Alois Müller, CEO Baloise Bank SoBa: «Unsere Vision geht von 45’000 Kundinnen und Kunden bis Ende 2010 aus»
Von Helmuth Fuchs
Moneycab: Nach Jahren mit tiefer Rentabilität zeigt sich heute die Baloise Bank SoBa in bester Verfassung mit einem Reingewinn von 29.5 Millionen Franken im Jahre 2006 und einem Halbjahresergebnis von 15.5 Millionen Franken in diesem Jahr (+5.2%). Wo sehen Sie die wichtigsten Gründe für die Rückkehr zum Erfolg und welches waren Ihre wichtigsten Entscheide, die Sie seit Ihrem Amtsantritt als CEO im Jahre 2002 gefällt haben?
Alois Müller: Im Jahre 2002/2003 führten wir zusammen mit den Basler Versicherungen einen umfassenden Strategiefindungsprozess durch mit dem Ziel, die Bank am Markt noch besser zu positionieren und rentabler zu machen. Als Ergebnis ist der «fokussierte Finanzdienstleister» entstanden. Dieses Geschäftsmodell zielt ganz einfach darauf ab, über den Aussendienst der Versicherung einfache und standardisierte Bankprodukte sowie Hypotheken für das selbstbewohnte Wohneigentum zu vertreiben. Ferner ging es darum, alle möglichen Synergien im Logistikbereich konsequent auszunutzen. Als dritter wesentlicher Punkt gehört sicher die konsequente Kunden- und Marktausrichtung der Bank mit dazu.
Während andere Finanzdienstleister sich vom Allfinanz-Gedanken verabschiedet haben, haben Sie dieses Modell zusammen mit der Baloise erfolgreich umgesetzt. Weshalb funktioniert bei Ihnen, womit andere scheiterten?
Bei uns funktioniert der fokussierte Finanzdienstleister deshalb, weil wir führungsmässig integriert sind (ich bin dem Leiter des Konzernbereichs Schweiz, Martin Strobel, unterstellt und bin Mitglied in seiner Geschäftsleitung), weil dieser fester und selbstverständlicher Bestandteil unserer Strategie ist und vor allem auch deshalb, weil es uns gelungen ist, den Aussendienst auch für den Vertrieb von Bankprodukten zu motivieren und zu begeistern.
«Durch den Verkauf der standardisierten Bankprodukte und die Vermittlung von Hypotheken über den Aussendienst der Versicherung ist inzwischen ein Vertriebsvolumen von über 1,6 Milliarden Franken zustande gekommen.» Alois Müller, CEO Baloise Bank SoBa
Sie können Ihre Bankenprodukte über die 900 Verkaufsmitarbeitenden der Bâloise anbieten und so zusätzlich zu Ihren Filialen in der Nordwestschweiz eine nationale Abdeckung erreichen. Wie ist der Nutzen für die Baloise in dieser Zusammenarbeit, welches Versicherungsvolumen wird in Ihren 16 Niederlassungen und zwei Repräsentanzen generiert?
Selbstverständlich verkauft die Baloise Bank SoBa ihren Kundinnen und Kunden Versicherungsprodukte der Basler Versicherungen. Dies geschieht entlang einer Bedürfnisanalyse und betrifft vor allem die Risiko- und im Bereich der Anlageberatung die Kapital bildenden Lebensversicherungen. Die Sachversicherungen werden nach einem vorgegebenen Prozess an den Aussendienst vermittelt. Der für das Gesamtunternehmen viel grössere Nutzen ist jedoch der Verkauf der standardisierten Bankprodukte und die Vermittlung von Hypotheken über den Aussendienst der Versicherung. Darüber ist zwischenzeitlich ein Vertriebsvolumen von über 1,6 Milliarden Franken zustande gekommen.
Die Krise im Hypothekargeschäft in den USA hat auch bei den Schweizer Banken zu Verlusten geführt. Die Baloise Bank SoBa ist in der Nordwestschweiz vor allem im Hypothekargeschäft tätig. Was unterscheidet Ihr Geschäft vom Hypothekargeschäft in den USA und wäre eine solche Krise auch in der Schweiz möglich?
Diese Gefahr besteht nicht! Die Lehren aus den Verlusten und Abschreibungen aus der Krise anfangs der Neunzigerjahre sind gezogen und gesetzlich umgesetzt. Das Hypothekargeschäft in der Schweiz unterliegt strikten und vorsichtigen Bewilligungsregeln. Diese sind von der EBK vorgegeben.
Einen gewissen Spielraum für die einzelnen Geschäftsbanken gibt es zwar, doch ist dieser nicht so gross, dass unkontrollierte Risiken entstehen könnten. Ferner gibt es in der Schweiz, im Gegensatz zu den USA, nur eine, sehr bewährte und ausserordentlich sichere Verbriefung für die Refinanzierung, nämlich die Pfandbriefbanken. Im inländischen Hypothekargeschäft sind die Risiken keinesfalls mit den USA vergleichbar. Die Krise in den USA hat zweierlei Gründe: Erstens völlig überhitzte Immobilienmärkte und zweitens intransparente Verbriefung von Hypothekarforderungen mit zweifelhafter Kreditqualität in Form von derivativen Anlageprodukten wie zum Beispiel Collateralized Debt Obligations (CDO).
In den letzten vier Jahren konnten über 18’000 neue Kunden, vor allem über den Verkaufskanal der Baloise, gewonnen werden. Welche Zielsetzung haben Sie bezüglich der Ausweitung der Kundenbasis bis zum Jahre 2010 und wie wollen Sie dieses Ziel erreichen?
Wir haben eine klare Vision. Diese geht von 45’000 Kundinnen und Kunden bis Ende 2010 aus. Der Basler Aussendienst ist am Schweizer Markt hervorragend positioniert und verfügt über eine ausreichend grosse Kundenanzahl, um auf der Basis der aufgesetzten Prozesse und dem Produkteportfolio schrittweise und in verdaubaren Portionen, das anvisierte Ziel zu erreichen. Voraussetzung dafür sind nachgefragte Produkte, attraktive Provisionierung, ausreichende Schulung und selbstverständlich eine hohe Wertschätzung dieser tollen Vertriebsleistung.
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In einem in der Banken- und IT-Szene mit Spannung erwartetem Entscheid haben Sie eine neue Bankenplattform gewählt. Nach dem 1996 eingeführten BOSS Bankensystem von B-Source haben Sie den Schlussentscheid zwischen den Lösungen von Finnova und Avaloq zugunsten von Avaloq gefällt. Was waren die wichtigsten Gründe, welche zum Schluss für Avaloq sprachen und mit welchen Gesamtkosten rechnen Sie für dieses strategische Projekt?
Beide Anbieter verfügen über Bankenplattformen, die funktional die Bedürfnisse einer Retailbank absolut abdecken. Sie sind von der Funktionalität und von der Preisstellung vergleichbar. Mit Avaloq können wir die Komplexität des Gesamtsystems stärker reduzieren, weil wir weniger Umsysteme einsetzen müssen. Dadurch, dass Avaloq ausserordentlich marktgetrieben ist, sind nach heutiger Beurteilung die Prozesse durchgängiger (Straight Through Processing) unterstützt. Zudem verfügt das Software-Paket über ein grösseres Portfolio an Standardschnittstellen zu Drittsystemen, zum Beispiel im Bereich von teil- oder voll ausgelagerten Prozessen. Eine ganz wichtige Voraussetzung für den Entscheid war, dass sich die drei grossen Kantonalbanken, Luzerner KB, Thurgauer KB und St. Galler KB vor uns für Avaloq entschieden haben. Dadurch ist die durchgängige Retailfähigkeit gewährleistet. Ferner glauben wir, dass durch die starke Modularität im Aufbau der Software Avaloq für künftige Aus- und Umbauten effizienter ausgestaltet ist. Am Schluss hat vielleicht auch noch der Kultur-Fit eine gewisse Rolle gespielt. Die Investition ist hoch, sie lässt sich jedoch über einen vernünftigen Zeitraum rentabilisieren.
«Wir verfolgen mittelfristig ein Cost-Income-Ratio von nachhaltig unter 60. Einen wesentlichen Einfluss darauf wird die Einführung des Avaloq Banking Systems haben.» Alois Müller
Avaloq hat Ihnen für einen schnelleren Projektstart eine Vorkonfiguration das Bankensystems mit den Parametern der Luzerner Kantonalbank angeboten (LUKB Starter Kit). Wie hoch schätzen Sie die Zeit- und Kostenreduktion durch dieses Vorgehen ein und wie wichtig ist für Sie die Erfahrung andere Avaloq Kunden für die weitere Entwicklung?
Wie schon erwähnt, war für uns entscheidend, dass die drei grossen Kantonalbanken Avaloq alle bereits in Betrieb haben werden, wenn wir einführen. Dadurch ist die Retailfähigkeit gewährleistet. Der Starter Kit der LUKB wird uns helfen, einige Monate schneller einführen zu können. Der Nutzen liegt also sozusagen darin, dass wir nicht bloss einen Rohling, sondern einen weitgehend geschliffenen Diamanten kaufen.
Die Cost-Income Ratio (Betriebsaufwendungen in Prozent der Betriebserträge) als eine der zentralen Kenngrössen des Bankgeschäftes sank bei der Baloise SoBa in den letzten Jahren von 67 auf 61. Wo liegt hier das Ziel für die kommenden Jahre und welchen Einfluss soll die neue Bankenplattform von Avaloq auf die Cost-Income Ratio haben?
Wir verfolgen mittelfristig ein Cost-Income-Ratio von nachhaltig unter 60. Einen wesentlichen Einfluss darauf wird die Einführung des Avaloq Banking Systems haben. Die Kapitaleffizienz wird in unserem Fall jedoch höher gewichtet.
Verschiedene Kantonalbanken suchen neue Wachstumsgebiete ausserhalb der Kantonsgrenzen, zum Beispiel durch Übernahmeversuche (Glarner Kantonalbank), oder durch Eröffnung von Privatbanken-Filialen in anderen Kantonen. Sie selbst haben in Zürich und Lausanne ebenfalls Repräsentanzen für das Private Banking. Haben Sie weitere Pläne für geografisches Wachstum ausserhalb der Region Nordwestschweiz?
Mit unserem Geschäftsmodell sind wir über die ganze Schweiz tätig. In der Norwestschweiz (Viereck Basel-Aarau-Bern-Biel) können wir als regionale Universalbank die Marktposition weiter verbessern und über den Aussendienst der Versicherung die Marktpositionierung in der ganzen Schweiz noch signifikant ausbauen.
Zum Schluss des Interviews haben Sie zwei Wünsche frei, wie sehen diese aus?
Ich wünsche mir, dass es der Schweiz gelingen wird, die grossen und dringenden Themen, die den Wirtschaftsstandort Schweiz betreffen, konstruktiv und rasch einer nachhaltigen Lösung zuzuführen, damit die Wirtschaft ihren Spitzenplatz im internationalen Vergleich weiterhin behalten und gar ausbauen kann. Erst dadurch kann Wohlstand und sozialer Ausgleich gewährleistet werden. Und natürlich wünsche ich mir, dass ich gesund bleiben werde.
Alois Müller
geboren 1951, Schweizer Bürger, dipl. Bankfachmann und SKU-Absolvent.
Ausbildung:
– Kaufmännischen Grundausbildung
– 1971-1977 IBM: Ausbildung zum Programmierer/Analytiker und Informatik-Projektleiter
– 1977-1979 Ausbildung zum eidgenössisch diplomierten Bankfachmann
– 1988-1991 Ausbildung zum Verkaufs- und Kommunikationstrainer SWK (Bad Homburg)
– 1991 Sprachaufenthalt in Toronto
– 1997 Schweizerischer Kurs für Unternehmensführung (SKU) in Zürich
Berufliche Tätigkeiten (Solothurner Kantonalbank bzw. Solothurner Bank SoBa bzw. Baloise Bank SoBa):
– 1977-1988: Informatik-Projektleiter
– 1989-1991: Bereichsleiter Kundengelder, Retailbanking, Zahlungsverkehr Inland und Electronic Banking
– 1991-1993: Bereichsleiter Finanz und Retailbanking
– 1993-2002: Mitglied der Geschäftsleitung und Leiter des Departements Zentrale Dienste
– ab 1995 zusätzlich Leiter des Geschäftsbereichs Private Anleger/Vermögensverwaltung
– seit 2002: CEO der Baloise Bank SoBa und Mitglied der Geschäftsleitung Schweiz der Basler Versicherungen.
Zusätzlich ist er für die Führung folgender Bereiche zuständig:
– Controlling und Unternehmensplanung;
– Human Resource-Management;
– IT-Steuerung und Projekte;
– Rechnungswesen, ALM und Handel sowie
– Rechtsdienst und Compliance.
Baloise Bank SoBa
Die Basler Versicherungen und die Baloise Bank SoBa gehören in der Schweiz als fokussierte Finanzdienstleister zu den führenden Anbietern integrierter Lösungen in den Bereichen Versicherung, Vorsorge und Vermögensbildung für Privatkunden sowie kleinere und mittlere Unternehmen. Als viertgrösste im Schweizer Versicherungsmarkt tätige Gesellschaft mit Hauptsitz in Basel, zählt die Gruppe rund 3’100 Mitarbeitende, davon etwa 900 in der Verkaufsorganisation. Produkte in den klassischen Sparten der Versicherung werden zum Kundennutzen gezielt ergänzt durch Produkte und Dienstleistungen der Bank. Neben der persönlichen Betreuung durch Kundenberater und Finanzspezialisten von Versicherung und Bank bietet die Basler über ihr Servicecenter und über ihre Website direkten Zugang zu allen relevanten Bereichen einer umfassenden Finanzdienstleistung.