Andrea Jörger, Palace Luzern: «Der positive Entscheid wird die Reisefreudigkeit aus den neuen EU Staaten ungemein erhöhen»

Von Helmuth Fuchs

Moneycab: Herr Jörger, Sie haben im Palace Luzern für 13 Millionen Franken einen neuen Spa-Bereich und neue Suiten und Zimmer im Westflügel erstellt. Wie wird diese Investition finanziert und welche Amortisationszeit sehen Sie vor?

Andrea Jörger: Die Finanzierung der Investitionen erfolgte über Bankdarlehen, beziehungsweise über die Muttergesellschaft Victoria-Jungfrau. Die Amortisationszeit beträgt maximal 10 Jahre (Abschreibungsdauer ca. 20 Jahre).

«Die Konkurrenzfähigkeit eines Hotels wird im Ausland zwangsweise über den Preis definiert. Jedoch gilt es auch festzuhalten, dass die Preise, gleiches mit gleichem verglichen, in der Schweiz gar nicht mehr höher sind als im benachbarten Ausland.» Andrea Jörger, Hoteldirektor Palace Luzern

Durch den Umbau haben Sie die Zimmerzahl von 168 auf 136 reduziert. Wie wirkt sich das konkret auf die Kosten- und Ertragsstruktur aus?

Diese Veränderungen haben wir natürlich in unseren Budgets entsprechend berücksichtigt und uns auch konkret Ziele gesetzt. Es ist im Moment zu früh, hier schon über unsere Erfahrungen zu berichten.

Während der Bauphase blieb das Hotel drei Monate lang geschlossen. Was haben Ihre Mitarbeiter in dieser Zeit gemacht?

Ein Grossteil der Mitarbeiter hat während der Schliessungsphase bezahlten oder auch unbezahlten Urlaub (Weiterbildungen, Schulungen) genommen. Es war jedoch stets auch eine konstante Mitarbeiterschaft in der Administration und im Verkauf tätig, um auch die Vorbereitungen für die Eröffnung zu treffen. Eine grosse Anzahl von Mitarbeitern hatte die Möglichkeit während dieser Zeit in anderen Betrieben oder in unserem Schwesterhotel, dem Grandhotel Vicotria-Jungfrau & SPA, wertvolle Erfahrungen zu sammeln.

Mit dem neuen PALACE SPA eröffnen Sie Ihren Gästen und den Luzerner nach dem Vorbild des Victoria-Jungfrau eine luxuriöse Wellness-Oase. Braucht es das heute, um die Gäste zu halten oder kann man sich damit neue Gästesegmente erschliessen?

Ein Wellness Angebot wird in einem 5-Stern Hotel heute vorausgesetzt. Das PALACE LUZERN ist stets bestrebt, sich immer weiter zu entwickeln. In Zukunft steht eine Oase der Ruhe und der Entspannung mit einem umfassenden Behandlungsangebot sowie einem Fitnessbereich zur Verfügung und dies nicht nur für Hotelgäste. Auch die LuzernerInnen und Tagesgäste aus anderen Regionen haben nun die Möglichkeit  unser neues Angebot zu nutzen.
 
Guglielmo Brentel hat nach seiner Wahl zum Präsident der Hotellerie Suisse gleich mal tiefere Preise gefordert, weil die einheimische Hotellerie international nicht mehr konkurrenzfähig sei wegen der hohen Waren- und Personalkosten. Stimmen Sie dem zu, oder sehen Sie andere Wege, auch international erfolgreich zu sein?

Die Konkurrenzfähigkeit eines Hotels wird im Ausland zwangsweise über den Preis definiert. Jedoch gilt es auch festzuhalten, dass die Preise, gleiches mit gleichem verglichen, in der Schweiz gar nicht mehr höher sind als im benachbarten Ausland. Eine nachhaltige Verbesserung der Ertragsverhältnisse ist nur über die Anpassung der hohen Waren- und Personalkosten an das Niveau im Europäischen Raum möglich.

In Zusammenarbeit mit Fachärzten und medizinischen Spezialisten bieten Sie Ihren Gästen einen so genannten «Swiss Clinic Checkup», eine gesundheitliche Standortbestimmung. In der Folge bekommen die Gäste dann Empfehlungen zur Verbesserung ihrer Lebensführung und ihres Aussehens. Wie weit möchten Sie mit diesem Programm gehen, wird das Palace zur Schönheitsklinik?

Dass das PALACE LUZERN dadurch zu einer Schönheitsklinik wird, möchte ich doch stark bezweifeln. Wenn Sie damit auf das Wohlbefinden unserer Gäste anspielen, die sich während ihres Aufenthaltes rundum verwöhnen lassen und von einer angenehmen Atmosphäre im Haus profitieren, um anschliessend erholt und glücklich nach Hause fahren, dann mag dies wohl einer Schönheitskur ähneln, hat aber mit der eigentlichen Schönheitsklinik nur wenig gemein.

In der Abstimmung wurde am Wochenende die «Ausdehnung des Personenfreizügigkeitsabkommens auf die neuen EU-Staaten» angenommen. Welche Auswirkungen kann die Abstimmung auf den Geschäftsverlauf im Palace haben?

Eine Ausdehnung des Personenfreizügigkeitsabkommens auf die neuen EU-Staaten wird – auf touristischer Ebene – mehr Vorteile bringen. Für Gäste aus den neuen EU-Staaten war eine Einreise in die Schweiz stets mit erschwerten Bedingungen und administrativem Aufwand verbunden. Ein positiver Entscheid wird hier die Reisefreudigkeit ungemein erhöhen. Schlussendlich geht es jedoch vor allem auch um das Image der Schweiz und die wirtschaftliche Entwicklung im Allgemeinen.


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Während einige Luxushotels in der Schweiz über längere Zeiten praktisch ausgebucht sind, ist doch das Wehklagen über die schlechte Situation des Tourismus unüberhörbar. Wo sehen Sie die Hotellerie und den Tourismus, welches sind die dringendsten Probleme, die gelöst werden müssen?

Hier auf alle Punkte im Detail einzugehen, würde den Rahmen des Interviews sprengen. Viele Rahmenbedingungen, politische und wirtschaftliche, können nicht direkt beeinflusst werden, obschon sie von uns allen und unseren Vertretern dringend aufzuarbeiten sind. Was jedoch jeder Einzelne in seinem Betrieb beeinflussen kann, ist die Qualität und die Kontinuität seiner Dienstleistung gegenüber dem Gast, der gebotene Erlebniswert und somit das Übertreffen der Erwartungen der Gäste. Der Ausrichtung und der Qualität der Produkte ist grösste Aufmerksamkeit zu schenken.

Während des diesjährigen «Lucerne Festivals» hatten Sie auch in Luzern mit den Auswirkungen der Überschwemmungen zu kämpfen. Wie hat sich das auf die Buchungssituation ausgewirkt, welche besonderen Massnahmen haben Sie für kommende Überschwemmungen getroffen?

Wir liegen mit dem PALACE LUZERN zwar in unmittelbarer Nähe des Sees, hatten jedoch bei den Überschwemmungen kürzlich viel Glück. Dank dem unermüdlichen Einsatz vieler Mitarbeiter konnte das Schlimmste verhindert werden und wir konnten den Hotelbetrieb uneingeschränkt aufrechterhalten. Das Hotel war für unsere Gäste jederzeit erreichbar und stand mit dem ganzen Komfort zur Verfügung.

Die Auswirkungen auf die Buchungssituation wurden von den Medien teilweise sehr stark beeinflusst oder gar hervorgerufen. So hatten Gäste den Eindruck, dass PALACE LUZERN gleiche einer schwimmenden Insel und sei nicht erreichbar. Dank aktiver Aufklärungen seitens Luzern Tourismus sowie durch uns, konnte die Sachlage richtig gestellt werden.

Das Palace Luzern hat dieselben Besitzer wie das Victoria-Jungfrau in Interlaken. Der neue Spa Bereich zeugt von einer guten Zusammenarbeit. Gibt es weitere Projekte in naher Zukunft, welche aus dieser Zusammenarbeit resultieren?

Die Zusammenarbeit ist ein laufender und unermüdlicher Prozess, der auf allen Ebenen unserer Unternehmung geführt wird. Immer mit dem Ziel vor Augen, unseren Gästen und Aktionären einen Mehrwert zu schaffen.


Seit Ihrem Start im Palace, im Jahre 1997 waren Sie vor allem auch als Bauherr gefordert. Nun scheint das Palace mit der gerade abgeschlossenen Bauphase einen sehr guten Stand erreicht zu haben. Welche Pläne stehen als nächstes zur Umsetzung an?


Mit den abgeschlossenen Bauarbeiten haben wir einen weiteren entscheidenden Schritt in die Zukunft getan. Wir sind bestens gerüstet und stellen heute unseren Gästen ein Produkt zur Verfügung, welches die Erwartung zu erfüllen und zu übertreffen vermag. Es gilt nun das neue PALACE LUZERN national, wie auch international, mit seinen neuen Produkten auf dem Markt einzuführen. Weitere Pläne zur Verbesserung unseres Angebotes sind natürlich bereits in der Entwicklung.


Zum Schluss des Interviews haben Sie noch zwei Wünsche frei, wie sehen diese aus?
Für das Hotel wünsche ich mir, dass das neue PALACE LUZERN mit seinen neuen Angeboten von unseren Gästen gut aufgenommen und ein voller Erfolg wird. Weiter wünsche ich mir, dass sich die Rahmenbedingungen wieder verbessern, welche die Reisefreudigkeit nachhaltig beeinflussen, das heisst Frieden und wirtschaftliche Prosperität.





Andrea Jörger
Geburtsdatum: 23. Juni 1961
Geburtsort: Chur
Zivilstand: Verheiratet


Diplome:
Diplôme commercial du canton du Valais
Eidgenössisches Handelsdiplom 1979
Diplom der Hotelfachschule Lausanne 1985


Berufliche Erfahrung:
25.02.85 ? 30.04.86: F & B Manager Hotel zum Storchen, Zürich
01.05.86 ? 30.04.87: Administrator Hotel zum Storchen, Zürich
01.05.87 ? 31.01.89: Administrator / Personalchef (Vizedirektor) Hotel zum Storchen, Zürich
01.02.89 ? 30.06.90: Berater Hotellerie/Gastronomie ABG Consulting AG, Regensdorf
01.08.90 ? 15.02.91: Unternehmensberatung Treuhand SWV, Zürich
01.03.91 ? 30.09.97: Direktor Hotel Ermitage am See, Küsnacht
seit 06.10.97 Direktor Palace Hotel, Luzern


Verbände:
Vorstand Luzern Hotels seit 06.2000
Vorstand Swiss Deluxe Hotels seit 07.2000

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