Washington – Die weltgrösste Volkswirtschaft USA ist im zweiten Quartal moderat gewachsen. Von April bis Juni stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um annualisiert 1,7 Prozent, wie das US-Handelsministerium am Mittwoch in Washington mitteilte. Das ist zwar etwas weniger als zu Jahresbeginn, allerdings auch mehr als das Ministerium zunächst ermittelt hatte. Dass die Zahlen der US-Notenbank Fed zusätzliche Argumente für eine noch laxere Geldpolitik liefern könnten, halten Experten für unwahrscheinlich.
Im Vergleich zu vorläufigen Zahlen von Ende Juli wurde das Wachstum 0,2 Prozentpunkte stärker ausgewiesen. Dennoch hat die US-Konjunktur seit Jahresbeginn an Schwung verloren: Im ersten Quartal hatte die Wachstumsrate, die in den USA auf das Jahr hochgerechnet wird, 2,0 Prozent betragen. Aufgrund der Annualisierung sind amerikanische Wachstumszahlen nicht direkt mit Zahlen etwa aus Europa vergleichbar. Dort beziehen sich die Raten auf das Vorquartal oder die entsprechende Periode im Vorjahr. Nach europäischer Rechnung beträgt das aktuelle US-Wachstum im Quartalsvergleich gut 0,4 Prozent. Das ist etwas mehr als das Wachstum der deutschen Wirtschaft im zweiten Quartal.
Wachstumsstruktur – Marktreaktionen
Die Struktur des Wirtschaftswachstums fällt recht ausgewogen aus: Bis auf die Lagerbestände der Unternehmen, die Importe und die Staatsausgaben trugen alle Komponenten zum Wachstum bei. Obwohl sich der Zuwachs der Konsumausgaben spürbar abschwächte, steuerte der private Verbrauch mit 1,2 Prozentpunkten einen grossen Teil zum Gesamtwachstum bei. Eine spürbare Abschwächung gab es bei den wichtigen Investitionen der Unternehmen, während die Exporte im Vergleich zum ersten Quartal deutlich zulegten. Der Aussenhandel trug insgesamt rund 0,3 Prozentpunkte zum Wachstum bei. Das ist nur etwas weniger als der Anteil der Unternehmensinvestitionen.
An den Finanzmärkten sorgten die Zahlen für grössere Risikofreude: Während der deutsche Aktienmarkt ins Plus drehte, wurde die amerikanische Börse freundlich erwartet. Sichere Anlagen wie Staatsanleihen aus den USA und Deutschland gerieten hingegen unter Druck. An den Devisenmärkten hielten sich die Reaktionen in Grenzen.
Was macht die Fed?
Die grosse Frage unter Investoren ist freilich, ob die Wachstumsdaten etwas an der starken Neigung in der Federal Reserve zu einer weiter gelockerten Geldpolitik ändern könnten. Die Volkswirte der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) sehen in den Daten zumindest kein starkes Argument dafür. «Wir halten an unseren Erwartungen fest, dass Fed-Präsident Ben Bernanke bei seiner am Freitag anstehenden Rede in Jackson Hole möglicherweise keine konkreten Hinweise auf eine bevorstehende Lockerung der Geldpolitik geben wird.» Die Rede Bernankes während des renommierten Symposiums der Fed wird spannend erwartet. (awp/mc/upd/ps)