Dieser Vergleich, auf den sich die Vertreter der Schweizer Banken, der Kläger und der jüdischen Organisationen am 12. August 1998 geeinigt hatten, war nach Einschätzung von Eizenstat ausgewogen. Die Vergleichssumme von 1,25 Mrd USD, die die Grossbanken UBS und CS zahlten, hält er für angemessen – wobei es natürlich schwierig sei, in einem solch schwierigen Falle eine angemessene Vergleichssume zu definieren, räumte der einstige Beauftragte der Clinton-Regierung im Konflikt mit der Schweiz und den Schweizer Banken ein.
CH-Banken: Gute Arbeit geleistet
Die Schweiz und die Schweizer Banken hätten eine gute Arbeit geleistet und ihre Vergangenheit ehrlich, integer und selbstkritisch aufgearbeitet, findet Eizenstat im Gespräch mit der Nachrichtenagentur SDA. Er hatte in den Neunziger Jahren zwei Berichte über die Politik der neutralen Länder gegenüber dem Nazi-Regime im Zweiten Weltkrieg veröffentlicht, wobei vor allem der erste mit der Schweiz sehr kritisch ins Gericht ging.
Polemik um Buchillustration
Ausserdem hatte er ein Buch zu dem Thema veröffentlicht, dessen Titelblattgestaltung (ein Schweizer Kreuz, das durch Goldbarren zum Hakenkreuz verfremdet wird) in der Schweiz für viel Polemik sorgte. Die Schweiz sei in jenen Jahren «viel negativem Druck ausgesetzt gewesen», findet Eizenstat. Ohne den Bankenvergleich hätten sich die Druckversuche und Sanktionsdrohungen gegen die Schweiz noch verstärkt, ist Alfred Defago überzeugt, der 1997 bis 2000 in Washington als Schweizer Botschafter amtiert hatte. «Er kam genau zum richtigen Zeitpunkt, und hat beiden Seiten genützt.»
Unterschiedliche Wahrnehmungen
Lange Zeit bestand ein Problem in der unterschiedlichen Wahrnehmung des Konflikts um die Rolle der Schweiz im Zweiten Weltkrieg: In der Schweiz sah man sich als kleinen David im Clinch mit dem amerikanischen Goliath. In den USA sah man dagegen eine Auseinandersetzung zwischen den schwachen, unschuldigen Opfer des Holocaust und den gigantischen Schweizer Banken, erläuterte Defago, der heute an zwei US-Universitäten als Dozent für internationale Beziehungen wirkt. Es habe mindestens zwei Jahre gebraucht, um dieses Imageproblem einigermassen zu beheben. Für Stuart Eizenstat hat die Schweizer Regierung in jenen Jahren die Bürde der Verantwortung weitgehend auf die Schultern der Banken geladen.
Verteilung erfolgt zu langsam
Defago relativiert dies: Der Bundesrat habe sich nicht stärker in die Angelegenheit einmischen können, weil er vom Volk nicht für eine aktivere Rolle legitimiert worden sei. Und das Schweizer Volk sei sehr aufgebracht gewesen wegen der aggressiven und teils absurden Attacken aus den USA gegen die Schweiz. Eizenstat und Defago sind sich einig, dass die Verteilung der 1,25 Mrd USD Vergleichssumme an die letzten Überlebenden des Holocaust respektive ihrer Nachkommen zu langsam vorangehe. Rechtliche und bürokratische Probleme seien die Ursache.
Positives Ende gefunden?
Die Banken treffe keine Schuld, meint Eizenstat. Er ist überzeugt, dass die Verteilung der restlichen Gelder, etwa eine viertel Milliarde Dollar, bis Ende dieses Jahres geregelt sei. Alles in allem habe die Affäre ein positives Ende gefunden, glaubt Eizenstadt. Und Defago ist überzeugt, dass sich das Bild der Schweiz in den USA in den letzten zehn Jahren stark verbessert habe. Es bedürfe aber einer dauerhaften Anstrengung, dieses gute Image auch in Zukunft zu wahren. (awp/mc/ps/07)