Washington – In den USA hat sich das Wirtschaftswachstum im dritten Quartal dank eines gestiegenen privaten Konsums beschleunigt. Das Wachstum bleibt jedoch vergleichsweise schwach und Ökonomen sehen Risiken in der drohenden «fiskalischen Klippe». Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sei von Juli bis September um annualisiert 2,0 Prozent gestiegen, teilte das US-Handelsministerium am Freitag in Washington in einer Erstschätzung mit. Volkswirte hatten lediglich mit einer Rate von 1,8 Prozent gerechnet. Im zweiten Quartal war die Wirtschaft um 1,3 Prozent gewachsen und im ersten Quartal ebenfalls um 2,0 Prozent.
Gestützt wurde das Wachstum im Sommer durch den privaten Konsum, der annualisiert um 2,0 Prozent zulegte. Im zweiten Quartal waren es nur 1,5 Prozent gewesen. «Sowohl die Stabilisierung am Immobilienmarkt als auch die steigenden Aktiennotierungen hatten eine deutliche Aufhellung der Konsumentenstimmung zur Folge», schreibt die VP Bank in einem Kommentar.
Staatsausgaben steigen wegen Rüstung
Zudem wurde das Wachstum durch Staatsausgaben und durch den Bau von Häusern gestützt. So stiegen die Staatsausgaben anualisiert um 9,6 Prozent. Dies war das höchste Wachstum seit dem zweiten Quartal 2010. Vor allem wachsende Rüstungsausgaben waren dafür verantwortlich. Die Hausbauinvestitionen stiegen im dritten Quartal um 14,4 Prozent – nach 8,5 Prozent im Vorquartal. Belastet wurde das Wachstum hingegen durch die Jahrhundert-Dürre im Mittleren Westen der USA.
Die US-Wirtschaft wird laut Commerzbank-Ökonom Bernd Weidensteiner weiterhin nur moderat wachsen. «Trotz des leicht beschleunigten Wachstums im dritten Quartal bleibe die Konjunkturerholung die Schwächste nach einer Rezession», sagte Weidensteiner der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX. Auch die Berenberg Bank bewertet die Aussichten für die US-Wirtschaft weiterhin als trüb. Die Erholung der grössten Volkswirtschaft der Welt dürfte sich weiter in schleppendem Tempo dahinziehen. «Wir rechnen in kommenden Jahr mit einem moderaten Wachstum in der Grössenordnung von zwei Prozent.»
Fiskalische Klippe droht
Ob die US-Wirtschaft im neuen Jahr mit Wachstumsraten um zwei Prozent aufwarten könne, hänge massgeblich von den Präsidentschaftswahlen und den Verhandlungen über die Entschärfung der sogenannten «fiskalischen Klippe» ab, schreibt die VP Bank. «Ohne Einigung der beiden politischen Parteien droht den USA im ersten Halbjahr 2013 eine Rezession, ausgelöst durch automatische Ausgabenkürzungen und durch weniger Konsum als Folge wegfallender Steuergeschenke.» Falls alle Ausgabenkürzungen und Steuerhöhungen in Kraft treten sollten, dürfte das Wirtschaftswachstum laut Weidensteiner um drei Prozentpunkte niedriger ausfallen. Im ersten Halbjahr 2013 würde es dann zu einer Rezession kommen.
Michigan-Konsumklima steigt weniger als zunächst berechnet
Derweil hat sich in den USA das von der Universität Michigan ermittelte Konsumklima im Oktober überraschend weniger aufgehellt als zunächst gemeldet. Der Index sei von 78,3 Punkten im Vormonat auf 82,6 Zähler gestiegen, teilte die Universität am Freitag nach endgültigen Daten mit. In einer Erstschätzung war noch ein Anstieg auf 83,1 Punkte ermittelt worden. Volkswirte hatten für September mit einem finalen Wert von 83,0 Punkten gerechnet.
Der Index der Universität Michigan gilt als Barometer für das Kaufverhalten der US-Verbraucher. Der Indikator basiert auf einer telefonischen Umfrage unter rund 500 Haushalten. Abgefragt werden die finanzielle und wirtschaftliche Lagebeurteilung sowie die entsprechenden Erwartungen.
An den Aktienmärkten spielten die Daten kaum eine Rolle. Der Eurokurs legte etwas zu und stieg wieder deutlich über die Marke von 1,29 Dollar. (awp/mc/upd/ps)