Accenture-Studie zu Solvency II: Europäische Versicherer rechnen mit moderaten Kosten
Nur rund jedes fünfte Unternehmen fühlt sich bisher gut vorbereitet auf die Einführung der neuen Regeln im Jahr 2012. Verbesserungsbedarf erkennen die Betroffenen besonders bei Prozessen, IT-Systemen, Risiko-Modellierung und Quantifizierung. Im Hinblick auf die Kosten von Solvency II rechnen 43 Prozent der im Rahmen einer Studie befragten europäischen Versicherungsunternehmen mit einem Investitionsbedarf von weniger als fünf Millionen Euro. Dies ist das Ergebnis einer Umfrage des Managementberatungs-, Technologie- und Outsourcing-Dienstleisters Accenture unter 44 führenden Unternehmen der europäischen Versicherungsbranche.
Kosten von weniger als 5 Mio. Euro erwartet
Demnach erwartet knapp die Hälfte der grössten europäischen Versicherer Kosten von weniger als fünf Millionen Euro, um ihre Strukturen und Prozesse an Solvency II anzupassen. Ein Drittel der befragten Versicherer sehen einen Aufwand zwischen fünf und 25 Millionen Euro auf sich zukommen.
Investitionen in eine effektive, risiko-basierte Unternehmenssteuerung
«Die Versicherungsunternehmen erwarten einen viel geringeren finanziellen Aufwand für die Erfüllung von Solvency II, als Banken dies für Basel II angenommen haben», sagt Eva Dewor, Geschäftsführerin bei Accenture und europaweit verantwortlich für das Thema Risiko und Compliance bei Finanzdienstleistern*. «Die Umsetzung mit minimalen Mitteln mag für einzelne Gesellschaften eine adäquate Strategie darstellen. Für die überwiegende Mehrheit der Marktteilnehmer geht es aber im Sinne ihrer Wettbewerbsfähigkeit vor allem darum, die notwendigen Investitionen in eine effektive, risiko-basierte Unternehmenssteuerung zu tätigen.»
Unterstützung für Solvency II
Aus der Studie geht weiter hervor, dass die grosse Mehrheit der Versicherer hinter Solvency II und seine Zielen steht. Dreiviertel der befragten Versicherer (75 Prozent) sagten, dass die Investitionen in Solvency II die Erreichung ihrer Unternehmensziele unterstützen.
Ebenfalls positiv: Die neuen Richtlinien würden das Vertrauen der Stakeholder in das Risikomanagement (94 Prozent) und in die Kapitalrücklagen und Rückstellungen (88 Prozent) des Unternehmens steigern sowie das Kapitalmanagement des Versicherers (85 Prozent) verbessern.
Risikomanagement gewinnt entscheidend an Bedeutung
Die Mehrzahl der Befragten (93 Prozent) ist der Meinung, dass unter Solvency II das Risikomanagement entscheidend an Bedeutung gewinnen wird. Die Interviewpartner sind durchaus selbstkritisch, denn 86 Prozent stufen die Risikokultur und das quantitative Risikomanagement in ihrem Unternehmen als verbesserungswürdig ein. Auch sollte, laut Umfragergebnis, die Risikomanagement-Infrastruktur deutlich robuster gestaltet werden, um Risiken künftig besser beobachten, identifizieren, quantifizieren, kontrollieren und finanzieren zu können.
Fortschritte beim Risikomanagement seien in zahlreichen Bereichen notwendig, finden die Interviewpartner: Eine stärker risikobasierte Preisgestaltung (89 Prozent), die höhere Integration von Risikomanagement und Risiko Governance in die strategischen und operativen Entscheidungsprozesse (80 Prozent), Underwriting Portfolio Management (71 Prozent) und Asset Liability Management (70 Prozent) seien weitere Kompetenzen, die es stärker zu entwickeln gelte.
Solvency II als Wettbewerbsvorteil
«Europäische Versicherer erkennen Solvency II klar als Wettbewerbsvorteil», so Eva Dewor. «Unsere Studie zeigt aber, dass viele Unternehmen noch nicht über die notwendigen Grundlagen des Risikomanagements verfügen.» Um von Solvency II profitieren zu können, sei das Risikomanagement stärker in die Entscheidungsprozesse und Anreizsysteme zu integrieren. Insbesondere das Portfoliomanagement und die Preisgestaltung auf risikoadjustierter Basis spielten dabei eine zentrale Rolle.
Weitere Kernergebnisse der Studie:
- Positiver Einfluss erwartet. Fast alle befragten Versicherer (98 Prozent) erwarten durch Solvency II einen positiven Einfluss auf die Branche sowie auf das eigene Unternehmen (95 Prozent).
- Steigende Mobilisierung für Solvency II. Neun von zehn (89 Prozent) der befragten Unternehmen haben an der dritten «Quantitative Impact Study»(QIS 3) teilgenommen, gegenüber 73 Prozent Beteiligung an der zweiten Studie (QIS 2) und 50 Prozent an der ersten Studie (QIS 1).
- Intensive Vorbereitung auf Solvency II. Zwei Drittel (66 Prozent) der Befragten haben bereits umfassende Programme zur Umsetzung von Solvency II beschlossen. In einer Accenture-Studie von 2006 gaben noch 49 Prozent an, entsprechende Schritte eingeleitet zu haben.
- Interne Berechnungsmodelle werden bevorzugt. Die grosse Mehrheit der Versicherer (93 Prozent) gab an, zumindest partiell eigene Berechnungsmodelle zu bevorzugen und nicht auf die Standardmodelle der Aufsichtsbehörden für die Ermittlung der Kapitalanforderungen zurückgreifen zu wollen.
*) Eine Accenture Bankenstudie aus dem Jahr 2005 zeigte, dass 56 Prozent der befragten Banken mit Ausgaben von über 25 Millionen Euro für die Erfüllung der Basel II-Richtlinien bis 2007 rechneten.
Zur Studie
Die Accenture Studie über die Auswirkungen von Solvency II auf die Versicherungswirtschaft basiert auf Interviews mit 44 grossen europäischen Lebens-, Sach- und Haftpflichtversicherern. Die Umfrage wurde im September und Oktober 2007 durchgeführt. Zwei Drittel der Lebensversicherer und drei Viertel der Sach- und Haftpflichtversicherer verzeichnen ein Prämienaufkommen von mehr als 1 Milliarde Euro. Die interviewten Unternehmen sind ansässig in Grossbritannien (10), Deutschland (10), Frankreich (10), Spanien (4), Italien (4), Schweden (3), Finnland (1), Norwegen (1) und Dänemark (1).
Über Accenture
Accenture ist ein weltweit agierender Managementberatungs-, Technologie- und Outsourcing-Dienstleister. Mit dem Ziel, Innovationen umzusetzen, hilft das Unternehmen seinen Kunden durch die gemeinsame Arbeit, leistungsfähiger zu werden. Umfangreiches Branchenwissen, Geschäftsprozess-Know-how, internationale Teams und hohe Umsetzungskompetenz versetzen Accenture in die Lage, die richtigen Mitarbeiter, Fähigkeiten und Technologien bereit zu stellen, um so die Leistung seiner Kunden zu verbessern. Mit rund 175.000 Mitarbeitern in 49 Ländern erwirtschaftete das Unternehmen im vergangenen Fiskaljahr (zum 31. August 2007) einen Nettoumsatz von 19,7 Milliarden Dollar.