Andreas Koopmann, CEO Bobst: «Wir überlegen, ob Bobst eine vierte Sparte dazunehmen sollte»
Moneycab: Herr Koopmann, die Strategie von Bobst soll demnächst überprüft werden und bis Ende Jahr initiiert werden. In welche Richtungen werden die Anpassungen zielen?
Andreas Koopmann
: Obwohl der Zeitpunkt noch ein wenig früh ist, kann ich soviel sagen: Bei der Strategieüberprüfung schauen wir, ob unsere heutige Tätigkeit mit den drei Sparten, Faltschachteln, Wellpappen und Folienverpackungen richtig für die Zukunft ist. Oder ob wir eine vierte Sparte dazunehmen sollten. Wenn ja, welche und wann. Daneben überlegen wir uns, wo wir die Akzente nach unserem Optimierungsprogramm GO legen wollen.Bobst verfügt über beträchtliche Finanzmittel, die für grössere Akquisitionen genutzt werden könnten. Wie weit liegt ist hier die Entscheidungsfindung, was weiter geschehen soll, Akquisition oder Ausschüttung schon gediehen?
Aufgrund der Strategie wird auch entschieden, welche Finanzmittel für unsere Zukunft benötigt werden. Dementsprechend wäre es möglich, dass der Verwaltungsrat eine ausserordentliche Ausschüttung zuhanden der GV wie 2001 beantragt. Dieser Entscheid wird Ende dieses Jahres / Anfang nächstes Jahr bekannt gegeben.
Gibt es denn überhaupt Möglichkeiten für Opportunitäten, falls man akquirieren möchte?
In den bestehenden Segmenten, speziell im Bereich Folienverpackung, gibt es noch Möglichkeiten. Damit könnten wir unsere Prozesse komplettieren und dadurch für unsere Kunden noch attraktiver werden. Diese Übernahmen sind aber nicht so gross, da es sich meist um mittelständische Unternehmen handelt. Sollten wir also gemäss Strategie in den angestammten Segmenten wachsen, geht es um Akquisitionen in der Grössenordnung von 50 bis 100 Millionen Euro.
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Während bei vielen Firmen der Service eine zunehmende Wichtigkeit erhält, was sich auch in der Vergrößerung beim Umsatz niederschlägt, sind die Zahlen für Bobst mehr oder weniger gleichbleibend. Ist das bei Bobst nicht so, respektive worin liegt der Grund dafür?
Doch, für uns ist die Servicetätigkeit von strategischer Wichtigkeit, weil unsere Kunden unter zunehmendem Kostendruck stehen. Hier haben wir auch die Möglichkeit, uns von unseren Mitbewerbern zu unterscheiden, vor allem mit unserer Weltmarktpräsenz. Auf den ersten Blick, da haben Sie recht, hat man schon den Eindruck, der Service sei stabil geblieben. Allerdings muss ich klar stellen: Wenn man 2006 die ausserordentlichen Devestitionen herausnimmt, ist der Serviceanteil um 7.9% gestiegen, während der Umsatz auf vergleichbarer Basis um 2.1% gewachsen ist. Wir wachsen also im Bereich Service überproportional, auch wenn das erst auf den zweiten Blick wahrnehmbar ist. Insgesamt wollen wir im Service weiterhin zulegen.
Die Verteilung bei den einzelnen Maschinen-Segmenten ist über die letzten Jahre stabil geblieben. So machte Faltkarton etwa 44%, Wellkarton etwa 36% und Folienverpackungen etwa 19% aus. Wäre es denkbar, dass man beispielsweise die Folienverpackungen zulegen könnte und wenn ja, was wären die Voraussetzungen dafür?
Nachdem wir im zweiten Semester des letzten Jahres dieses Segment auf stabile Füsse gebracht haben, wollen wir jetzt Wachstum generieren. Dieses Folienverpackungsmarkt stellt ja den grössten und schnellsten wachsenden Markt dar. Unser Marktanteil hier ist noch gering, weshalb wir hier grosse Chancen haben. Die beiden anderen Sparten werden zwar sicher noch Wachstum zeigen, aber nicht im zweistelligen Bereich.
Ab wann rechnen Sie damit, dass eine verstärkte Nachfrage aus den rasch wachsenden Volkswirtschaften Asien und China für Ihre Maschinen entstehen könnte?
Es ist so, dass man in diesen Emerging Markets schneller wachsen kann als wir wachsen, wenn man die Profitabilität nicht in d en Vordergrund stellt. Aber es ist unser erklärtes Ziel, so rasch wie möglich wachsen, aber profitabel. Zudem haben wir durch das lokale Gewerbe, das vor allem manuell fertigt lokale Konkurrenz. Wir erwarten im Bereich Wellpappenkarton erst in den nächsten fünf bis zehn Jahren eine Steigerung in der Nachfrage. Anders bei den Folienverpackungen, die man weniger von Hand fertigen kann. Hier werden die Investitionen schon vorher einsetzen. Im Faltschachtelgebiet sind wir heute schon der grösste ausländische Zulieferer und werden auch in diesem Gebiet weiter wachsen.
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Aus welchen Märkten erwarten Sie dieses Jahr die stärksten Impulse?
In Europa haben wir ein sehr ansprechendes Wachstum im Vergleich zu den letzten vier bis fünf Jahren. Nordamerika ist relativ gut unterwegs, so dass sich die reifen Märkte insgesamt erfreulich präsentieren. In den aufkommenden Märkten erwarten wir ebenfalls weiteres Wachstum.
Wie ist Bobst bis jetzt in bezug auf Umsatz und Ertrag unterwegs?
Unsere Guidance von einem Wachstum von 1% bis 3% können wir weiterhin bestätigen. Aufgrund der Marktsituation jedoch eher an der oberen als an der unteren Grenze. Mit GO haben wir zwei klare Ziele für 2007: Wir erwarten einen Nettoertrag von 90 Mio. CHF oder höher und eine Reduktion der Nettoverschuldung um 200 Mio. CHF. Und wir sind auf dem Weg, diese Ziele zu realisieren.
Die JBF Finance ist ein treuer aber wohl recht konservativer Hauptaktionär. Das macht die Aktie nicht gerade attraktiv, speziell für institutionelle Anleger. Sind Sie damit glücklich?
JBF Finance ist treu, aber nicht unbedingt konservativ. Für institutionelle Anleger, die gerne grössere Aktienpakete möchten, sind wir aufgrund des geringen Free-Float nicht so attraktiv. Trotzdem denke ich, dass wir für langfristige Investoren interessant sind und wir haben tatsächlich einige institutionelle Anleger, nicht zuletzt deshalb, weil wir regelmässig grössere Ausschüttungen haben.
Zur Person
Andreas Koopmann stiess, nach kürzeren Tätigkeiten für Bruno Piatti und Motor-Columbus, 1982 zu Bobst und durchlief verschiedene Funktionen. Seit 1995 ist er deren CEO. Der Maschinenbauingenieur ETH und Absolvent eines Nachdiplomstudiums als Master of Business Administration (MBA) am Imede in Lausanne sitzt im den Verwaltungsrat von Nestlé. Hinzu kommen Engagements im Vorstandsausschuss der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie Swissmem und im Advisory Board der CS Group. Der 56-Jährige spricht fliessend Französisch, Deutsch und Englisch.
Das Unternehmen
Die Bobst-Gruppe ist weltweit einer der führenden Anbieter im Anlagenbau und Service für die Verpackungsindustrie. Die Produkte werden in verschiedenen Ländern hergestellt und über ein in mehr als 50 Ländern bestehendes Vertriebsnetz verkauft. Die Unternehmensgruppe erzielte 2006 einen Umsatz von 1’604 Mrd. CHF.