Von Radovan Milanovic
Moneycab: Nach dem Reinverlust von 91,1 Millionen Franken in 2006 wies Speedel für 2007 einen Fehlbetrag von 69.9 Millionen Franken aus. Wann glauben Sie, den Break-even zu erreichen? Mit welchen Massnahmen und Einnahmen glauben Sie zu diesem Ziel zu kommen?
Alex Huxley: Wegen der ausserordentlich langen Produkte-Entwicklungszyklen in der Pharmaindustrie (8-10 Jahre oder mehr) schreiben die jungen Biotech-Firmen relativ lange Zeit «rote» Zahlen. Wir sind uns bewusst, wie wichtig es für Investoren ist, dass Speedel den Break-even erreicht. Inzwischen haben wir wiederkehrende Einkünfte in Form von Lizenzeinnahmen aus dem Verkauf von SPP100 (Aliskiren) durch Novartis, aber es wird noch einige Jahre dauern, bis wir profitabel sind. Dies auch deswegen, weil wir nach wie vor viel in unsere Forschung und Medikamenten-Entwicklung investieren. So schaffen wir Werte für die Zukunft.
Im ersten Quartal 2008 konnten Sie Ihr Betriebsergebnis im Vergleich zur Vorjahresperiode von 14.9 Millionen Franken auf 11.9 Millionen Franken verbessern. Zur Verbesserung des Resultates trugen vor allem die Verkäufe Ihres Produktes SPP100 durch den Lizenzpartner Novartis bei, welche Einnahmen von 2.56 Millionen Franken generierten, während im Vorjahr noch keine Einnahmen verbucht werden konnten. Wie lauten Ihre Ergebnisprognosen für Speedel für das laufende Geschäftsjahr?
Die einzige Kennzahl, für die wir eine Prognose bekannt geben, ist der jährliche Cash-burn; wir stellen keine Ergebnisprognosen. Für das Jahr 2008 sollte der Cash-burn von Speedel 57-60 Millionen Franken betragen.
Per Ende März 2008 wiesen Sie flüssige Mittel von 94.5 Millionen Franken aus, wogegen diese per Ende Dezember 107.9 Millionen Franken betrugen. Ihr CFO ist überzeugt, dass sich auch mit den Einnahmen von SPP100 die gegenwärtige Entwicklungspipeline «komfortabel bis Ende 2009» finanzieren lässt. Wie geht es danach weiter?
Seit etwa 10 Jahren sorgen wir für frühzeitige Bereitsellung der notwendigen Finanzmittel für Speedel, als Privatfirma insgesamt etwa 250 Millionen Franken als Publikumsfirma insgesamt etwa 140 Millionen Franken und dies in verschiedenen Formen. Wir sind überzeugt, dass wir es auch in der Zukunft schaffen werden, unsere Forschungs-und Entwicklungs-Pipeline rechtzeitig mit ausreichenden Finanzmitteln zu versorgen.
Was sind Ihre Strategien und Zielsetzungen für das laufende Geschäftsjahr?
2008 macht keine Ausnahme: Die Meilensteine sollen aus der klinischen Forschung kommen. Wir hoffen auf gute Resultate aus mehreren klinischen Studien. Einige sind schon eingetroffen, vor allem bei SPP100 /Tekturna(Rasilez), insbesondere mit den guten Resultaten der breit angelegten Studien auf dem Gebiet des Nieren- und Herz-Schutzes. Daneben erwarten wir auch wichtige Resultate aus klinischen Studien mit SPP1148, SPP635 und anderen Speedel Produkten.
Wir freuen uns auch, dass dieses Jahr das erste Kombinationsprodukt von SPP100 mit einem Diuretikum (Tekturna HCT) in USA auf den Markt gekommen ist.
«Wir sind überzeugt, dass wir es auch in der Zukunft schaffen werden, unsere Forschungs-und Entwicklungs-Pipeline rechtzeitig mit ausreichenden Finanzmitteln zu versorgen.» Dr. Alice Huxley, CEO Speedel Holding Ltd.
Wie stark sind die Bindungen zwischen Novartis und Speedel?
Wir unterhalten Beziehungen zu verschiedenen Unternehmen der «Big Pharma», darunter auch zu Novartis. Speedel und Novartis sind unabhängige Einheiten und wir arbeiten auf «arm’s length» in einem Verhältnis von Lizenznehmer und Lizenzgeber.
Novartis ist auch Aktionär von Speedel und besitzt etwas über 9% des Aktienkapitals; diese Beteiligung hat ihren Ursprung in der Frühfinanzierung durch den Novartis Venture Fund.
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Speedel hat das Mittel SPP100 Tekturna/Rasilez zur Behandlung von Bluthochdruck entwickelt und lässt es durch Novartis vermarkten. Novartis gab bekannt, dass SP100 auch eine positive Schutzwirkung auf die Niere bei Zuckerkranken habe. Womöglich bietet das Mittel noch grösseres Potenzial als ursprünglich angenommen. Von welchem finanziellen Potenzial innerhalb welcher Zeitperiode gehen Sie aus?&
Die Schätzung von solchem Potenzial überlassen wir Novartis, gegebenfalls den Analysten. Die meisten bezeichen SPP100 als einen «Blockbusterkandidaten».
Für das Produkt SPP200, welches zur Verhinderung der Propfbildung bei Implataten dient suchen Sie Partner. Angenommen, Sie finden diese welche die Phase III Studien finanzieren. Wann dürfte Speedel von diesen Erfolgen profitieren?
Ab Vermarktung und dann durch Lizenzeinnahmen. Oft beinhalten solche Lizenzabkommen auch sogenannte Meilenstein-Zahlungen, die beim Erreichen von gewissen wichtigen Entwicklungsschritten fällig werden.
Angenommen, Sie entwickeln ein neues Produkt welches die drei Testphasen erfolgreich durchlaufen und die Zertifizierung durch die Behörden erhalten hat. Nach welchen Kriterien geben Sie das Produkt zur Vermarktung an ein Pharmaunternehmen weiter?
Wir geben nur solche Produkte weiter an Big Pharma, welche grosse Indikationen anpeilen und dadurch grosse Marketing- und Vertriebskanäle brauchen, z.B. Tausende von Aerztebesuchern in USA. Auch diesen Medikamente wollen wir bis Mitte oder Ende der Phase II unseren Stempel aufdrücken. Produkte, die kleinere Indikationen anpeilen und nur eine kleine Vertriebsorganisation brauchen, wollen wir alleine durch die Klinik bringen und in Zukunft selber vermarkten.
Sind Ihre Medikamentenforschungen unabhängig oder forschen Sie im Auftrag von Pharmaunternehmungen mit bestimmten Zielvorgaben?
Unsere F&E Aktivitäten sind völlig unabhängig von Dritten. Wir forschen mit eigenem Geld nach eigenen Priotäten. Wir sind keine «CRO», also keine Auftrags-Entwicklungs-Firma.
Die Forschungsaufwendungen bis zur Marktreife eines Produktes sind enorm. Würde die Möglichkeit einer Zusammenarbeit mit einer ähnlichen Gesellschaft die Lösung dieses Problems bieten?
Theoretisch ja.
«Die Meilensteine sollen aus der klinischen Forschung kommen. Wir hoffen auf gute Resultate aus mehreren klinischen Studien. Einige sind schon eingetroffen, vor allem bei SPP100 /Tekturna(Rasilez).»
Per 31. Dezember 2007 weisen Sie in Ihren Büchern 48.215 Millionen Franken an ausstehenden 2% Wandelanleihen 4. März 2010 aus oder 67% des Fremdkapitals. Als Folge des hohen Konversionspreises ist zur Zeit kaum mit Wandlungen in Aktien zu rechnen. Planen Sie die Finanzierung der Rückzahlung mittels einer neuen Anleihe?
In Anbetracht der noch langen Laufzeit dieser Anleihe ist es verfrüht, darüber schon heute detaillierte Pläne zu schmieden.
Der Kurs der Speedel Aktie notiert bei rund 70.00 Franken oder ca. 60% tiefer als vor einem Jahr, sowie erheblich unter dem Ausgabekurs vom September 2005 von 140.00 Franken. Noch im vergangenen Jahr gingen Analysten von Kurszielen zwischen 220.00 bis 230.00 Franken aus. Inzwischen sieht Bank Vontobel ein Kursziel von 150.00 Franken. Was für Ereignisse dürften Ihrer Meinung nach ein Ansteigen des Kurses bewirken?
Zur Zeit beobachten wir dieses Phänomen bei praktisch allen Biotech-Firmen weltweit. Die Finanzsektorkrise wirft ihre Wellen auch auf Technologie-Kurse und Biotech-Aktien. Daran können wir wenig ändern. Das hängt mehr mit der Börsenpsychologie zusammen als mit dem inneren Wert unserer Aktien.
Wir glauben, dass die Biotech-Aktien wieder an Terrain gewinnen werden, sobald die Börsenstimmung wieder in Optimismus umschwenkt. Inzwischen widmen wir uns unseren Forschungs- und Medikamentenentwicklungs-Programmen und kreieren nachhaltige Werte.
Das Interview wurde am 24.06.2008 geführt. Die nun geplante Übernahme durch Novartis wurde von Frau Dr. Huxley nicht erwähnt.
Die Gesprächspartnerin
Frau Dr. Alice Huxley, CEO von Speedel Holding LTD. wurde 1957 geboren und ist Schweizer Bürgerin. Sie arbeitete bei Ciba-Gegy als Naturwissenschaftlerin in der Forschung in verschiedenen Positionen mit steigender Verantwortung sowohl in der Forschung (Endocrinology) als auch in der klinischen Entwicklung (Cardiovascular und Krebs). Nach dem Zusammenschluss von Sandoz und Ciba-Geigy in Novartis wurde Frau Dr. Alice Huxley zum Global Projekt Manager berufen. Bei dieser Tätigkeit stand sie verschiedenen Projektgruppen vor, welche neue Medikamente für die Cardiovascular und Transplantations Therapie entwickelten. 1988 gründete Frau Dr. Alice Huxley Speedel Holding LTd., eine Holding Gesellschaft schweizerischen Rechts. Im Jahre 2000 wurde als zur Delegierten des Verwaltungsrates gewählt.
Das Unternehmen
Speedel wurde im Jahr 1998 von der Novartis-Biochemikerin Alice Huxley gegründet und zählt derzeit ein Team von 60 Experten aus 19 Nationen. Am 8. September 2005 wurden die Aktien von Speedel an der SWX Swiss Exchange kotiert. Die kotierte Biopharma will durch durch innovative Therapien für die Patienten, Partner und Investoren einen Mehrwert schaffen. Speedel ist Weltmarktführer von Renin-Inhibitoren (Blutdrucksenkder). SPP635 und SPP1148 sind beide in einem frühen Stadium der klinischen Entwicklung befinden und könnten in 5 bis 7 Jahren die Marktreife erreichen. Für SPP635 seien erst kürzlich gute ambulante klinische Daten vorgelegt worden. SPP1148 habe überzeugende vorklinische Ergebnisse gezeigt und könnte sich daher sogar als noch wirksamer als SPP635 erweisen. Das wichtigste Produkt SPP100/aliskiren (Tekturna/Rasilez1), das erstklassige oral zu nehmende direct renin inhibitor, wurde 1999 als Lizenz übernommen und 2002 an Novartis zurück lizensiert für weitere Entwicklungen und zur Vermarktung des Produktes. Das Produkt SPP100 wurde im März 2007 von den Behörden genehmigt und in der EU im August 2007.
Die aktuelle Pipeline von Speedel umfasst vier verschiedene Produkte. Neben dem bereits im Markt vertretenen SP100 betrifft dies drei Kandidaten in der Phase II, zwei Kandidaten in der Phase I und Verschiedene vorklinische Projekte.
[1] Tekturna/Rasilez® sind eingetragene Markenzeichen von Novartis