Wer sagt, dass das Thema Mergers and Acquisitions tot ist? There’s never been a better time to buy, findet Andrew Mountfield.
von Andrew Mountfield
Es mag ja provokativ klingen, aber im Grunde ist die Gleichung doch ganz einfach: Je schwieriger die Zeiten, desto leichter lässt sich das Fundament für den künftigen Erfolg legen. Denn gerade jetzt machen Übernahmen Sinn – wenn man sie denn richtig anpackt. Fakt ist: Die Preisvorstellungen sind nüchtern geworden und eröffnen damit Chancen für Wachstum durch Akquisitionen. Tatsächlich ist das Thema heiss, nicht erst, seit es IBM Business Consulting Services gibt.
Zugegeben: Die öffentliche Debatte kreist immer noch um den Punkt: Scheitern nicht die meisten Fusionen? Für mich ist das die falsche Frage. Die richtige lautet vielmehr: Wer macht es besser als die anderen, und was können wir daraus lernen? Studien liefern eine verblüffende Antwort: Finanzinvestoren, so lautet die contraintuitive Erkenntnis, erzielen in der Regel höhere Renditen als die üblichen strategischen Erwerber, sprich: Unternehmen, die einfach andere Unternehmen kaufen.
Vorbild Finanzinvestor?
Wie kommt das? Ich habe in den vergangenen Monaten eine Reihe von Übernahmen und Fusionsversuchen verfolgen dürfen und dabei eine ganz persönliche Hypothese entwickelt: Vielleicht liegt die Überlegenheit von Finanzinvestoren bei Übernahmen ja daran, dass sie nur eines interessiert: der wirtschaftliche Erfolg.Da geht es nicht um Macht, Prestige, persönliche Eitelkeiten, alles sachfremde Motive, die man immer wieder als eigentliche Verursacher gescheiterter Fusionen im Verdacht hat.
Zu dieser Vermutung passt das Vorgehen der Finanzinvestoren: Typischerweise durchdenken sie nicht nur den Deal, sondern den Gesamtprozess von a bis z –bis hin zur Exit-Strategie. Nun erwerben klassische Unternehmen andere ja nicht in der Absicht, sie nach einer bestimmten Zeit wieder abzustossen. Aber vielleicht können sie gerade deshalb von den Finanzinvestoren lernen, wie man es richtig macht.
Bekanntlich gibt es nur zwei Sachen, die bei Fusion oder Übernahme schief gehen können. 1. Der Deal kommt nicht zustande. 2. Der Deal kommt zustande. Uns interessiert der zweite Fall. Was kann man nun von den Finanzinvestoren lernen, um dem Witz seine ungemütliche Pointe zu nehmen? Entscheidend ist der umsichtige Entwurf eines integrierten Prozesses und eine eherne Disziplin bei seiner Umsetzung. Dabei muss die Integration bereits vor dem Deal und nicht erst danach beginnen. Denn das verkürzt die Integrationsperiode nach dem Deal erheblich. GE Capital, bekanntlich ein M&A-Weltmeister,hat ca. 100akquirierte Unternehmen innerhalb von GE Capital untersucht und herausgefunden: Die Geschwindigkeit der Integration ist der Erfolgsfaktor, den man noch optimieren kann und muss.
Der CEO ist nicht der beste Integrationsmanager
Interessant war auch die Erfahrung zweier IT-Divisionen. Nach erfolgreichem Zusammenschluss und Ausrichtung auf den Drittmarkt wollte man die Position des Deal-Managers wieder auflösen. Die dann einsetzenden Friktionen führten zu einer raschen Korrektur des Beschlusses und zur Erkenntnis: Es braucht eine Person, die sich auch nach dem formellen Vollzug der Fusion „hauptamtlich“ für die Erreichung der definierten Integrationsziele einsetzt. Sie meinen, das sei doch Sache des CEO, nach dem Motto: „Wenn nicht das, was dann?“ Oft ist gerade der mit seiner ganzen Autorität die falsche Person. Es braucht jemanden, an den man sich ohne grossen Aufwand wenden und dem man auch „dumme“ Fragen stellen kann. Und der, ob mit interner oder externer Unterstützung, dem CEO auch unverblümt die Wahrheit über die ablaufenden Integrationsschritte sagt.
Wo ist meine Strategie verschwunden?
Klar: Die neue Organisationsform und die wichtigsten Führungspositionen müssen soschnell wie möglich bekannt sein. Das machen die wenigsten falsch. Wie aber steht es mit der neuen Strategie und ihrer Operationalisierung? So überraschend es klingen mag: Immer wieder stelle ich fest, dass die Vorstellungen, mit welcher Strategie man die künftige Einheit zum Erfolg steuern will, in der Organisation manchmal nur ansatzweise bekannt ist. Hier hilft die Balanced Scorecard. Sie bricht die obersten strategischen und finanziellen Ziele auf alle Ebenen herunter und hilft so, eine gemeinsame Führungssprache zu entwickeln. Die braucht es, damit jede Führungskraft die Erwartungen an sich und ihre Einheit mitentwickeln kann. Nur so wird Strategie kommunizierbar und motivierend.
Damit sind wir beim letzten und häufig empfindlichsten Punkt: dem Thema Kultur. Von Cisco sagt man, dass die Personalabteilung ein Vetorecht bei Firmenakquisitionen hat. Und das leuchtet bei diesem High-Tech-Unternehmen unmittelbar ein. Denn seine Wachstumsstrategie beruht in hohem Masse auf Akquisitionen und damit auf der erfolgreichen Integration von Wissensarbeitern, die auch die Zukunft von Cisco mitgestalten werden. Da verzichtet man lieber auf einen Deal als zu riskieren, dass sich die Kulturen der beiden Firmen nicht vertragen. Das kann man getrost verallgemeinern, auch für Nicht-High-Tech-Unternehmen:Wenn Kultur einer schnellen Integration im Weg steht, ist die Bereitschaft, notwendige Änderungen anzusprechen, Teil der Integrität, die Fusionen erfolgreich macht. Deshalb ist ein Integrationsmanager mit Mut und sozialer Kompetenz so wichtig. Denn oft sind es die kleinen, aber feinen Unterschiede im Alltag, die über Wohl und Wehe des Ganzen entscheiden.
Der Autor
Andrew Mountfield
Andrew Mountfield (40), gebürtiger Engländer, ist Berater bei IBM Business Consulting Services. Er hält eine Professur für strategische Unternehmensführung an der privaten Hochschule für Wirtschaft und doziert an der Hochschule St. Gallen sowie an der Strathclyde Graduate Business School in Schottland. Bei IBM Business Consulting Services (früher PwC Consulting) ist er seit rund zehn Jahren tätig, davor sammelte er Erfahrungen in der Pharmaindustrie und in der Strategieberatung.Kontakt:
andrew.mountfield@ch.ibm.com
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