von Alexander Saheb
Herr Robert, wie ist die Stimmung in den Schalterhallen der UBS?
Die Lage hat sich deutlich beruhigt, was sicher unter anderem damit zu tun hat, dass wir die problembehafteten US-Hypothekenpapiere an die neu gegründete Zweckgesellschaft der Schweizerischen Nationalbank übergeben konnten. Unsere Kunden schätzen die persönlichen Kontakte zu unseren Beratern. Natürlich stellen sie immer noch viele Fragen und wir nehmen uns die nötige Zeit, diese zu beantworten. Dabei ist uns sehr wohl bewusst, dass Worte allein nicht ausreichen, um wieder als verlässlicher Partner wahrgenommen zu werden und noch viel Arbeit vor uns liegt.
Erleben Sie eine Wirkung der derzeit laufenden Werbekampagne mit Treuebezeugungen guter Kunden?
Ja. Es ist tatsächlich so, dass sich weitere Kunden gemeldet haben, die sich ebenfalls öffentlich in positivem Sinne zu UBS äussern wollen. Wir schauen nun, dass wir einigen Kunden im Rahmen der laufenden Kampagne eine Auftrittsmöglichkeit geben können. Gleichzeitig ist es auch für die Mitarbeitenden von UBS motivierend, wenn ihnen die Kunden auf diese Weise ihr Vertrauen aussprechen und sich zur Bank bekennen.
Sie gewähren auf Mietdepotkonti und Sparkonti im Schweizer Vergleich recht hohe Zinsen. Zahlt sich das bereits aus und gewinnen Sie Neukunden?
Wir haben mit Wirkung auf Anfang 2009 die Zinsen bei den Sparkonti und Mieterkautionssparkonti nach unten angepasst. Nach den beiden deutlichen Leitzinssenkungen der SNB im November und Dezember sind auch die Zinssätze auf den Sparkonten der Bankinstitute unter Druck geraten. Wir befinden uns mit unseren Zinssätzen im Konkurrenzumfeld. Um bestehende und neue Kunden, die ihr Geld zu uns bringen, zu belohnen, haben wir indes Anfang November eine Sparkonto-Aktion lanciert. Auf neu gebrachte Guthaben zahlen wir bis Ende 2009 einen zusätzlichen Zins von 0,50 Prozentpunkten. Die ersten Wochen der Aktion entsprechen unseren Erwartungen.
«Wichtig ist jetzt, dass die Unternehmer mit ihren Banken zusammensitzen und ihre Lage frühzeitig besprechen» (Alain Robert, Leiter Wealth Management & Business Banking Schweiz UBS)
Man spricht davon, dass die Banken bei der Kreditvergabe an Unternehmen nun mauern. Wie hat sich UBS im Schweizer Geschäft im fast vergangenen Jahr verhalten?
Wir sind insgesamt leicht über dem Markt gewachsen und gehören mit einem Marktanteil von 15 Prozent zu den grössten Kreditfinanzierern der Schweiz. Auch wenn sich die wirtschaftlichen Aussichten verschlechtern, verändern wir unsere Kreditpolitik nicht. Sie basiert auf der Einschätzung, ob ein Unternehmen mit seinen künftigen Erträgen seinen Kreditverpflichtungen nachkommen kann. Es kann aber je nach Entwicklung des Unternehmens sein, dass eine Bank aufgrund gestiegener Risiken einen höheren Zinssatz verlangen muss oder ein intensiverer Dialog zwischen Bank und Unternehmen notwendig wird. Wichtig ist jetzt, dass die Unternehmer mit ihren Banken zusammensitzen und ihre Lage frühzeitig besprechen. Es ist so besser möglich, rechtzeitig konstruktive Lösungen zu finden und die Unternehmen auch über eine schwierigere Zeit zu begleiten.
Wie sieht bei Ihnen ein gewöhnlicher Arbeitstag aus?
Ich reise viel in die Schweizer Regionen, treffe mich mit Kunden, Exponenten aus der Politik und Wirtschaft und mit unseren Regionenleitern. Ich verbringe viel Zeit im Gespräch mit unseren Kunden und Mitarbeitern, um ihre Empfindungen direkt zu spüren und ihre Anliegen aufzunehmen. Dazwischen gibt es natürlich viel Lektüre, Besprechungen und Sitzungen.
Hat die – nun offenbar auslaufende – Krise der Bank für Sie selbst eine Mehrbelastung an Arbeit zur Folge gehabt, die psychologische Belastung einmal ausgeklammert?
Ja natürlich, der Tag fängt ohnehin immer sehr früh an und hört normalerweise erst spät auf. In den vergangenen Monaten hat sich die Arbeitskadenz nochmals deutlich erhöht, was mir auch an Wochenenden weniger Zeit für meine Familie und meine Freunde gelassen hat.
Wie fühlen sich die Mitarbeiter im Schweizer Geschäft, denen nun eine quasi importierte Krise einen Klotz ans Bein gehängt hat?
Die Mitarbeiter leisten seit Monaten einen sehr grossen Einsatz unter schwierigen Bedingungen. Sie gehen mit dieser Situation unterschiedlich um. Ich stelle aber mit Freude fest, wie sehr sich unsere Leute für ihre Kunden und die Bank einsetzen und mithelfen, UBS wieder zurück zum Erfolg zu bringen.
Man hört, dass viele Banker nun Rat bei Psychologen suchen. Ist der Krankenstand bei der UBS nun höher als vor der Finanzkrise?
Natürlich sind die Mitarbeiter tagtäglich kritischen Fragen und Reaktionen ausgesetzt – nicht nur bei der Arbeit, sondern auch in ihrem privaten Umfeld. Wenn sich ein Mitarbeiter aussprechen möchte, kann er sich nicht nur an seinen Vorgesetzten oder die Personalabteilung wenden, sondern auch an unsere interne Sozialberatung. Wir stellen einen leichten Anstieg solcher Anfragen fest. Die krankheitsbedingten Abwesenheiten sind im langjährigen Vergleich nur wenig angestiegen.
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Die UBS hat ein neues Bonussystem eingeführt. Nehmen wir an, die Bank macht 2009 wieder eine Milliarde Gewinn. Wie sieht dann ihr Bonus aus?
Das kann ich Ihnen nicht so beantworten. Das neue Vergütungsmodell ist längerfristig ausgerichtet: Belohnt wird, wer über mehrere Jahre gute Resultate liefert, ohne unangemessene Risiken einzugehen. Die Vergütungen für das Management werden aus einem fixen Grundsalär, einer variablen Barvergütung und einer variablen Aktienbeteiligung bestehen.
Die variable Barvergütung basiert künftig auf einem Bonus-Malus-System. Dabei wird höchstens ein Drittel dieses variablen Lohnanteils sofort ausbezahlt, während zwei Drittel zurückbehalten werden. Sollte im Folgejahr das Resultat schlecht sein, wird dem Cashkonto ein Malus belastet. Dies bedeutet, dass die nächste Auszahlung reduziert wird. Auch das Aktienprogramm wird zeitlich neu ausgerichtet. Provisorisch zugeteilte Aktien werden erst nach drei Jahren ins Eigentum der Führungskraft übertragen und nur, wenn die Leistung stimmt; zudem dürfen die Aktien über einen längeren Zeitraum nicht veräussert werden. Die variablen Komponenten werden also grösstenteils zurückbehalten und nur ausbezahlt, wenn die Ergebnisse von UBS stimmen, sonst gibt es weder Cashboni noch Aktien.
Was sagen Sie Private Banking Kunden, die Ihr Geld bei der UBS haben und sicher sein wollen, dass sich die Bank nicht nochmals verspekuliert?
Wir sagen unseren Kunden, dass wir Fehler gemacht und die Lehren daraus gezogen haben. In einem detaillierten Bericht an die EBK, unsere Aufsichtsbehörde, haben wir die Ursachen für die Verluste im US-Hypothekenmarkt analysiert und einen Aktionsplan mit den notwendigen Massnahmen ausgearbeitet: Risikopositionen wurden abgebaut und abgeschrieben, wir haben für eine starke Kapitalisierung gesorgt und das Risikomanagement verstärkt. Unser Geschäftsmodell wurde angepasst und die Investment Bank auf kundenorientierte Aktivitäten ausgerichtet. Alle Massnahmen dienten dazu, die Bank und ihre Kunden zu schützen sowie die Basis für eine positive Zukunft zu schaffen.
«Wir sagen unseren Kunden, dass wir Fehler gemacht und die Lehren daraus gezogen haben»
Wie investieren Sie im Private Banking derzeit ein ausgewogenes Portfolio? Raten Sie Kunden zu Aktien und Unternehmensobligationen oder doch lieber Gold und Staatsanleihen?
Die Turbulenzen an den Finanzmärkten sowie die Aussicht, dass die Weltwirtschaft in eine Rezession rutschen wird, hat viele Anleger verunsichert. Gerade in diesem Umfeld ist die persönliche Beratung wichtiger denn je. Wir klären sorgfältig die Bedürfnisse des Kunden sowie seinen Anlagehorizont, sein Risikoprofil und seine berufliche und persönliche Situation ab.
Es gibt keine allgemein gültigen Rezepte: Der Anleger sollte auf eine gute Diversifikation seines Portfolios achten. Nachdem die Aktienmärkte so stark gefallen sind, ist für den langfristig orientierten Anleger eine leichte Übergewichtung des Aktienanteils, vor allem mit Titeln des Schweizer Marktes und der Eurozone, durchaus denkbar. Für den anderen Portfolioanteil empfehlen wir einerseits mit einer stärkeren Gewichtung Unternehmensanleihen bester Qualität und andererseits Staatsanleihen. Die Beimischung von nicht-traditionellen Anlagen hängt stark vom individuellen Profil und der Anlagesumme ab. Gold kann aus Sicherheitsüberlegungen beigefügt werden, wirft aber weder Zinsen noch Dividenden ab und das Währungsrisiko ist mit zu berücksichtigen.
Welches war für Sie das positivste Erlebnis im vergangenen Jahr?
Seit Anfang der Krise erhalte ich Schreiben von Kunden, welche mir ihr Vertrauen aussprechen und mir Mut und Kraft wünschen bei der Bewältigung dieser Situation. Es gibt darunter Kunden, die einst selber in Schwierigkeiten waren und die wir damals begleitet haben, weil wir an sie glaubten. Von einer Kundin habe ich stellvertretend für andere eine Karte auf meinem Bürotisch aufgestellt. Dieses erinnert mich immer daran, dass Kunden nach wie vor an UBS glauben, weil wir uns Zeit für sie genommen und gemeinsam Lösungen erarbeitet haben. Solche Gesten sind für mich sehr motivierend.
Der Gesprächspartner
Alain Robert ist seit 2001 Mitglied der erweiterten Konzernleitung von UBS und seit 2007 Leiter Wealth Management & Business Banking Schweiz. Nach seinem Abschluss in Ökonomie an der Universität Neuenburg begann er 1979 seine Laufbahn bei der ehemaligen Schweizerischen Bankgesellschaft (SBG) in der Kreditanalyse, zuerst in Neuenburg und später in Zürich. Ab 1987 war er in Toronto als stellv. Leiter Corporate Finance tätig. Zurück in der Schweiz zeichnete er ab 1994 verantwortlich für die Region Neuenburg, ab 1997 für die Region Genf. Nach der Fusion von SBG und Schweizerischem Bankverein 1998 prägte er massgebend die Entwicklung der neuen UBS in der Schweiz und war in leitenden Funktionen im Privat- und Firmenkundengeschäft sowie im Wealth Management tätig. Im 2005 übernahm er für zwei Jahre die globale Leitung sehr vermögender Kunden.
Das Unternehmen
UBS ist ein führender globaler Anbieter im Wealth-Management-Geschäft und gehört zu den weltweit grössten Investmentbanken, Wertschriftenhäusern und institutionellen Vermögensverwaltern. Im Privat- und Firmenkundengeschäft in der Schweiz ist UBS Marktführerin.UBS ist in mehr als 50 Ländern und an allen wichtigen Finanzplätzen der Welt mit Niederlassungen vertreten. Im Schweizer Markt nimmt UBS mit Marktanteilen zwischen 15 und 30 Prozent je nach Produkt und Segment eine führende Position ein. UBS ist auf dem Finanzplatz Schweiz der grösste Vermögensverwalter sowie einer der bedeutendsten Keditfinanzierer. Mit rund 27’000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehört UBS zudem zu den gewichtigsten Arbeitgebern in der Schweiz.