Aktienfokus: Analysten rechnen nach HVB-Übernahme nicht mit Dominoeffekt

Auch wenn die deutsche Bankenlandschaft nach der HVB-Übernahme international in einem etwas besseren Licht erscheine, seien die Optionen in der deutschen Bankenlandschaft wegen des stark regulierten Markts immer noch wenig appetitanregend für ausländische Investoren.


Kein Dominoeffekt
«Ich sehe keinen Dominoeffekt», sagte Merck Finck-Analyst Konrad Becker. Die Commerzbank , über deren potenzielle Übernahme nach dem Bekanntwerden der HVB/Unicredito-Verhandlungen spekuliert wurde, sei wegen eines geringeren Marktanteils in den osteuropäischen Wachstumsmärkten nicht so interessant wie die Münchener Konkurrenz.


Übernahmeziel Commerzbank wäre im politischen Gegenwind
Für die Commerzbank, dem derzeit nach Analysteneinschätzung einzig realisierbaren Übernahmeziel unter den Grossbanken, sehen die befragten Experten aktuell weder einen potenziellen Käufer aus dem Ausland noch Interesse seitens der Deutschen Bank . Bei der grössten deutschen Bank wiederum würde einem möglichen Interessenten wohl zu viel politischer Gegenwind entgegen blasen, sagte LRP-Experte Olaf Kayser. Ausserdem sei sie wegen ihrer Grösse und ihres Börsenwerts nur für wenige Häuser zu stemmen. Im vergangenen Jahr hatte es erste zarte Anbandelversuche der Deutschen Bank mit der Citigroup , dem weltweit am höchsten bewerteten Finanzinstitut, gegeben. Diese waren jedoch wegen des möglichen politischen Widerstands schnell wieder beendet. Zudem muss die US-Bank derzeit noch ihre zahlreichen Übernahmen in den vergangenen Jahren verdauen und wurde zuletzt von der Finanzaufsicht angemahnt, vorerst nicht weiter in diesem Tempo zuzukaufen.


Kandidaten der zweiten Reihe
Nach der Übernahme der Dresdner Bank durch die Allianz vor vier Jahren und dem Kauf der HVB ist in Deutschland neben der Deutschen Bank nur noch die Commerzbank als so genannte Universalbank börsennotiert. Daneben gibt es in der zweiten Reihe noch die auf das Privatkundengeschäft spezialisierte Deutschen Post-Tochter Postbank , die ehemalige HVB-Tochter Hypo Real Estate sowie die Aareal Bank , die beide vor allem bei der Immobilienfinanzierung stark sind, sowie Spezialinstitute wie zum Beispiel die IKB als börsennotierte Banken. Die anderen grossen deutschen Institute wie die LBBW, BayernLB, WestLB stehen als Landesbanken oder deren Nachfolger derzeit ebenso wie zum Beispiel die DZ Bank als Spitzeninstitut der Genossenschaftsbanken nicht zum Verkauf.


Konsolidierung des deutschen Bankenmarktes «im Kleinen»
Falls jedoch tatsächlich eine ausländischer Käufer an der Commerzbank Interesse zeigt, hält Keefe, Bruyette & Woods-Analysten Matthew Clark eine Gegenofferte der Deutschen Bank für möglich. Nach Einschätzung Clarks könnte die grösste deutsche Bank dann als so genannter weisser Ritter auftreten, um so den ausländischen Banken nicht zu viel vom deutschen Markt zu überlassen. Der ehemalige Deutsche Bank-Chef und jetzige Aufsichtsratsvorsitzende Rolf-E. Breuer hatte vor rund zwei Jahren davor gewarnt, dass wegen der Ertragsschwäche der deutschen Banken bald «ausländische Eroberer» den Markt bestimmen könnten. Bundeskanzler Gerhard Schröder forderte die deutschen Bankmanager auf, einen «nationalen Champion» zu formen. Doch diese Versuche scheiterten – wie zum Beispiel die von der Politik gewünschte Übernahme der Postbank durch die Deutsche Bank.


Vorerst keine weiteren Übernahmen in der HVB-Grössenordnung
Andere Experten können sich dies jedoch kaum vorstellen, dass die Deutsche Bank ihren Frankfurter Konkurrenten übernehmen will. Konzernchef Josef Ackermann müsste sich damit von seinem Renditziel verabschieden müsste, mit dem er den Marktwert des deutschen Branchenprimus wieder in die erste Liga zurückführen will. LRP-Experte Olaf Kayser glaubt zudem nicht, dass die Commerzbank-Führung derzeit ihre Eigenständigkeit aufgeben will. Nach Einschätzung des LBBW-Analysten Fabian Brunner wird sich die Konsolidierung des deutschen Bankenbereichs weiter eher im Kleinen abspielen. Als Beispiel nannte er die Übernahme des Deutsche- und Dresdner Bank-Transaktiongeschäfts durch die Postbank. Er rechnet erst einmal nicht mehr mit einer Übernahme in der HVB-Grössenordnung. Zahlreiche Experten sehen wie er eher eine Integration und Konsolidierung der Prozesse und Produkte, in dem sich einige Institute auf bestimmte Abläufe spezialisieren und diese dann von anderen übernehmen, als eine weitere grosse Übernahme. (awp/mc/gh)

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