Allianz trotz Milliardengewinn noch fern von alter Stärke

Das ursprünglich für normale Zeiten angepeilte Ziel eines operativen Gewinns von acht Milliarden Euro sei in den nächsten zwölf Monaten nicht zu erreichen, sagte Konzernchef Michael Diekmann. Eine konkrete Gewinnprognose für 2009 wagte er angesichts der unsicheren Wirtschaftsentwicklung nicht. Allerdings stelle der Konzern eine «kontinuierliche Dividendenpolitik» sicher.


Aktienkurs gibt deutlich nach
Die Allianz-Aktie rutschte nach den Nachrichten um bis zu 4,4 Prozent in die Verlustzone. Am frühen Nachmittag lag sie noch mit 2,91 Prozent im Minus bei 73,30 Euro. Das Papier hatte sich in den vergangenen Tagen infolge positiv aufgenommener Zahlen des französischen Konkurrenten AXA deutlich besser entwickelt als der Gesamtmarkt. Die Kursrally werde sich zunächst voraussichtlich nicht fortsetzen, schätzte Analyst Brian Shea von Merrill Lynch.


«Neue Normalität»
Dabei hat sich der Allianz-Vorstand bereits auf eine «neue Normalität» eingestellt. Dies bedeute niedrigere Wachstumsraten, mehr staatliche Eingriffe und eine stärkere Regulierung, sagte Diekmann. Die Allianz sei allerdings auf ein herausforderndes Marktumfeld ebenso vorbereitet wie auf eine Erholung der Märkte. Auch Zukäufe in Europa schloss der Allianz-Chef nicht aus. Zudem will der Versicherer seinen Direktvertrieb über das Internet ausbauen.


Überraschender Gewinnanstieg
Im zweiten Quartal kletterte der Überschuss dank lukrativer Beteiligungsverkäufe und der Befreiung von dem Verlustbringer Dresdner Bank überraschend stark um gut 21 Prozent auf knapp 1,9 Milliarden Euro. Alleine der Verkauf von Aktien der chinesischen Grossbank ICBC und eine Ausgleichszahlung für das Engagement bei dem angeschlagenen US-Versicherer Hartford spülten knapp 800 Millionen Euro in die Kasse. Die Dresdner Bank im Vorjahr herausgerechnet, ging der Konzernüberschuss allerdings um 16 Prozent zurück.


Hohe Kapitalausstattung
Unter fehlendem Kapital leidet die Allianz unterdessen nicht. «Unsere Kapitalausstattung bleibt auf hohem Niveau und unser niedriges Risikoprofil ermöglicht uns, potenziellen Marktverwerfungen standzuhalten», sagte Diekmann. Das Eigenkapital wuchs binnen der ersten sechs Monate um 2,5 Prozent auf 34,5 Milliarden Euro.


Kernsparte wackelt
Im operativen Geschäft verhagelten hohe Schäden und schrumpfende Kapitalerträge der Allianz das Quartalsergebnis. Ihren Umsatz stieg zwar um 3,0 Prozent auf 22,2 Milliarden Euro. Der operative Gewinn brach jedoch, belastet von der schwächelnden Schaden- und Unfallversicherung, um fast 33 Prozent auf 1,8 Milliarden Euro ein. Die wichtigste Sparte des Konzerns hatte mit Unwetterschäden und dem Erdbeben in Italien zu kämpfen. Zudem rissen infolge der Wirtschaftskrise vermehrte Zahlungs- und Forderungsausfälle die Allianz-Tochter Euler Hermes in die Verlustzone, die Kredit- und Kautionsversicherungen anbietet. In der gesamten Schaden- und Unfall-Versicherung schrumpfte der operative Gewinn deshalb um fast die Hälfte auf 895 Millionen Euro.


Combined Ratio über Vorjahr
Die kombinierte Schaden-Kosten-Quote lag mit 98,9 Prozent um 5,4 Prozentpunkte über dem Vorjahreswert. Damit nähert sie sich der kritischen 100-Prozent-Marke, bei der Aufwendungen für Schäden und Verwaltung gerade noch durch Beitragseinnahmen gedeckt sind. Im Gesamtjahr könnte die Quote allerdings wieder auf 97 Prozent sinken, sagte Perlet.


Lebensversicherung legt zu
In der Lebens- und Krankenversicherung setzte sich hingegen die Erholung aus dem ersten Quartal fort. Die Prämieneinnahmen wuchsen um zehn Prozent. Das operative Ergebnis kletterte um 41 Prozent auf den Rekordwert von 990 Millionen Euro. In der Sparte Financial Services ging der operative Gewinn vor allem wegen der Anlaufkosten für die neue Allianz-Bank um fast die Hälfte zurück. (awp/mc/ps/05)

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