Von André Schäppi
Moneycab: Herr Schindler, Ihr Unternehmen hat sich ambitionierte Ziele für das EBIT im Aufzugsgeschäft gegeben und will sich in den nächsten fünf bis sechs Jahren auf 14% steigern. Aktuell steht Schindler allerdings bei einer Marge von 9.2%. Das ist gleichviel wie letztes Jahr. Weshalb sind Sie überzeugt, dass Sie das Ziel erreichen?
Alfred N. Schindler: Die Marge im vergangenen Jahr war gedrückt durch hohe Kosten, die wir durch den Launch vieler neuer Produkte hatten. Mehrere Tochtergesellschaften erzielen aber bereits 14% EBIT. Deshalb bin ich durchaus zuversichtlich, dass das mittelfristige Ziel von 14% zwar ambitioniert, aber machbar ist.
Liegt denn noch mehr drin? Ihr Konkurrent Otis erreicht fast 19%.
14% sind für uns sehr anspruchsvoll. Man darf nicht vergessen, Otis ist schon seit dem Zweiten Weltkrieg global aktiv und damit viel homogener aufgestellt als wir. Dadurch hat Otis viele Vorteile, die wir nicht so schnell aufholen können.
Der Markt für Aufzüge und Rolltreppen ist extrem umkämpft. Das grösste Geld wird indes nicht mit Neuinstallationen gemacht. Darauf entfallen nur rund 40 Prozent. Dagegen umfasst der grössere Teil Service und Modernisierung der bereits bestehenden Anlagen. Darum ist es für die Hersteller um so wichtiger, bei neuen Projekten zum Zuge zu kommen, um sich in der Folge weitere Aufträge bei der Wartung und Modernisierung zu sichern. Wie wichtig ist dieser Bereich für Schindler im Vergleich zum Neugeschäft?
Wir versuchen, eine Balance zu halten zwischen Neuanlagen- und Après-Vente-Geschäft, also in etwa 50:50 des Umsatzes. In Ländern, in denen wir noch neu sind oder noch klein im Neuanlagengeschäft, hat der Service eine weniger grosse Bedeutung. Aber es geht nicht nur um Service, sondern auch um das Reparaturgeschäft, das interessant ist. Und zunehmend ist die Modernisierung ein Thema. Es gibt sehr viele Aufzüge, die dreissig und mehr Jahre alt sind. Diese müssen modernisiert werden. Deshalb ist die Modernisierung im Moment das schnellstwachsende Segment.
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Ihr Unternehmen hat letztes Jahr 25.5% an der koreanischen Hyundai übernommen. Damit hat Schindler seine Position im asiatischen Markt wesentlich gestärkt. Der Erwerb dieser Aktien erfolgt gemäss Schindler-Pressemeldung in freundlicher Absicht. Dies dürfte wohl eher als Zwischenschritt für eine vollständige Übernahme sein. Welche Pläne verfolgt Schindler in Asien?
Schindler versucht, ein ausgewogenes geographisches Portfolio zu haben, 33% Europa, 33% Nord- und Südamerika und 33% Asien. Wir streben dieses Gleichgewicht aus Währungs-, Wachstums- und konjunkturellen Gründen an.
Den grössten Rückstand haben wir nach wie vor in Asien und das heisst, dass wir in dieser Region weiter investieren. Es gibt einige Länder, in denen wir erfolgreich sind, aber auch Schwachstellen wie Taiwan, Südkorea und Japan, in denen wir noch zulegen möchten.
Der Industriekonzern ThyssenKrupp will die Schindler-Gruppe als zweitgrössten Aufzughersteller der Welt ablösen. Das sagte der Chef von ThyssenKrupp Elevator, Gary Elliott. Das Düsseldorfer Unternehmen kommt nach eigenen Angaben auf einen Marktanteil von 12%, Schindler auf etwa 26%. Wie wichtig ist Grösse in Ihrem Business und wie stehen die Aussichten, diese Position weiterhin zu halten?
Grösse ist sehr wichtig. Aber Schindler hat die kritische Grösse erreicht. Für uns ist jetzt das organische Wachsen, also die Fähigkeit des Wachsens durch Innovationen und guten Service im Vordergrund. Ob Thyssen uns einholt oder nicht, hängt mehr davon ab, ob das Unternehmen andere Firmen übernehmen kann oder nicht. Und aktuell gibt es sehr wenige Möglichkeiten.
Stichwort Innovationen: Wie wichtig sind denn Innovationen, wenn die Erträge zum grossen Teil aus dem Service-Geschäft kommen?
Innovation ist das Wichtigste in unserem Konzern. Wir sind die Firma, die in den letzten 15 Jahren die Aufzugstechnologie grundlegend verändert hat. Schindler hat die Zielrufsteuerung eingeführt, den maschinenraumlosen Aufzug, die Keramikbremse und Vieles mehr. Ganz neu haben wir die Aufzugs-Serie 3300 eingeführt, die bis zu 40% mehr Platz bietet als andere Systeme und mit einer automatischen Evakuation bei Pannen ausgerüstet ist; und das alles zu einem sehr guten Kosten/Nutzen-Verhältnis.
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Es gibt nur wenig Synergien zwischen ALSO und Schindler.
Das stimmt nur bedingt, denn ohne die finanzielle Unterstützung und die lokale Präsenz von Schindler hätte ALSO in Deutschland eine derartige Präsenz nicht aufbauen können.
Mit einem Umsatz von 3 Milliarden macht ALSO lediglich einen Gewinn von 12 Millionen, was einem EBIT von 0.9% entspricht. Nimmt man GNT raus, sind es 24 Millionen oder ein EBIT von 1.4%. Das ist nicht gerade berauschend.
Der Gewinn pro Kopf ist substanziell höher als der bei Schindler. Die Wertschöpfung ist etwa dreimal höher. 2006 hatten wir wegen GNT ein schlechtes Jahr. Aber die Margen der Stamm-Also sind durchaus im Branchendurchschnitt.
Trotzdem hält Schindler an dieser Zweisäulenstrategie mit Aufzügen/Rolltreppen und einem Logistik-Distributor fest?
Ja, die Strategie ist immer noch richtig. Aber da ALSO jetzt sehr schnell wächst und noch weiter wachsen muss – wir haben die Zielgrösse von 10 Mrd. definiert – werden wir diesen Schritt nicht mehr alleine machen. Das würde unser Geschäft zu sehr verwässern.
Wie könnte denn der nächste Schritt aussehen?
Wir wollen uns alle Optionen offen lassen. Eines ist jedoch sicher: Den nächsten Schritt werden wir nicht aus eigener Tasche finanzieren. Das ist nicht machbar und nicht erwünscht, denn damit wird ALSO grösser als das Kerngeschäft.
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