Normale Arbeiter und Angestellte könnten es sich nicht leisten, vorzeitig in Rente zu gehen. Das sei ungerecht. Versprechen aus Bundesbern für ein flexibles Rentenalter seien immer wieder gebrochen worden, sagte Rechsteiner gemäss Redetext weiter. Deshalb habe der SGB die Initiative «für ein flexibles Rentenalter» lanciert: Personen mit Einkommen unter 120’000 CHF sollen sich ab 62 Jahren ohne Kürzung der AHV pensionieren lassen können. Volk und Stände stimmen am 30. November darüber ab.
«Reine Sparvorlage»
Martin Flügel, Präsident von Travail.Suisse, erinnerte daran, dass der Bundesrat versprochen habe, das flexible Rentenalter in die 11. AHV-Revision aufzunehmen. «Doch die Revision wurde eine reine Sparvorlage.» In der Folge hatten die Gewerkschaften das Referendum ergriffen; die Vorlage wurde im Jahr 2000 an der Urne abgelehnt. Danach sei eigentlich allen klar gewesen – auch den Arbeitgebern – dass eine AHV-Revision nur eine Chance habe, wenn ein flexibles Rentenalter eingeführt werde, sagte Flügel. Doch die Einsicht sei offenbar nur von kurzer Dauer gewesen. Das zeigten die Beratungen der zweiten Auflage der 11. AHV-Revision im Parlament.
Otto Piller mischt im Abstimmungskampf mit
Der ehemalige Direktor des Bundesamt für Sozialversicherungen, Otto Piller, sagte vor den Medien, dass die zusätzlichen Kosten für die AHV sehr wohl verkraftbar wären. Entscheidend sei dabei nicht wie oft gesagt die demografische Entwicklung, sondern der Gesundheitszustand der Wirtschaft. Denn: Die Schweiz kenne – im Gegensatz zu fast allen anderen Sozialstaaten – keine Obergrenze bei den AHV-Beiträgen. Die AHV-Rente hingegen sei nach oben limitiert und betrage heute im Schnitt bescheidene 1700 CHF. Piller rechnet mit der Einführung eines flexiblen Rentenalters mit Mehrkosten von rund 800 Millionen CHF.
«Die AHV ist kerngesund»
Bei der Überwälzung auf die Lohnprozente ergäbe dies eine Steigerung von 8,4 auf 8,46%, sagte Piller weiter. «Jetzt soll noch jemand behaupten, das sei nicht möglich.» Die AHV sei kerngesund. Der Bundesrat und die Wirtschaft rechnen hingegen mit Mehrkosten von 1,5 Millarden CHF. Die Wirtschaftsverbände engagieren sich gemeinsam in einem Nein-Komitee gegen die AHV-Initiative. Sie befürchten, dass die angestrebte Flexibilisierung einer generellen Senkung des Rentenalters gleichkommt.
Breit abgestütztes Komitee
Dagegen halten die Gewerkschaften, dass die Arbeitgeber gar nicht willens seien, ältere Arbeitnehmer zu beschäftigen. Wer gesund sei und über eine Arbeitsstelle verfüge, wolle in der Regel bis zum Rentenalter weiterarbeiten, sagte Paul Rechsteiner vor den Medien. Im Ja-Komitee sind neben den beiden Dachverbänden SGB und Travail.Suisse rund dreissig Einzelgewerkschaften und Arbeitnehmerverbände.
Personenfreizügigkeit Schweiz-EU: Referendum zu Stande gekommen
Das Referendum gegen die Weiterführung des Freizügigkeitsabkommens zwischen der Schweiz und der EU und dessen Ausdehnung auf Bulgarien und Rumänien ist formell zu Stande gekommen. Dies teilte die Bundeskanzlei am Montag mit. Von den 51’941 Unterschriften, die bei der Bundeskanzlei eingereicht worden sind, sind 51’348 gültig. Das Referendum war von einem Überparteilichen Komitee gegen die EU-Personenfreizügigkeit, der Tessiner Lega und der jungen SVP eingereicht worden. Die Abstimmung findet am 8. Februar statt.
SVP-Basis gespalten
Die SVP Schweiz hatte im Juli beschlossen, auf das Referendum zu verzichten. Die Freizügigkeit spaltete die SVP-Basis. Zwar stimmten 326 Delegierte für den Antrag des Zentralvorstands, auf ein Referendum zu verzichten. 166 Delegierte oder ein Drittel der Basis stimmten jedoch dagegen. (awp/mc/ps/26)