Aktienfokus: Roche nach neuem Genentech-Übernahmeangebot gesucht
Allerdings könnte aufgrund der drohenden Ungewissheit über den Erfolg des neuen Übernahmeangebotes auch möglicherweise rasch wieder Ernüchterung einkehren. Bis um 11.00 Uhr ziehen Roche GS bei guten Umsätzen um 1,4% auf 162,50 CHF an. Damit notieren die Titel allerdings wieder deutlich unter dem kurz nach der Eröffnung verzeichneten Tageshoch von 165,70 CHF. Die Aktien des Konkurrenten und Roche-Grossaktionärs Novartis legen um 1,3% zu. Der SMI gewinnt um 0,2%.
Mission impossible?
Analystenkreise zeigen sich in ersten Kommentaren zumeist erstaunt über die feindliche Übernahmeofferte und räumen ihr wenig Erfolgschancen ein. Über den Erfolg des Angebotes von 86,50 (zuvor 89) USD je Aktie für die restlichen 44,2% an Genentech dürfte eine ganze Reihe von Faktoren bestimmen: Preis, Newsflow vor allem zum Krebsmedikament Avastin und Haltung der Genentech-Mitarbeiter. Inwiefern Genentech im Hinblick auf die Veröffentlichung neuer Studienergebnisse für Avastin auf Zeit spiele und Roche unter Zeitdruck stehe, sei nur schwer zu beurteilen, so Marktbeobachter.
Nachbesserung nicht ausgeschlossen
Im Falle positiver Ergebnisse einer unabhängigen US-Studie für Avastin bei Darmkrebs Mitte April werde Roche nicht um eine deutliche Nachbesserung der Offerte herum kommen, meinten einige Analysten vor Wochenfrist. Mit Blick auf weitere Indikationen wurde ein gegenüber der ursprünglichen Übernahmeofferte um 4-8 USD pro Aktie höherer «fair value» genannt. Sollten die Studien zum Kernprodukt Avastin positiv ausfallen, riskiere Roche einen sehr viel höheren Kaufpreis als den aktuell gebotenen, meint man bei Sal Oppenheim.
ZKB: «high risk»
Eine dezidiert negative Meinung hat die ZKB: «So gehen wir nicht von dem Zustandekommen einer Übernahme aus, was negativ für Roche wäre.» Sie beurteilen das Vorgehen von Roche denn auch als «high risk». «Die Amerikaner sind in ihre DNA-Aktien (Genentech) ‹verliebt›, zudem ist eine sogar geringere Offerte nun wirklich nicht einem gesunden zukünftigen Betriebsklima zuträglich», heisst es weiter.
Langfristige Vorteile
Das Problem eines möglichen Abgangs von Genentech-Führungsleuten führen auch Karl-Heinz Koch und Odile Rundquist von Helvea sowie Wegelin an. Die Helvea-Analysten streichen jedoch auch die langfristigen Vorteile eines vollumfänglichen Zugriffes auf Genentech heraus. Zudem dürfte das neue Angebot im gegenwärtig unsicheren Klima in der Wirtschaft und an den Finanzmärkten auch bei den Genentech-Aktionären auf Interesse stossen.
80%-Beteiligung an Genentech ausreichend?
Gemäss Helvea reicht auch eine 80%-Beteiligung von Roche an Genentech aus, um letztere zu integrieren. Entsprechend könnte die Neuorganisation vorangetrieben werden und Roche hätte Zugang zu den Barreserven der US-Tochter. Dazu müsste Roche eine 24,2%-Beteiligung am Markt erwerben. Die Beteiligung des Genentech-Managements am Unternehmen wird von Helvea auf «nicht mehr als 10%» geschätzt. Die auf 86,50 von zuvor 89 USD je Aktie in bar reduzierte Offerte würde den Basler Konzern neu 42,1 Mrd USD kosten. Zur Finanzierung sollen neben Eigenmitteln in einem ersten Schritt Gelder am Bondmarkt aufgenommen werden.
Roche neu in UBS-«Most Preferred List»
Neben der Übernahme gibt es aber auch noch andere Faktoren, die den Kurs derzeit beeinflussen. Die Aufnahme in die «Most Preferred List» der europäischen Pharmaunternehmen durch die UBS habe sich positiv ausgewirkt, meien Marktbeobachter weiter. Die Titel ersetzen jene von Novartis, die nach der Veröffentlichung enttäuschender Resultate für 2008 von der Liste genommen wurden. Die UBS bewertet Roche mit «Buy» (Kursziel: 215 CHF). Helvea bewertet den Titel ebenfalls mit «Buy» (Kursziel: 215 CHF). Auch Andrew C. Weiss führt den GS mit «Buy» (Kursziel: 233 CHF). Sal. Oppenheim stuft Roche ebenfalls mit «Buy» ein (Kursziel: 220 CHF). (awp/mc/ps/18)