Aon: Entwurf zur Reform der obligatorischen beruflichen Vorsorge

Aon: Entwurf zur Reform der obligatorischen beruflichen Vorsorge
(Bild: © Zerbor / AdobeStock)

Zürich – Obwohl das Volk in den Jahren 2010 und 2017 bereits zwei Revisionsvorlagen abgelehnt hat, ist angesichts der Herausforderung der steigenden Lebenserwartung und der historisch tiefen Zinssätze eine Senkung des Mindestumwandlungssatzes in der obligatorischen beruflichen Vorsorge unumgänglich.

Die zur Finanzierung des aktuellen Umwandlungssatzes von 6.8% erforderliche Mindestrendite liegt bei 5%, was im heutigen Anlageumfeld viel zu hoch ist. Das Ausmass dieses Ungleichgewichts führt zu ungewollten Solidaritäten und Umverteilungen zwischen den aktiven Versicherten und den Rentenbezügern und damit zu einer Minderverzinsung der Altersguthaben und einer Schwächung der Vorsorgeeinrichtungen und der 2. Säule allgemein.

Ziele der Reform
Der Bundesrat hat nun bis zum 27. März 2020 einen Entwurf für die Reform der beruflichen Vorsorge in die Vernehmlassung geschickt. Diese Vorlage übernimmt weitgehend einen am 2. Juli 2019 dem Bundesrat unterbreiteten Kompromissvorschlag der Sozialpartner (Travail.Suisse, Schweizerischer Gewerkschaftsbund und Schweizerischer Arbeitgeberverband). Ziel des Kompromisses ist es, den Umwandlungssatz senken zu können und gleichzeitig Ausgleichsmassnahmen vorzusehen, um das heutige Niveau der versicherten Renten zu erhalten.

Die Vorlage sieht eine einmalige Senkung des Umwandlungssatzes von 6.80% auf 6.00% vor. Mit dieser Senkung wird die erforderliche Mindestrendite von heute fast 5% auf circa 3.75% reduziert, ein Wert, der immer noch ehrgeizig ist.

Ein weiteres Ziel der Reform ist eine verbesserte Berücksichtigung der Situation von tiefen Einkommen, Teilzeitbeschäftigten und Mehrfachbeschäftigten. Dazu wird eine Halbierung des Koordinationsabzuges von 24’885 auf 12’443 vorgeschlagen. Mit der Halbierung erhöht sich der in der obligatorischen beruflichen Vorsorge versicherte Lohn und trägt so dem Versicherungsbedarf dieser Bevölkerungsgruppe besser Rechnung. Die Eintrittschwelle von 21’330 soll indessen unverändert bleiben.

Weiter beabsichtigt die Reform eine verbesserte Berücksichtigung der Situation der älteren Arbeitnehmer und die Schaffung von Bedingungen, die ihren Verbleib auf dem Arbeitsmarkt fördern. Es wird in der Tat oft erwähnt, dass die älteren Arbeitnehmer durch die zu steile altersabhängige Staffelung der Altersgutschriften benachteiligt sind, indem sie gegenüber den jüngeren Arbeitnehmern höhere Vorsorgekosten aufweisen. Die Altersgutschriftensätze sollen deshalb ebenfalls angepasst werden. Für die Altersgruppe 25 bis 44 ist ein Satz von 9% und ab Alter 45 ein Satz von 14% vorgesehen. Die Verkleinerung der Spannweite der Staffelung der Gutschriftensätze bezweckt eine Reduzierung der Kostenunterschiede der verschiedenen Altersgruppen und den Verbleib der älteren Arbeitnehmer im Wirtschaftskreislauf.

Rentenzuschlag
Schliesslich ist die Ausrichtung eines Rentenzuschlags an alle zukünftigen Bezügerinnen und Bezüger einer Rente der beruflichen Vorsorge vorgesehen, unabhängig der Höhe ihrer Rente und selbst dann, wenn diese die obligatorische Vorsorge übersteigt. Der Rentenzuschlag soll CHF 200 pro Monat betragen für Personen, die in den ersten fünf Jahren ab Inkrafttreten der Reform pensioniert werden (1. – 5.), CHF 150 pro Monat für die nachfolgenden 5 Jahrgänge (6. – 10.) und CHF 100 für die 5 folgenden Jahrgänge (11. – 15.). Ab dem 16. Jahrgang soll die Höhe des Rentenzuschlags jeweils pro Kalenderjahr vom Bundesrat festgelegt werden. Die Hinterlassenenrenten sind vom Rentenzuschlag nicht berührt.
Die Finanzierung des Rentenzuschlags beruht auf dem Umlageverfahren, analog dem Finanzierungssystem der AHV. Diesbezüglich sieht die Vorlage die Erhebung eines Beitrags von 0.5% auf dem AHV-pflichtigen Erwerbseinkommen der Versicherten der Vorsorgeeinrichtung vor, wobei mindestens die Hälfte vom Arbeitgeber finanziert wird. Für die Erhebung der Beiträge und die Überweisung an den Sicherheitsfonds sollen die Vorsorgeeinrichtungen zuständig sein, wohingegen der Sicherheitsfonds die Vorsorgeeinrichtungen, welche Rentenzuschläge ausrichten, entschädigt. Die Erhebung könnte administrative Komplikationen in sich bergen, da sich das den Vorsorgeeinrichtungen gemeldete Einkommen nicht systematisch mit dem in der AHV versicherten Einkommen deckt.

Gründe für einen Kompromiss
Das Thema Rentenzuschlag und dessen Finanzierung wird wahrscheinlich im Mittelpunkt der Reformdebatte stehen. Die Finanzierung im Umlageverfahren in der 2. Säule, die Ausrichtung eines Rentenzuschlags an Arbeitnehmer, deren Vorsorge nicht von der Reform betroffen ist, sowie die Frage der Erhebung der Beiträge durch die Vorsorgeeinrichtungen sind alles Elemente, die bereits Kritik hervorgerufen haben. Dass diese Kritik kommt, ist nachvollziehbar; die Reformvorlage ist aber ein Kompromiss und ihre zentralen Ziele dürfen hier nicht vergessen werden: die Senkung des Umwandlungssatzes, die Aufrechterhaltung des Leistungsniveaus und die Verbesserung der Vorsorge für Personen mit tiefen Einkommen.

Die Kosten für die Umsetzung der Reform werden auf 2.7 Mia. Franken geschätzt (auf der Grundlage der Situation von 2019).

Dieser Kompromiss stösst in der Schweiz nicht auf Einstimmigkeit. In den letzten Monaten wurden weitere Vorschläge eingereicht (namentlich durch: Schweizerischer Gewerbeverband, Schweizerischer Pensionskassenverband und vor kurzem durch: den Schweizerischen Baumeisterverband, die Swiss Retail Federation und die Arbeitgeber Banken). Alle vorgeschlagenen Projekte weisen gegenüber der Revisionsvorlage Vor- und Nachteile auf und widerspiegeln die Anliegen ihrer Autoren.

Datum des Inkrafttretens
Eine Reform ist notwendig und wird nicht alle zufrieden stellen können. Das Ergebnis wird eine Kompromisslösung sein, die aus den zahlreichen erwarteten Debatten hervorgehen wird. Es ist schwierig, den legislativen und politischen Zeitplan vorherzusagen, doch es erscheint zum jetzigen Zeitpunkt realistisch, dass die Reform frühestens 2024, aber wahrscheinlicher nicht vor 2025 in Kraft treten könnte. (Aon/mc/ps)

Über Aon plc
Aon plc (NYSE:AON) ist eine führende globale Dienstleistungsfirma, die eine grosse Auswahl an Lösungen in den Bereichen Risikomanagement, berufliche Vorsorge und Gesundheit bietet. Unsere mehr als 50’000 Mitarbeitenden verhelfen ihren Kunden in über 120 Ländern zu mehr Erfolg. Mit unseren eigenen Daten und Analysen liefern wir die Erkenntnisse, mit denen die Volatilität gesenkt und die Performance gesteigert werden kann.
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