Bidirektionales Laden: V2X Suisse Projekt nimmt die erste wichtige Hürde
Zürich – Die Mobility Genossenschaft testet mit mehreren Partnern das Potenzial von E-Autos als Energiespeicher, und wie diese zur Netzstabilität beitragen können. Das Pilotprojekt läuft noch bis Frühling 2024. Bereits jetzt zeigt sich: Die Technik funktioniert – aber bis sie breit genutzt werden kann, wartet noch viel Arbeit auf die Schweiz.
In Zukunft könnten Schwankungen im Stromnetz mittels Elektroautos ausgeglichen werden, die Strom zurückspeisen, wenn sie nicht gefahren werden. Dass dies technisch möglich ist, hat das Schweizer Pilotprojekt «V2X Suisse» unter der Leitung von Mobility kürzlich bewiesen. Das Projekt, welches seit 2022 läuft, hat in Tests nachweisen können, dass es die technischen Anforderungen der Schweizer Netzbetreiberin Swissgrid erfüllt. Heisst konkret: Die Systemplattform ist in der Lage, in weniger als zwei Sekunden auf ein Signal zu reagieren, um Netzschwankungen auszugleichen. In Zeiten von drohenden Strommangellagen und Netzengpässen ist dies ein wichtiger Erfolg, der das Potenzial von bidirektionaler Ladetechnik unterstreicht.
Die Idee hinter der Technologie ist simpel: Wenn Autos rumstehen, werden sie zu mobilen Powerbanks, die sich zu Energiespeicher zusammenschliessen lassen und Stromspitzen glätten können. Allein die heutige Mobility-Flotte von 3000 Fahrzeugen könnte so in Theorie 60 Megawatt liefern – eine grössere Leistung, als beispielsweise das Tessiner Pumpspeicherkraftwerk Peccia bereitstellt.
Wertvolle Erkenntnisse aus den Wintermonaten mitnehmen
V2X Suisse geht auf verschiedene regulatorische und technische Fragestellungen rund um bidirektional ladende Autos ein. Es ist der bisher grösste Test dieser Art in der Schweiz – mit 50 «Honda e»-Autos von Mobility, die an 40 Standorten in der ganzen Schweiz ganz normal für Carsharing genutzt werden. So haben Kundinnen und Kunden mit den Fahrzeugen inzwischen mehr als 400’000 Kilometer zurückgelegt und viele weitere werden folgen. Denn die Verantwortlichen haben diesen Sommer entschieden, das Projekt um sechs Monate bis Ende März 2024 zu verlängern. Hintergrund: Die Entwicklung der Plattform war komplex und der Aufbau der V2X-Infrastruktur hat länger gedauert als erhofft. Mit dem kompletten Projekt-Setting will man nun zusätzlich die wertvollen Erkenntnisse aus den Wintermonaten mitnehmen. Der Schlussbericht des Projekts wird dann im Sommer 2024 erscheinen.
Rahmenbedingungen müssen verbessert werden
«Allgemein sind die Herausforderungen beim Aufbau von Ladeinfrastruktur in der Schweiz nach wie vor sehr gross», sagt Projektleiter Marco Piffaretti. Doch gerade Carsharing-Unternehmen sind auf einheitliche Lösungen angewiesen, wenn es um die Entwicklungund den Betrieb von Ladeinfrastrukturen geht. «Es muss zwingend ein diskriminierungsfreier Zugang fürs Lesen und Schreiben von Daten gewährleistet sein. Nur so wird das Potenzial der netzdienlichen Elektromobilität genutzt.»
Fokus richtet sich nun auf die Wirtschaftlichkeit
Die technische Machbarkeit ist bereits bewiesen. Nun geht es laut Piffaretti vor allem darum, die Wirtschaftlichkeit der Technologie zu untersuchen. «Das Teilen von Energie muss am Ende des Tages einfach und ökonomisch sein.» Bis dahin gibt es jedoch noch einige Hürden zu überwinden. Das Projekt hat bereits in der Anfangsphase gezeigt, dass viele Verteilnetzbetreiber nicht wirklich auf die Rückspeisung aus dual genutzten Batterien ins Netz vorbereitet sind. Unter anderem braucht es Lösungen für den Herkunftsnachweis des zurückgespiesenen Stroms. Auf der anderen Seite zeichnet sich ab, dass das Schweizer Parlament bald die doppelten Netzgebühren abschaffen wird, womit die Basis für eine wirtschaftlich sinnvolle Umsetzung gelegt wird. (V2X/mc/pg)
ÜBER V2X
Hinter «V2X Suisse» stehen sieben Unternehmen, wobei der Projektlead bei Mobility liegt. Zudem dabei: Automobilhersteller (Honda), Software-Entwickler (sun2wheel), Ladestationen-Entwickler (EVTEC), Aggregatoren (tiko), wissenschaftliche Begleitung (novatlantis, in Zusammenarbeit mit der ETH). Das Projekt wird durch das Pilot- und Demonstrationsprogramm des Bundesamts für Energie BFE unterstützt.