Aargauer Kunsthaus: Rolf Winnewisser – split horizon
Zu den grossen Erfolgen zählen die Einladung von 1972 zur legendären documenta 5 in Kassel oder auch Ausstellungen im Kunstmuseum Luzern und der Kunsthalle Basel. In den 1970er und frühen 1980er Jahren war Rolf Winnewisser an allen wichtigen Präsentationen zur jungen Schweizer Kunst dabei. Er stand in engem Austausch mit Künstlerfreunden wie Theo Kneubühler, Aldo Walker, Martin Disler oder Hugo Suter und hat überdies viele andere Kunstschaffende angeregt und bewegt.
Einblick in eine wenig gesehene Arbeit
In den letzten Jahren jedoch wurde es ruhiger um ihn – seit seinen letzten Museumsausstellungen 1990 und 1991 in Luzern und Zürich waren seine Werke nur noch punktuell und in kleineren Institutionen zu sehen. Dennoch hat Rolf Winnewisser kontinuierlich weitergearbeitet: Entstanden ist dabei ein reiches und vielschichtiges Werk, das sich auch stets ganz bewusst über die engeren Grenzen der bildenden Kunst hinausbewegt. Der neue Winnewisser
Jetzt ist Rolf Winnewisser neu zu entdecken. Die Ausstellung im Aargauer Kunsthaus ist die erste grosse Einzelausstellung, die Werke aus über 30 Jahren versammelt. Sie vereint neben Zeichnungen und Malerei auch Objekte und Installationen und stellt einen Künstler vor, der in bemerkenswerter Weise die Grenzen zwischen den verschiedenen Medien wie auch zwischen Bild und Wort immer wieder verschiebt oder gar aufhebt. Aus unterschiedlichen Blickwinkeln forscht er unentwegt nach den Ursprüngen und den Bedingungen von Bildlichkeit. Auf diese Weise ist ein reichhaltiger und komplexer Bildkosmos entstanden, der im Aargauer Kunsthaus in seiner ganzen Breite aufgefächert wird.
Tiefgründige Vorstellungswelt
Die Ausstellung ist nicht chronologisch aufgebaut, sondern in verschiedene Kapitel gegliedert. Bereits im ersten Raum taucht man ganz in die tiefgründige und geistreiche Zeichen- und Vorstellungswelt von Rolf Winnewisser ein und wird quasi eingestimmt auf die verschiedenen Bildwelten, die sich einem in den weiteren Räumen eröffnen. Von hier aus lässt sich die Ausstellung auf verschiedenen Wegen erschliessen: Ein erster Weg führt von den frühen Arbeiten, die Rolf Winnewissers Auseinandersetzung mit Bildzeichen und -bedeutungen zum Ausdruck bringen, vorbei am so genannten «Film der Dinge» mit fragilen Objekten hin zu den Aquarellen, einem von Rolf Winnewisser bevorzugten Bildmedium, das sich wie ein roter Faden durch das ganze Werk zieht. Eine andere Linie in der Ausstellung folgt der Malerei und macht deutlich, wie sich Rolf Winnewisser von der starken Prägung durch das Zeichen und die Zeichnung löst und zu einer freien, fast barocken malerischen Ausdruckssprache findet, in welcher der Fleck und die Spur zu neuen Bedeutungsträgern werden. Insbesondere die Bilder machen aber auch deutlich, dass sich Winnewisser immer wieder ganz verschiedener Bildquellen bedient und gezielt auch narrative Elemente integriert. Von hier aus lassen sich mannigfaltige Brücken schlagen: In einen Bibliotheksraum mit gesammelten Künstlerbüchern und der dabei bestehenden Möglichkeit, in die uferlos mäandernden Texte des Künstlers einzutauchen; daneben eröffnet sich einem aber auch ein Raum, der ins «bewegte Bild» führt, wo Filme von Rolf Winnewisser projiziert werden und wo seine bekannte Bühne aufgebaut ist, die im Verlauf der Ausstellung immer wieder neu bestückt wird.
Zur Ausstellung erscheint ein umfangreicher Katalog in Form eines Lexikons, das eine Vielzahl von Stichworten versammelt, die das künstlerische Schaffen von Rolf Winnewisser auslegen und charakterisieren. Die rund 50 Textbeiträge namhafter Autorinnen und Autoren sind reich bebildert. Ein zusätzlicher Tafelteil dokumentiert Hauptwerke des Künstlers aus allen Schaffenszeiten. (ka/mc/th)