Albert Studerus, Geschäftsführer Osram Schweiz: «Betreffend des Milliardengeschäftes ist zu bedenken, dass sehr grosse Investitionen nötig sind, um die entsprechenden Produktionskapazitäten bereitzustellen»

von Patrick Gunti


Australien will herkömmliche Glühbirnen bis 2010 verbieten, die EU diskutiert ein entsprechendes Verbot, die Schweiz wird nicht abseits stehen. Durch die Abschaffung der Glühbirnen und den Wechsel zu Energiesparlampen sollen allein in der EU 20 Mio. Tonnen Treibhausgase vermieden und die Stromrechnungen der europäischen Haushalte um bis zu 8 Mrd. Euro gesenkt werden.


Herr Studerus, wenn wir davon ausgehen, dass die herkömmlichen Glühbirnen in der Zeitspanne zwischen 2010 und 2015 verboten werden – was für Auswirkungen hätte dies auf die Produktion bei OSRAM?


OSRAM bietet seinen Kunden bereits heute Lampen an, welche gegenüber der Glühlampe einen deutlich höheren Wirkungsgrad, also eine grössere Lichtausbeute, haben. Es gibt somit keinen Grund, auch ohne gesetzliches Verbot, weiterhin Glühbirnen einzusetzen. Mit der Zeit wird es für die Konsumenten auch nachvollziehbarer, dass im Laufe der Nutzungszeit über die Energiekosten die höheren Anschaffungskosten mehr als kompensiert werden. Natürlich fehlt uns heute noch die Produktionskapazität, um energiesparende Lampen in den Mengen herzustellen, welche bei einem Verbot nötig würden.


Für die grossen Hersteller OSRAM, Philips und General Electric eröffnet sich mit den Bestrebungen hin zu den Energiesparlampen ein Milliardengeschäft. Wie ist das Verhältnis verkaufter Glühbirnen zu Energiesparlampen von Osram heute in der Schweiz?


Betreffend des Milliardengeschäftes ist zu bedenken, dass sehr grosse Investitionen nötig sind, um die entsprechenden Produktionskapazitäten bereitzustellen. Das Verhältnis von Glühlampen zur Energiesparlampen ist ca. 1:6. Unter der Berücksichtigung, dass eine Energiesparlampe bis 15 mal länger lebt als eine Glühlampe, erwarten wir in Summe eine Abnahme der Stückzahlen der Glühlampen.


Wie gross ist der Zuwachs an Bestellungen für Energiesparlampen des Handels in den letzten Monaten?


Wir sehen im Moment eine Verdoppelung.


Mit welchen Wachstumsraten rechnen Sie für die nächsten Jahre?


Eine Aussage ist hier schwer zu machen. Je nach dem politischen Vorgehen wird die Substitution schneller oder langsamer vor sich gehen. Entsprechend wird sich die Umsatzentwicklung gestalten.


Auch beim Einsatz von Halogenglühlampen kann bis zu 30% Energie eingespart werden. (Albert Studerus, Geschäftsführer OSRAM AG)


Die Glühbirne erhellt unsere Wohnzimmer, ist aber ineffizient, weil nur 5 % der Energie tatsächlich in Licht umgesetzt wird. Wie funktioniert die Energiesparlampe und wieviel Energie wird bei diesem System umgesetzt?


Bei der Glühlampe wird ein Draht erhitzt. Neben dem sichtbaren Licht entsteht dabei auch viel Wärme. Bei der Energiesparlampe findet im Glasrohr ein Entladungsprozess statt – da dabei nur wenig Wärme entsteht, ist der Wirkungsgrad viel höher. Das gleiche Prinzip wird auch in den Leuchtstofflampen angewandt. Gegenüber dem glühenden Draht in der Glühlampe ist dieses Prinzip ca. 5 mal effizienter.


Energiesparlampen sind teurer als Glühbirnen – waren sie deshalb trotz aller Empfehlungen bisher nicht der grosse Verkaufsschlager?


Energiesparlampen haben sich in den letzten Jahren stetig weiterentwickelt. Ursprünglich lang und breit sind sie heute sehr kompakt geworden. Deshalb konnten bis heute viele Brennstellen nicht mit Energiesparlampen ausgerüstet werden, weil dies die Abmessungen nicht erlaubten. Heute sind sie nur noch wenig grösser als die Glühlampen und können an den meisten Stellen eingesetzt werden. Energiesparen bei der Beleuchtung kann man übrigens nicht nur mit Energiesparlampen. Auch beim Einsatz von Halogenglühlampen, mit denen man ein besonders brillantes Licht erhält, kann bis zu 30% Energie eingespart werden. Damit ist die Einsparung nicht ganz so gross wie bei den Energiesparlampen aber trotzdem beachtlich. Allerdings sind noch nicht alle Bauformen erhältlich. Wir werden aber in Kürze diese Lücke schliessen.


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Energiesparlampen brennen länger als Glühbirnen. Von was für einer Lebensdauer kann man bei einer Energiesparlampe guter Qualität ausgehen?


Eine Energiesparlampe der besten Qualität erreicht eine durchschnittliche Lebensdauer von 15’000 Stunden und kann dabei 500’000 mal ein- und ausgeschaltet werden.


Glühbirnen können grösstenteils über den Haushaltabfall entsorgt werden. Wie sieht das bei Energiesparlampen aus?


Energiesparlampen enthalten kleinste Mengen von Quecksilber und einige elektronische Bauteile. Deshalb müssen diese Lampen korrekt recycled werden. Dabei werden praktisch alle Bestandteile separiert und wieder verwendet. Überall dort wo solche Lampen verkauft werden, können ausgebrannte Lampe kostenlos abgegeben werden.


Ein Vorurteil betrifft die Lichtqualität. Energiesparlampen erzeugten «kaltes Licht», heisst es oft. Von was ist der Eindruck abhängig, Licht sei kalt oder warm?


Weisses Licht empfinden wir dann als weiss, wenn es alle Farben des Regenbogens enthält. Ist nun der Anteil des blauen Lichtes stärker, sehen wir kühles Licht. Umgekehrt empfinden wir das Licht als ,warm› wenn der rote Anteil stärker ist. Auch das Sonnenlicht variiert sehr stark; so sehen um die Mittagszeit sehr kühles Tageslicht und am Abend dagegen sehr warmes, ja sogar rötliches Licht. Bei den Energiesparlampen wird üblicherweise eine Zusammensetzung gewählt, die dem Licht der Glühlampe entspricht. Allerdings ist das Licht weniger brillant und auch die Farberkennung ist etwas schlechter.


Die Glühlampe ist für mich ein sehr emotionelles Produkt. Sie ist eine der nützlichsten Erfindungen der Menschheit überhaupt. (Albert Studerus, Geschäftsführer OSRAM AG)


Wie steht es mit der technischen Entwicklung? Wäre es möglich, dass die Glühbirnen in vielleicht 10 Jahren gar nicht durch Energiesparlampen, wie wir sie heute kennen, sondern bereits durch eine Weiterentwicklung abgelöst wird – beispielsweise den sogenannten Organic Light-Emmitting-Diode OLED?


Ich gehe davon aus, dass wir nun die Glühlampen für die allgemeine Beleuchtung tatsächlich durch die Halogen-Glühlampen und die Energiesparlampen ablösen werden. Möglicherweise werden aber diese Lichtquellen dann erneut abgelöst werden, vielleicht durch OLED. Aufgrund des aktuellen Entwicklungsstandes wird dies aber sicher nicht in den nächsten 5 Jahren sein.


Das OSRAM-Produktspektrum umfasst Lichtquellen nicht nur für die Allgemein- sondern auch die Fahrzeugbeleuchtung sowie für Foto, Film, TV, Bühne und Optik. Wo wird Umweltschutz bei diesen Lichtquellen zum Thema?


Auch bei allen diesen Lichtquellen stellen sich die gleichen Fragen. Nur werden im professionellen Bereich längst die technischen Möglichkeiten genutzt. So beleuchten wir unsere Büros mit Leuchtstofflampen, die Strassenbeleuchtung wird mit energiesparenden Natriumlampen bestückt, bei TV und Bühne wird, wenn immer möglich, mit Hochdruckentladungslampen gearbeitet und beim Auto ist der Siegeszug der LED nicht mehr aufzuhalten.


Letzte Frage: Wie halten Sie es persönlich mit der Glühbirne?


Die Glühlampe ist für mich ein sehr emotionelles Produkt. Sie ist eine der nützlichsten Erfindungen der Menschheit überhaupt. Ihre Form und ihr Licht steht für Fortschritt, Sicherheit und Wärme, ja für Licht ganz allgemein. Privat habe ich, bis auf sechs Brennstellen, die selten benützt werden, alle ersetzt.





Zur Person
Albert Studerus wurde 1955 geboren. Im Rahmen seines Studiums bildete er sich zum Elektro-Ingenieur HTL und anschliessend zum Wirtschaftsingenieur STV aus. 1993 trat er als Verkaufsleiter in die OSRAM AG in Winterthur ein. Ein Jahr später übernahm er die Leitung im Marketing und im Jahr 2005 wurde er zum Geschäftsführer der OSRAM AG in Winterthur befördert. Während mehreren Jahren war er Mitglied des Vorstandes der Schweizerischen Lichtgesellschaft. Albert Studerus ist verheiratet und Vater von drei Kindern.


Zu Osram
Das stark international ausgerichtete Unternehmen mit weltweit über 40.000 Mitarbeitern hat seinen Sitz in München. Im Geschäftsjahr 2006 (Ende September) lag der Umsatz bei 4,6 Milliarden Euro. Osram ist einer der zwei grössten Lichthersteller der Welt und produziert in  OSRAM Produkte werden verteilt auf 18 Ländern in 49 Fertigungsstätten hergestellt.

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