Andrew Walo, CEO Centralschweizersische Kraftwerke

von Patrick Gunti


Herr Walo, die Centralschweizerische Kraftwerke AG hat ihre Gesamtleistung im Geschäftsjahr 2007/08 um 9,1 % auf 792,7 Mio. Franken gesteigert, EBIT (191,5 Mio. Fr.) und Reingewinn (168,8 Mio. Fr.) sind im Vorjahresvergleich aber zurückgegangen. Was sind die Gründe?

Im Vorjahr haben vorteilhafte Rahmenbedingungen, wie die gute Auslastung der Wasserkraftwerke und milde Temperaturen den Geschäftsgang begünstigt. Im abgeschlossenen Geschäftsjahr hat der erhöhte Stromverbrauch zwar die Gesamtleistung gesteigert, unser erhöhter Aufwand für die Strombeschaffung bremste aber wegen der hohen Grosshandelspreise den Geschäftsgang. Zu den Mehrkosten für Fremdstrombeschaffung kamen Projektaufwendungen zur Vorbereitung auf die Marktöffnung, so dass der Betriebsgewinn mit 192 Mio. CHF hinter dem Vorjahresergebnis zurückblieb. Darin enthalten sind zudem diverse Sondereffekte: Die Auflösung von Rückstellungen und den Verkauf von Liegenschaften, sowie die negative Performance des Stilllegungs und Entsorgungsfonds für Kernkraftwerke. Insgesamt sind wir mit dem bereinigten Unternehmensergebnis von 143 Mio. CHF aber zufrieden.

Welche Kundensegmente waren hauptsächlich für die deutliche Umsatzsteigerung verantwortlich?

Der Mehrverbrauch bei den Detail- und Grosskunden und auch bei den Weiterverteilern hat massgeblich zur Umsatzsteigerung beigetragen. Auch beachtlich ist die Zunahme um 10.7 Prozent im Installationsgeschäft.

Wie haben sich die negativ entwickelnden Finanzmärkte auf die Stilllegungs- und Entsorgungsfonds der Kernkraftwerke niedergeschlagen?

Der Stilllegungs- und Entsorgungsfonds der Kernkraftwerke ist ein staatlicher Fonds, dessen Performance nun auch unter der Finanzkrise gelitten hat. Anteilsmässig müssen wir diese Verluste mittragen und dies beeinflusst unser Resultat mit rund 30 Mio. CHF negativ.


«Wie sich aber der Absatz in den nächsten Monaten weiter entwickelt, können wir natürlich nicht sagen. Wahrscheinlich ist allerdings, dass die Performance der Stilllegungs- und Entsorgungsfonds einen weiteren negativen Impact haben wird.»


Die CKW AG will sich von einer 20,5%-Beteiligung an der Wasserwerke Zug AG trennen. Was sind die Gründe und wie weit sind die Verkaufsverhandlungen bereits fortgeschritten?

Wir konzentrieren uns auf das Geschäft mit Energie und den Installationen. Die Geschäftsfelder Gas und Wasser der Wasserwerke Zug passen nicht zu unserem Kerngeschäft. Die Chancen auf eine engere Verbindung in Form einer Erhöhung der Beteiligung sind zudem sehr gering. Schliesslich wollen wir die aus dem Verkauf resultierenden Mittel für unser Investitionsprogramm von 2 Mrd Franken einsetzen. Dies sind die Gründe, weshalb wir die Finanzbeteiligung an den WWZ veräussern wollen.. Wir verhandeln mit Interessierten, es ist aber noch nichts unterschriftsreif.

Von welcher Geschäftsentwicklung gehen Sie für das laufende Geschäftsjahr 2008/09 aus?

Wir stellen momentan eine absehbar zurückgehende Nachfrage bei den grossen Kunden fest. Einige von ihnen haben Kurzarbeit eingeführt. Wie sich aber der Absatz in den nächsten Monaten weiter entwickelt, können wir natürlich nicht sagen. Wahrscheinlich ist allerdings, dass die Performance der Stilllegungs- und Entsorgungsfonds einen weiteren negativen Impact haben wird.

Mit welchem Strompreis kalkulieren Sie das neue Jahr? Die CKW wollten den Strompreis für Gewerbe und Haushalte im Zuge der Strommarktöffnung per 1. Januar um durchschnittlich 18 Prozent erhöhen. Nach dem Veto der Politik ist das Ausmass der Strompreiserhöhungen aber weiterhin offen.

Die Preisaufschläge werden sicher kleiner ausfallen als ursprünglich angenommen. Wir brauchen aber noch die Entscheide von Swissgrid und der ElCom bevor wir die neuen Preise überhaupt rechnen können. Es gibt diverse Effekte und ein Teil der Einsparungen sind einfach Verlagerungen. Das macht es kompliziert, konkrete Angaben zu machen. Wir schätzen, dass sich die Aufschläge für Privathaushalte um mindestens einen Fünftel reduzieren werden. Aber wie gesagt, wir wissen es momentan schlicht nicht genau, und ein definitives Resultat unserer Berechnungen erwarte ich nicht vor März. Ab Januar werden wir Rabatte auf den im August 2008 kommunizierten Tarifen gewähren.

Können Sie die Aufregung um die Erhöhung der Strompreise verstehen und müssen sich die Stromproduzenten nicht den Vorwurf gefallen lassen, dass Sie die Gründe für den massiven Preisaufschlag nicht ausreichend kommuniziert haben?

Ich habe Verständnis für die Verärgerung. Im Nachhinein ist es sicher auch nicht richtig gewesen, der politisch gewollten, schnellen Umsetzung der im März vom Bundesrat beschlossenen Verordnung mit der Tarifpublikation Ende August nach zu geben. Hätten die Branchenunternehmen die geforderten 3-6 Monate mehr Zeit gehabt, so hätten sicher noch preisdämpfende Elemente eingefügt werden können um die grössten Preisanstiege abzufedern. Wir haben jedoch die Höhe der Preissteigerung sofort transparent kommuniziert und aufgezeigt. Im Herbst ist es uns jedoch nicht genügend gelungen, die Gründe für die Anpassungen zu kommunizieren, obschon wir im letzten Mai öffentlich informiert haben, dass auf die Zentralschweiz Mehrkosten im Netz von ca. 100 Mio. CHF zukommen. Diese werden durch den Systemwechsel im Netz verursacht – ein politischer Entscheid, gegen den wir uns im Vorfeld in allen Gremien eingesetzt haben, den wir aber im Rahmen des neuen Stromversorgungsgesetzes umsetzen müssen. CKW konnte ihr Netz vor dem Wechsel wesentlich günstiger betreiben – das kam vor allem den Grossverbrauchern zugute.

Welche zusätzlichen Aufwendungen entstehen der CKW durch die schrittweise Öffnung des Strommarktes?

Mehrkosten entstehen hauptsächlich im Netzbetrieb. Mit dem gesetzlichen Systemwechsel übernimmt swissgrid – die nationale Netzbetreiberin – neu den Betrieb des Höchstspannungsnetzes und es gilt neu ein schweizweit einheitlicher Netztarif, der deutlich über unserem bisherigen liegt. Dazu kommt, dass Swissgrid Reserven für einen sicheren Netzbetrieb – sogenannte Systemdienstleistungen – bereitstellen muss. Und als dritter Faktor kommt die kostendeckende Einspeisevergütung – eine Abgabe zur Förderung der neuen Energien, die auch Mehrkosten verursacht. Die Auswirkungen des Entscheids des Bundesrats zur geänderten Verordnung auf die Kunden und CKW selber sind zur Zeit nicht quantifizierbar. Hierzu müssen noch ElCom- und swissgrid-Entscheide abgewartet werden. Vor der Revision lagen die Mehrkosten bei rund 69 Mio. CHF – die rein durch die Umsetzung des Gesetzes entstanden sind. Für interne Projekte zur Vorbereitung der Marktöffnung haben wir zudem rund 11 Mio. CHF und für neue IT-System rund 20 Mio. CHF aufgewendet.


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Welche Strompreisentwicklung erwarten Sie über das nächste Jahr hinaus?

Der Markt ist momentan sehr volatil – eine kurzfristige Prognose ist deshalb sehr schwierig. Mittel- und langfristig zeigt die Tendenz des Strompreises nach oben. Es fehlen europaweit neue grosse Produktionskapazitäten und Strom wird immer häufiger ein Substitut für Öl. So verursachen Massnahmen zur Energieeffizenz und zur Verbesserung des Klimas oft einen höheren Stromverbrauch – ein gutes Beispiel sind Wärmepumpen, aber auch die zunehmende Entwicklung von elektrisch betriebenen Autos.


Die CKW will in den nächsten 10 Jahren über 2 Mrd. Franken in die Versorgungssicherheit investieren. Wie teilt sich dieser Betrag auf?

Wir planen rund 1,5 Mrd. für die Investition in den Ersatz der beiden Kernkraftwerke Beznau und Mühleberg. Zusätzlich investieren wir durchschnittlich pro 70 Mio. CHF in die Netzinfrastruktur – also insgesamt 700 Mio. CHF. Im Bereich der neuen Energien werden wir uns mit 100 Mio. CHF engagieren.


«Es wäre wünschenswert gewesen, wenn es eine gemeinsame Lösung der Branche gegeben hätte. Drei Projekte sind nicht optimal, aber es ist auch noch nicht zu spät für eine Einigung.»


Welche Projekte sind im Bereich erneuerbarer Energien geplant?

Da läuft einiges. In Malters baut unsere Tochtergesellschaft Steiner Energie nächstes Jahr ein Wasserkraftwerk mit einer Stromproduktion von 4.5 Mio. kWh – einem Energiebedarf von rund 900 Haushaltungen. Eine weitere Tochtergesellschaft, die Elektrizitätswerk Altdorf AG, wird ebenfalls nächstes Jahr das erste Biomassekraftwerk des Kantons Uri einweihen können. Unsere Abteilung «neue Energien», die bereits auf 4 Vollzeitstellen ausgebaut wurde, arbeitet zusätzlich an verschiedenen Projekten für kleinere Biomassen- und Holzkraftwerke. Auch ist ein zusätzliches Wasserkraftwerk im Entlebuch in Abklärung. Und ebenfalls im Entlebuch sind noch Windmessungen im Gang und wir hoffen auf erste verlässliche Messresultate bis im nächsten Frühling.

Rund 1,5 Mrd. Franken budgetieren Sie für eine 11-%-Beteiligung am geplanten Ersatz der Kernkraftwerke Beznau und Mühleberg. Zusammen mit den Plänen von Atel für ein neues KKW in Gösgen liegen derzeit Gesuche für drei neue Kraftwerke vor. Sie gehen selbst davon aus, dass der Ersatz der ab 2020 ausfallenden Produktionskapazitäten mit zwei KKW möglich ist. Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation?

Es wäre wünschenswert gewesen, wenn es eine gemeinsame Lösung der Branche gegeben hätte. Drei Projekte sind nicht optimal, aber es ist auch noch nicht zu spät für eine Einigung. Ich rechne damit, dass Axpo und Atel im ersten Halbjahr klären, wie die Projekte abgestimmt oder zusammengefügt werden könnten.

Herr Walo, herzlichen Dank für das Interview.





Zur Person:
Andrew Walo, geb. 1963, Chief Executive Officer CEO CKW, Mitglied der Konzernleitung Axpo Holding und Verwaltungsratsmitglied Swissgrid.

Berufstätigkeit

1991 – 1994
Forschungsassistent und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Zürich
1994 – 1999
Projekt- und Profitcenterleiter sowie General Manager im internationalen Gas- und Kombikraftgeschäft des ABB-Konzerns
1999 – 2001
Divisionsleiter im internationalen Gasturbinengeschäft des Alstom Konzerns
2001 – 2004
Geschäftsführer der SN Energie AG und der Kraftwerke Zervreila AG
seit 2004
Chief Executive Officer (CEO) von CKW und Mitglied der Konzernleitung Axpo Holding AG


Zum Unternehmen:
Die CKW-Gruppe ist die führende Energiedienstleisterin der Zentralschweiz. Sie versorgt über 200’000 Endkunden in den Kantonen Luzern, Schwyz und Uri mit Strom. Sie umfasst die Gesellschaften Centralschweizerische Kraftwerke AG, Elektrizitätswerk Altdorf AG, Elektrizitätswerk Schwyz AG sowie Steiner Energie AG, SicuroCentral AG und CKW Conex AG und ihren Tochtergesellschaften. Die Gruppe beschäftigt über 1’600 Mitarbeitende und ist seit 115 Jahren in der Zentralschweiz verankert. CKW ist an der Schweizer Börse SIX Swiss Exchange kotiert; Mehrheitsaktionärin ist die Axpo Holding AG. Im Geschäftsjahr 2007/08 betrug der Stromabsatz 5’422 Mio kWh.

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