent gerechnet. Noch enttäuschender war die Entwicklung im ersten Quartal gewesen, hier war die Wirtschaft nur um 0,4 Prozent gewachsen. Zuvor hatte man noch einen Wert von 1,9 Prozent ermittelt.
«Eine Volkswirtschaft am Rande zur Stagnation»
Die schwachen Daten zum US-Bruttoinlandsprodukt zeigen nach Einschätzung der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) «eine Volkswirtschaft am Rande zur Stagnation». Vor allem die Revision der Daten zum ersten Quartal seien besorgniserregend, schreibt die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) in einem Kommentar. Die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit und die Dauerkrise am Häusermarkt drücken vor allem auf die Kauflaune der Amerikaner, von der die US-Wirtschaft zu 70 Prozent abhängt. «Die schwache Konsumnachfrage ist besonders enttäuschend», schreibt die Helaba. «Insbesondere vor dem Hintergrund des Schuldenstreits in den USA dürften die Sorgen um den Zustand der US-Wirtschaft zunehmen.»
Sonderfaktoren belasten
Die Konjunkturschwäche in den USA wird nach Einschätzung der DekaBank hingegen nur vorübergehend sein. Nach den sehr enttäuschenden Zahlen für das erste und zweite Quartal dürfte sich das Wirtschaftswachstum im zweiten Halbjahr wieder etwas beschleunigen, sagte DekaBank-Volkswirt Rudolf Besch der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX. Das Wachstum sei im ersten Halbjahr durch Sonderfaktoren wie dem gestiegenen Benzinpreis und der Erdbebenkatastrophe in Japan belastet worden. Die US-Notenbank dürfte daher auch nicht ein drittes Anleihenkaufprogramm auflegen. Schliesslich sei die Investitionsnachfrage in den USA robust, sagte Besch. Auch der Einkaufsmanagerindex für die Region Chicago trübte sich im Juli stärker als erwartet ein. Der Indikator fiel von 61,1 Punkte im Vormonat auf 58,8 Punkte. Volkswirte hatten zuvor mit einem Rückgang auf 60,0 Punkten gerechnet.
Dollar stark unter Druck
Der US-Dollar geriet nach den Daten stark unter Druck. So kletterte der Euro bis zuletzt auf 1,4373 US-Dollar. Vor den Daten hatte er noch unter der Marke von 1,43 Dollar notiert. Der für den Anleihemarkt richtungweisende Euro-Bund-Future stieg um 0,76 Punkte auf 130,18 Punkte. Der deutsche Aktienmarkt geriet nach den Daten noch weiter unter Druck.
Michigan-Konsumklima sinkt stärker als zuvor ermittelt
In den USA hat sich das Konsumklima der Universität Michigan im Juli noch stärker eingetrübt als zuvor ermittelt. Der entsprechende Index sei von 71,5 Punkten im Vormonat auf 63,7 Punkte gefallen, teilte die Universität am Freitag auf Basis endgültiger Zahlen mit. Die Erstschätzung für Juli belief sich auf 63,8 Punkte. Der Index der Universität Michigan gilt als Stimmungsbarometer für das Kaufverhalten der US-Verbraucher. Der private Konsum wird wegen der Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise besonders stark beachtet. In den vergangenen Jahren war der Konsum die wichtigste Konjunkturstütze der weltweit grössten Volkswirtschaft.
Arbeitskosten steigen über Erwarten
In den USA sind die Arbeitskosten im zweiten Quartal stärker gestiegen als erwartet. Der entsprechende Index sei um 0,7 Prozent zum Vorquartal geklettert, teilte das US-Arbeitsministerium ebenfalls am Freitag in Washington mit. Volkswirte hatten mit einem Anstieg um 0,5 Prozent gerechnet. Im ersten Quartal hatte das Plus 0,6 Prozent betragen. Im Vergleich zum Vorjahr erhöhten sich die Arbeitskosten im zweiten Quartal 2011 den Angaben zufolge um 2,2 Prozent. (awp/mc/upd/ps)