Nachfrage nach Elektroautos steigt wieder – chinesische E-Autos gewinnen Marktanteile
Stuttgart – Nach einer Delle im laufenden Jahr deutet sich für das kommende Jahr eine etwas stärkere Nachfrage nach Neuwagen und vor allem nach Elektroautos an. In einer weltweiten Umfrage von EY unter 19’000 Personen gaben 40 Prozent an, in den kommenden zwei Jahren – bis Mitte 2026 – einen Neuwagen kaufen zu wollen. In der Vorjahresbefragung hatten nur 33 Prozent entsprechende Kaufabsichten geäussert.
Auch in Deutschland soll – nach einem Rückgang der Kaufbereitschaft im Vorjahr von 26 auf 23 Prozent – der Trend wieder nach oben zeigen: Aktuell geben 28 Prozent der Befragten an, innerhalb der kommenden zwei Jahre ein neues Auto kaufen zu wollen. Dabei bleibt sowohl weltweit als auch in Deutschland der benzinbetriebene Verbrenner-Motor die bevorzugte Antriebsart: Jeweils 29 Prozent der potenziellen Autokäufer wollen sich für ein Auto mit Otto-Motor entscheiden. Knapp dahinter liegt aber das Elektroauto, das weltweit für 24 Prozent und in Deutschland für 26 Prozent am ehesten in Frage kommt.
Am höchsten ist der Anteil der Elektro-Interessenten in China: Dort will fast jeder zweite angehende Autokäufer (48 Prozent) ein Elektroauto kaufen. In den zwölf europäischen Ländern, in denen die Umfrage durchgeführt wurde, planen 21 Prozent der Autokäufer, sich für ein Elektroauto zu entscheiden.
Bessere Autos, grössere Reichweiten, kurze Ladezeiten
«Das Interesse an Elektroautos ist auch in Europa grundsätzlich vorhanden – auch wenn die Neuzulassungen aktuell rückläufig sind», sagt Constantin M. Gall, Managing Partner und Leiter Mobility bei EY für die Region Europe West. Die Befragung zeige, dass der Markt bald wieder ins Positive drehen könnte. Das sei plausibel, so Gall: «Es kommen immer bessere Elektroautos auf den Markt, teilweise mit grosser Reichweite und kurzen Ladezeiten. Zudem könnten wir im kommenden Jahr in Europa einen Preisrutsch auf breiter Front sehen, denn viele Hersteller müssen ihren Absatz von Elektroautos deutlich steigern, um Strafzahlungen wegen zu hoher Flottenemissionen zu vermeiden. Das könnte im Lauf des kommenden Jahres zu einer aus Kundensicht positiven Preisentwicklung und höheren Rabatten führen».
Das dürfte gerade bei den deutschen Autokäufern gut ankommen. Denn in Deutschland sind potenzielle Käufer von Elektroautos nur sehr begrenzt bereit, einen höheren Preis als für ein vergleichbares Verbrennermodell zu bezahlen: 40 Prozent von ihnen sagen, dass sie einen Aufpreis von höchstens zehn Prozent zu zahlen bereit sind – weltweit liegt der Anteil bei 33 Prozent. Im Durchschnitt sind potenzielle Käufer weltweit bereit, einen Aufpreis von 17 Prozent zu bezahlen. In der Realität ist der Preisabstand in den meisten Fällen aber höher. «Die Autokäufer sind derzeit – gerade nach den Preissteigerungen der vergangenen Jahre und angesichts einer schwachen Konjunkturentwicklung – sehr preisbewusst. Und nachdem die erste Welle an innovations- und technologieaffinen und zudem eher wohlhabenden Kunden, gerade in Ballungsgebieten, inzwischen weitgehend adressiert ist, gilt es aus Sicht der Hersteller nun, auch den Rest der Bevölkerung von der Elektromobilität zu überzeugen – dort ist die Zahlungsbereitschaft allerdings nicht sehr hoch.»
«Reichweitenangst»
Wenn Autokäufer sich gegen ein Elektroauto entscheiden, sind gerade in Deutschland oft Bedenken in Bezug auf eine vermeintlich zu geringe Reichweite ausschlaggebend: Für jeden dritten Autokäufer, der kein Elektroauto kaufen will, ist dieser Aspekt einer der drei wichtigsten Gründe. Dahinter folgt die Sorge, dass es zu wenige Ladestationen gibt (23 Prozent) und dass die Ladedauer zu lang ist (17 Prozent). Diese Ergebnisse machen Mut, so Gall. Denn «tatsächlich ist die Branche gerade beim Thema Reichweite inzwischen viel weiter als viele Menschen wissen. Es gibt immer noch viele Vorbehalte, die auf Fehlinformationen und Vorurteilen beruhen. Es wäre nun Aufgabe der Hersteller, einerseits die Vorteile der Technologie stärker herauszustellen und ihre Produkte wieder begehrenswerter zu machen – zurzeit hat die Elektromobilität in Europa kein gutes Image – ganz anders als etwa in China. Gleichzeitig muss zwar der Ausbau der Ladeinfrastruktur vorangetrieben werden – aber auch hier bessert sich die Situation zumindest in Deutschland derzeit deutlich.»
Chinesischen EV-Marken auf dem Vormarsch – ausser in den USA
Chinesische Automobilhersteller gewinnen zunehmend an Bedeutung, und das nicht nur auf dem chinesischen Markt, sondern auch weltweit. Laut den Umfrageergebnissen haben weltweit 20 Prozent der potenziellen Elektroautokäufer eine chinesische Marke in ihrer Top-3-Auswahl. In Asien ist das Interesse mit 30 Prozent besonders stark, während Europa mit 12 Prozent folgt. In Nordamerika sind die Vorbehalte gegenüber chinesischen Marken jedoch ausgeprägter, hier würden sich lediglich drei Prozent der Elektroautointeressenten für eine solche Marke entscheiden.
Nicht allein der günstigere Preis der Elektrofahrzeuge aus China spricht Käufer an; die Autos überzeugen viele Kunden auch durch ein attraktives Design und ihre Fahreigenschaften. Weltweit geben 56 Prozent der potenziellen Käufer chinesischer Elektroautos an, dass sie von den attraktiven Modellen der Hersteller aus dem Reich der Mitte beeindruckt sind. Für 51 Prozent ist das überzeugende Preis-Leistungs-Verhältnis ein entscheidender Faktor bei ihrer Wahl. Ein hohes Vertrauen in die jeweilige Marke spielt für immerhin 42 Prozent eine grosse Rolle.
Während es bei europäischen Kunden offenbar noch Vorbehalte gegenüber Autos aus chinesischer Produktion gibt – 70 Prozent der europäischen Käufer von Elektroautos zählen eine europäische Marke zu ihrem Favoritenkreis, nur 12 Prozent erwägen den Kauf eines chinesischen E-Autos – haben in Asien bereits die Chinesen die Nase knapp vorn: 30 Prozent der Kunden setzen auf eine chinesische Marke, 28 Prozent auf eine europäische. Deutlich populärer sind allerdings in Asien die Elektroautos von anderen asiatischen Marken, etwa aus Südkorea oder Japan: 70 Prozent der Befragten in Asien votieren für eine Marke aus Asien (ohne China), 50 Prozent für einen US-Hersteller. (pd/mc/pg)