von Christa Spoerle
Herr Maeder, was hat Sie gereizt, im Februar 2009 CEO von Charles Vögele zu werden?
Da ich das Unternehmen bereits aus meiner Zeit als Einkaufschef kannte, wusste ich sehr gut, wo die Stärken und Schwächen liegen. Besonders gereizt hat mich das grosse Potenzial, das dieses Geschäftsmodell verspricht. Und nicht zuletzt kann ich auf sehr gute Kolleginnen und Kollegen bauen.
Der Markt zeigte sich im August etwas enttäuscht, dass Ihr neues Konzept keine grundlegende Richtungsänderung aufweist. Wo sehen Sie selbst die wichtigsten Schwerpunkte der neuen Strategie?
Das sehe ich anders. Wir haben in Zusammenarbeit mit dem Verwaltungsrat einen strategic review durchgeführt. Aus diesen Erkenntnissen haben wir bereits erste Massnahmen umgesetzt oder eingeleitet. Des Weiteren haben wir beispielsweise die Werbekampagne emotionalisiert und ein neues Ladenbaukonzept erstellt.
Wie weit ist das Internetprojekt schon gediehen? Wo wird da der Schwerpunkt liegen?
Wir befinden uns zurzeit in der Planungsphase und werden bereits im Herbst 2010 den Testlauf starten. Für mich ist der Absatzkanal E-Commerce wie ein Flagship Store, der einerseits ein repräsentatives, umfassendes Sortiment führt, andererseits als Imageträger dient.
«In den Hauptmärkten streben wir eine Verdichtung des Filialnetzes an, die Expansion in Osteuropa wurde zurückgenommen.»
Werden Sie einzelne Märkte z.B. in Osteuropa aufgeben? Welche Märkte sollen forciert bearbeitet werden?
Wir sprechen fortan nicht mehr von einzelnen Ländern, sondern von Regionen. Das gesamte Filialportfolio wird zurzeit in Bezug auf Standort- und Flächenoptimierung überprüft. In den Hauptmärkten streben wir eine Verdichtung des Filialnetzes an, die Expansion in Osteuropa wurde zurückgenommen.
Welches ist die Hauptzielgruppe in Ihrer Kundschaft? Wollen Sie daran was ändern?
Unser Unternehmen ist bereits optimal positioniert. In einem nächsten Schritt gilt es, das Profil zu schärfen. Unsere Hauptzielgruppe sind nach wie vor ganz klar Frauen, die über 35 Jahre alt sind.
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Wo sehen Sie persönlich Charles Vögele in den kommenden beiden Jahren?
Charles Vögele wird in 2-3 Jahren ein gut aufgestelltes, vertikales Unternehmen sein und in seinem Segment zu den führenden Unternehmen Europas zählen.
Sie wollen sich besser entwickeln als der Gesamtmarkt. Setzen Sie weiterhin auf grosse Preisnachlässe?
Wir sind in einem preisaggressiven Segment tätig. Das schliesst Preisnachlässe nicht aus. Unsere Hauptstrategie ist es aber, aktuelle und preiswerte Mode mit guter Beratung anzubieten.
Sie konnten trotz Verlust im ersten Halbjahr die Nettoverschuldung weiter senken. Wie geht es weiter? Wie verhalten sich die Banken gegenüber Charles Vögele?
Wir sind nach wie vor ein grundsolide finanziertes Unternehmen mit einer tiefen Nettoverschuldung. Der Verlust im ersten Halbjahr ist aufgrund der bis Ende März 2010 andauernden Bereinigung der Altware entstanden. Dies dient als Basis, um den Kollektionsrhythmus von 4 auf 8 Kollektionen pro Jahr zu erhöhen. Dadurch können wir ein stets aktuelles und trendigeres Sortiment auf der Verkaufsfläche präsentieren.
«Charles Vögele wird in 2-3 Jahren ein gut aufgestelltes, vertikales Unternehmen sein und in seinem Segment zu den führenden Unternehmen Europas zählen.»
Wo werden Sie weiter sparen, wo mehr investieren?
Ohne Expansion kein Wachstum. In diesem Zusammenhang möchte ich nicht von Sparen sprechen, sondern von Optimierung. Wir sind bereits ein sehr schlankes Unternehmen, achten aber nach wie vor auf die Kosten. Neue Standorte in den Regionen werden selektiv nach klar definierten Voraussetzungen eröffnet.
Was wird der Modetrend im kommenden Sommer sein?
Im Sommer werden wir viel Farbe sehen. Speziell die Damenmode wird geprägt von Stilelementen und Silhouetten aus den 80er-Jahren, die zeitgemäss umgesetzt wurden. Einzelteile und Materialmix wie Vintage-Optiken mit feinen, zarten Stoffen, bringen Spannung beim Kombinieren individueller Outfits. Must-haves sind dazu passende Accessoires.
Tragen Sie selbst Mode von Charles Vögele?
Selbstverständlich. Mein letzter Kauf waren Chinos und ein Blazer.
Herr Maeder, besten Dank für das Interview.
Zur Person
Der diplomierte Detailhandelskaufmann André Maeder ist seit Mitte Februar 2009 CEO der Charles Vögele Gruppe. Von 2004 ? 2008 war er Vorstandsmitglied bei Hugo Boss. In dieser Funktion zeichnete er für das globale Retail-Geschäft, das weltweite Lizenzgeschäft sowie für die Gesamtleitung von Hugo Boss in Nord- und Südamerika sowie Japan verantwortlich. Darüber hinaus war er für die Neupositionierung der Designermarke Hugo verantwortlich. Zuvor war André Maeder während knapp 2 Jahren stellvertretender Vorstandsvorsitzender der deutschen S. Oliver Group und während sieben Jahren in der Geschäftsleitung des Londoner Luxuswarenhauses Harrods. Zwischen 1989 und 1995 war er bereits bei der Charles Vögele Gruppe als Einkaufsleiter tätig.
Zum Unternehmen
Die Charles Vögele Gruppe ist ein europäisches Mode-Einzelhandelsunternehmen mit 851 Verkaufsniederlassungen in der Schweiz, Deutschland, Österreich, Belgien, den Niederlanden, Slowenien, Ungarn und Polen sowie in Tschechien. Im Geschäftsjahr 2008 wurden insgesamt 7 888 Mitarbeitende beschäftigt und ein Nettoumsatz von CHF 1 369 Mio. erwirtschaftet. Die Aktien der Charles Vögele Holding AG sind an der SIX Swiss Exchange kotiert.