Andreas Gisler, CEO IVF HARTMANN Gruppe: «Die Medizintechnik-Industrie steht zunehmend im Spannungsfeld zwischen dem Kostendruck im Gesundheitswesen und den steigenden Aufwendungen zur Erfüllung der regulat

von Patrick Gunti


Die IVF HARTMANN Gruppe hat im Geschäftsjahr 2006 den Umsatz um 3.2% auf 107.4 (VJ 104.0) Mio. CHF gesteigert. Auf Stufe Betriebsergebnis resultierte ein Plus von 16.5% auf 6.63 (5.69) Mio. CHF, beim Konzerngewinn ein solches von 7.5% auf 4.75 (4.42) Mio. CHF.


Herr Gisler, welches sind die Hauptfaktoren des verbesserten Geschäftsergebnisses 2006?


Wir konnten auf dem Schweizer Markt und im Direktexport wachsen, vor allem bedingt durch innovative Produkte und Dienstleistungen. Auf der anderen Seite ist es uns auch gelungen, die dazu notwendigen Kosten optimal im Griff zu haben.


Was hat das Geschäftsumfeld der IVF HARTMANN Gruppe im Geschäftsjahr 2006 generell gekennzeichnet?


Im Bereich der Spitäler, Alters- und Pflegeheime sowie Spitex setzt sich der Trend zur Bildung von Einkaufsgemeinschaften fort. Im Apotheken- und Drogeriebereich ist eine zunehmende Bildung von Ketten- und Gruppenbildungen bemerkbar. Im Detailhandel sehen wir uns vermehrt mit Mitbewerbern aus dem Ausland konfrontiert.


Die Umsatzsteigerung von 3.2 % wurde vor allem im Geschäft in den traditionellen Kundensegmenten erreicht, also mit Spitälern, Alters- und Pflegeheimen und dem Fachhandel. Welche Verbesserungen wurden erreicht?


Wir versuchen, nebst dem Lieferant von Produkten im Bereich medizinischer Verbrauchsgüter vermehrt zu einem Produkt- und Dienstleistungspartner zu werden. Ein Beispiel dafür ist unser Operationssaal-Belieferungssystem, wo wir unsere Produkte nicht einfach ins Hauptlager des Spitals liefern, sondern direkt ins OP-Lagersystem des Spitals einlagern (inkl. Bestandesprüfung, Bestellaufnahme und Anbindung an den elektronischen Datenaustausch).



«Im Bereich der Spitäler, Alters- und Pflegeheime sowie Spitex setzt sich der Trend zur Bildung von Einkaufsgemeinschaften fort» (Andreas Gisler, CEO IVF HARTMANN Gruppe)


Wie kam es zum Umsatzrückgang im Geschäft mit dem Lebensmitteleinzelhandel?


Zum Umsatzrückgang kam es unter anderem durch Auslistung eines Teils unserer Produkte im Bereich Damenhygiene. Auf der anderen Seite konnten wir aber auch diverse Neueinführungen von Premium Private Label Produkten im Bereich Kosmetikwatte, Erste Hilfe und Babyhygiene platzieren.

Können Sie uns konkrete Angaben zu den Zielen für das laufende Geschäftsjahr machen?


Was nicht wächst, stirbt. So möchten wir auch in 2007 in unseren Kernsegmenten profitabel wachsen.


Das Investititonsvolumen ist letztes Jahr kräftig zurückgegangen. Weshalb?


In 2006 haben wir vor allem im Bereich der Automatisierung der Fertigung, des Erhalts der Infrastruktur und der Erhöhung der Arbeitssicherheit investiert. Zudem wurde eine neue Vertriebssoftware angeschafft. Im Vergleich zum Vorjahr haben wir 2006 keine ausserordentlich hohen, einmaligen Investitionen wie beispielsweise eine neue Maschine im Bereich Beschichtungstechnologie (2005) getätigt.


Wo legen Sie den Schwerpunkt der Investitionstätigkeiten im laufenden Jahr?


Wir legen auch in 2007 vor allem ein Schwergewicht auf die Rationalisierung/Automatisierung zwecks Effizienzverbesserung und Kostenreduzierung sowie auf die Erneuerung der Infrastruktur und die Erhöhung der Qualität und Arbeitssicherheit.


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Innovation ist für die Medtech-Branche von existenzieller Bedeutung. Wie sehr ist Ihr Unternehmen auf Innovation ausgerichtet?


Die IVF HARTMANN AG ist ein führendes Unternehmen im Bereich der medizinischen Verbrauchsgüter. Die 135-jährige Geschichte des Unternehmens ist geprägt durch die Einführung von innovativen Produkten, Dienstleistungen und Lösungen. Die Vielzahl von Ideen, die hohe Produkt- und Kundendiversifikation sowie die zunehmenden regulatorischen Anforderungen erforderten in jüngster Vergangenheit die Implementierung eines systematischen Prozesses für die Identifizierung und Bearbeitung von neuen Ideen. In einem kürzlich im io new management publizierten Artikel unseres Geschäftsleitungsmitglied Dr. Suk-Woo Ha wird detailliert beschrieben, wie in der IVF HARTMANN AG Innovationsmanagement betrieben wird. Grundsätzlich sehen wir Innovation als ein wesentliches Element der internen Wachstumsstrategie unseres Unternehmens. Darunter verstehen wir jedoch nicht nur Produktinnovationen, sondern auch Innovationen im Bereich der Marktbearbeitung oder der Prozessunterstützung bei unseren Kunden. Unser mittlerweile etabliertes Stationswagenbelieferungssystem in Alters- und Pflegeheimen verstehen wir beispielsweise als innovative Lösung, um es unseren Kunden zu ermöglichen, sich auf ihre Kernkompetenzen zu fokussieren.



«Unser Schwerpunkt im Bereich Forschung und Entwicklung liegt weniger im Bereich der Grundlagenforschung, sondern mehr in der markt- und kundenorientierten Produktentwicklung.» (Andreas Gisler)


Welche Anstrengungen unternimmt Ihr Unternehmen im Bereich von Forschung und Entwicklung?


Unser Schwerpunkt im Bereich Forschung und Entwicklung liegt weniger im Bereich der Grundlagenforschung, sondern mehr in der markt- und kundenorientierten Produktentwicklung. Erfolgsfaktoren unserer Entwicklungsabteilung sind «time-to-market» und stringentes Projektmanagement. Der Wettbewerbsdruck und die zunehmenden regulatorischen Anforderungen erfordern eine genaue Planung, viel Fachwissen und ein effizientes Umsetzen der Projekte. Unsere Führungskräfte in der R&D-Abteilung zeichnen sich genau durch diese Fähigkeiten aus. Zudem arbeiten wir im Rahmen der Produktentwicklung mit verschiedenen akademischen Instituten zusammen.


Wie beurteilen Sie generell die Situation der Medizinal-Technik-Branche in der Schweiz?


Die Medizintechnik-Industrie in der Schweiz umfasst über 500 Unternehmen und beschäftigt rund 40’000 Mitarbeitende. Aufgrund der demographischen Entwicklung und den stark zunehmenden Zivilisationskrankheiten gehört die Medizintechnik zu den zukunftsträchtigen Branchen. Somit wächst die Bedeutung der Medizintechnik-Branche zunehmend. Andererseits steht die Medizintechnik-Industrie zunehmend im Spannungsfeld zwischen dem Kostendruck im Gesundheitswesen und den steigenden Aufwendungen zur Erfüllung der regulatorischen Anforderungen. Zudem sind wir beispielsweise durch Fallpauschalen oder Einkaufsgemeinschaften in Spitälern zunehmenden Preisdiskussionen ausgesetzt. Dabei ist anzumerken, dass die Medizintechnik-Industrie mit einem Anteil von unter 5% an den Schweizer Gesundheitskosten bei weitem nicht der Kostentreiber im Gesundheitswesen ist. Ich denke, dass hier auch viel an Aufklärungsarbeit getan werden muss, um aufzuzeigen, dass die Medizintechnik-Industrie in der Schweiz einen wichtigen Beitrag leistet in der medizinischen Versorgung von qualitativ hochwertigen Produkten und Dienstleistungen.


Wie autonom von Ihrer Muttergesellschaft, der HARTMANN GRUPPE, können Sie operieren?


Wir sind eine 60% Tochter der HARTMANN GRUPPE in Deutschland. Die restlichen 40% sind an der SWX kotiert. Wir nutzen selbstverständlich die positiven Synergien mit der HARTMANN GRUPPE. Negative Berührungspunkte gibt es keine.


Sie haben die Führung der IVF HARTMANN Gruppe Anfang 2006 übernommen – mit welchen mittel- und langfristigen Zielsetzungen?


Meine Zielsetzung ist es, den Wert der IVF HARTMANN Gruppe auch in Zukunft nachhaltig zu steigern. Dazu wollen wir profitabel wachsen, unsere Kosten im Griff haben und unsere Mitarbeiterpotenziale fördern.


Herr Gisler, wir bedanken uns für das Interview.






Zur Person:
Andreas Gisler (44) war nach Studienabschluss zunächst von 1990 bis 1991 als Abteilungsleiter des internationalen Controllings der Metro AG tätig. Im Anschluss hatte er von 1991 bis 2002 die Funktion des Vizedirektors im Team Group Controlling der Grapha Holding AG inne. Schliesslich fungierte er in den Jahren 2002 bis 2003 als CEO/CFO der Swissray Medical AG. Seit 2003 ist Andreas Gisler CFO und HR Director der IVF HARTMANN Holding AG und der IVF HARTMANN AG. Seit Januar 2006 bekleidet er zusätzlich das Amt des CEO der IVF HARTMANN Holding AG und der IVF HARTMANN AG. Daneben ist er Präsident des Stiftungsrates der Personalvorsorgestiftung IVF HARTMANN AG und der Wohnbaugenossenschaft IVF HARTMANN AG. Seit 2004 ist er Geschäftsführer der PAUL HARTMANN Finance B.V. in Nijmegen (NL). Er ist zudem seit 1994 Mitglied des Verwaltungsrates der ERNI Enterprise Services AG.

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