Zwar hat das Allschwiler biopharmazeutische Unternehmen über Verhandlungen informiert und für 2008 einen Abschluss in Aussicht gestellt. Doch gingen Marktbeobachter von einer Auslizenzierung aus, während das Actelion-Management nun ein weit reichendes und ungleich lukrativeres Partnerschaftsabkommen unterzeichnet hat.
Gemeinsame Entwicklung und Kommerzialisierung
Gemäss dem Partnerschaftsabkommen erhält GSK die Exklusivrechte zur gemeinsamen Entwicklung und Kommerzialisierung von Almorexant. Actelion wird weiterhin federführend für das Entwicklungsprogramm und die Registrierung des Wirkstoffs in der ersten Indikation (primäre Insomnie) sein, während GSK 40% der Kosten übernimmt, wie das Biotechunternehmen am Montag mitteilte.
«Halbe halbe» beim Gewinn
Actelion erhält eine Vorauszahlung von 150 Mio CHF sowie über die nächsten 3-4 Jahre zusätzliche Meilensteinzahlungen in Höhe von bis zu 415 Mio CHF, sofern Almorexant in der Indikation primäre Insomnie zugelassen wird. Darüberhinaus stehen Actelion weitere Meilensteinzahlungen für eine erfolgreiche Entwicklung von zwei weiteren Indikationen sowie bei Erreichung von «anspruchsvollen Umsatzzielen» in allen drei Indikationen von bis zu 2,735 Mrd CHF zu. Die Gewinne aus der Almorexant-Vermarktung in den gemeinsam bearbeiteten Märkten teilen sich die beiden Partner hälftig.
Actelion erhöht finanzielle Flexibilität
Actelion schafft sich mit dem Partnerschaftsabkommen mehr finanzielle Flexibilität und verringert die unternehmerischen Risiken. Unmittelbarer wirksam sei die Kostenbeteiligung von GSK an der Weiterentwicklung von Almorexant, sagte CEO Jean-Paul Clozel an einer Telefonkonferenz am Montag. Dadurch erhöhe sich die finanzielle Flexibilität «beträchtlich», und es würden Mittel für die klinische Entwicklung weiterer Produktkandidaten frei. Darüber hinaus erlaube die Zusammenarbeit mit GSK auch den Aufbau einer breiten Verkaufsorganisation für den Allgemeinpraktikermarkt.
Phase-III-Produktkandidaten selbst auf den Markt bringen
Die neuen und frei werdenden Mittel sollen zur Weiterentwicklung bestehender Produkte und Produktkandidaten eingesetzt werden, sagte Roland Haefeli, Leiter Investor Relations & Public Affairs gegenüber AWP. Dabei wolle Actelion die neben Almorexant in klinischen Phase-III-Tests befindlichen Wirkstoffe (Actelion-1, Bosentan und Clazosentan) selbst weiter entwickeln, «um das maximale Potenzial aus den Medikamenten zu realisieren», so Haefely. Actelion hat Ende 2007 das Phase-III-Programm für Almorexant lanciert. Die für die Registrierung in den USA zulassungsrelevanten Studien sollen in der zweiten Hälfte 2008 aufgenommen werden.
Innovation im Schlafmedikamentbereich
Almorexant ist ein Orexin-Rezeptor-Antagonist. Orexine sind Proteine, die vom Hypothalamus produziert werden und eine wichtige Rolle in der Steuerung des Schlaf-Wach-Zyklus spielen. Gemäss Haefeli ist Almorexant die erste Innovation im Schlafmedikamentbereich, seit der Pharmakonzern Roche Anfang der 1960er Jahre das zur Benzodiazepin-Familie gehörende Valium lanciert hatte. Den Markt für Schlafmedikamente beziffert Haefeli auf derzeit 4-5 Mrd USD. Von Schlaflosigkeit sind laut Actelion jede Nacht geschätzte 150 Mio Patienten betroffen. In den USA leiden gemäss Daten des National Institutes of Health 80 Mio an Schlafstörungen; die direkten und indirekten Kosten von Schlafstörungen auf ca. 35 Mrd USD jährlich veranschlagt.
Titel ziehen stark an
Der Aktienmarkt und Analysten begrüssen das Partnerschaftsabkommen und beurteilen Partner und Konditionen als «gut» bzw. «sehr erfreulich». Das Umsatzpotenzial von Almorexant gegen primäre Insomnie wird auf rund 1 Mrd CHF geschätzt. Bei den weiteren beiden Indikationen könnte es sich gemäss Branchenkennern um Insomnie in Verbindung mit Depressionen und Alzheimer handeln, die ein Umsatzpotenzial von mehr als 2 Mrd CHF je Indikation haben dürften. Die Erstzulassung von Almorexant erwarten Analysten im Jahr 2011. Bis um 11.45 Uhr legen Actelion um 2,1% auf 53,70 CHF, phasenweise lag der Kurs rund 9% im Plus (Tageshoch 57,40 CHF) zu. Der SPI gewinnt bis dahin um rund 1,0%. (awp/mc/ps/18)