Apple greift mit neuem iPhone an

Der neue Bildschirm habe vier Mal so viele Pixel wie bisher. Die höhere Auflösung sorgt für deutlich schärfere Bilder, wie der Apple-Chef im Vergleich zum Vorgängermodell iPhone 3GS demonstrierte. «Wir denken, das wird den Standard setzen und niemand wird daran herankommen», geizte Jobs nicht mit grossen Worten.


Zweite Kamera für Videochats
Wie erwartet hat das iPhone 4 auch eine zweite Kamera auf der Bildschirm-Seite für Videochats bekommen. Jobs demonstrierte die Funktion mit dem Namen FaceTime – die in diesem Jahr vorerst nur über WLAN verfügbar sein wird – mit einem Videotelefonat mit seinem Chefdesigner Jonathan Ive. Die Auflösung der Hauptkamera wurde von 3 auf 5 Megapixel erhöht. Eine neue Software zum Videoschnitt ist auch verfügbar. Analyst Michael Gartenberg zeigte sich von der FaceTime-Demo mächtig beeindruckt: «Es gibt keine Einrichtung und keine Konfiguration», sagte er nach der Präsentation. «Es gibt kein Echo auf der Leitung. Audio und Video sind vollständig synchronisiert. Kurz gesagt: Es funktioniert einfach.»


Kantigeres Aussehen
Das Telefon hat ein verändertes, etwas kantigeres Aussehen im Vergleich zu bisherigen iPhone-Varianten. Jobs verglich das Design des neuen iPhones mit dem einer Leica-Fotokamera. Es sei das bisher dünnste Smartphone, sagte er. Das Herzstück ist der von Apple selbst entwickelte Prozessor A4, der zuerst im neuen Tablet-Computer iPad zum Einsatz kam. Dadurch soll sich auch die Batterielaufzeit verlängern. Das neue Betriebssystem iOS4 ermöglicht den gleichzeitigen Betrieb mehrerer Programme. Als dritte Suchmaschine nach Google und Yahoo wird Microsofts Bing hinzugefügt.


Prototyp abhanden gekommen
Mit der Präsentation bestätigte sich auch, dass einem Apple-Programmierer vor einigen Wochen tatsächlich ein produktionsnaher Prototyp des neuen iPhone abhanden gekommen ist. Deshalb hatten alle erstmals schon lange vor der Produktvorstellung ein Bild von dem neuen Gerät. Apple habe eineinhalb Jahre an dem iPhone 4 gearbeitet, sagte Jobs.


Marktanteil von 22 % am E-Book-Markt
Zum Auftakt überschüttete Jobs das Publikum mit weiteren Zahlen zum iPad, das sich in den ersten zwei Monaten zwei Millionen Mal verkaufte. So seien in dieser Zeit fünf Millionen elektronische Bücher für das Gerät abgesetzt worden – das bedeute einen Anteil von 22 Prozent am E-Book-Markt. Mit der neuen Version der iBooks-Software werde man beim Lesen eines digitalen Buchs nahtlos zwischen iPhone, iPad oder iPod touch wechseln können.


35 Mio. Downloads für iPad
Die inzwischen 8500 Programme für das iPad seien bisher 35 Millionen Mal heruntergeladen worden, sagte Jobs. Neu für das Gerät wurde unter anderem das vor allem beim Online-Netzwerk Facebook populäre Spiel Farmville angekündigt. Jobs kündigte für den 1. Juli auch den Start von Apples Plattform iAds an, mit der der Konzern an der Werbung auf seinen mobilen Geräten mitverdienen will.


Apple rüstet sich mit neuem iPhone gegen Google-Androiden
Bei der Vorstellung des ersten iPhones im Januar 2007 sass Google-Chef Eric Schmidt noch als Ehrengast in der ersten Reihe des Moscone Centers in San Francisco. Als Mitglied des Apple-Aufsichtsrats konnte Schmidt damals bereits absehen, wie Apple-Chef Steve Jobs mit seinem neuartigen Smartphone die Mobilfunkbranche durcheinanderwirbeln sollte. Gut drei Jahre später ist aus dem Verbündeten Google klar der Apple-Wettbewerber Nummer eins geworden, noch vor Microsoft, Nokia und Research In Motion (RIM).


Entwickler sollen Apple die Treue halten
Eine ganze Armada von Smartphones mit dem Google-Betriebssystem Android ist angetreten, die Marktführerschaft im Mobilfunkmarkt zu erobern. Apple will sich diesem Vormarsch mit dem runderneuerten iPhone 4 in den Weg stellen. Apple-Chef Jobs ging es bei der Präsentation denn auch nicht nur darum, ein neues Spielzeug für Technikverliebte zu präsentieren. Er möchte den Entwicklern im Saal deutlich machen, dass es sich lohne, Apple die Treue zu halten und nicht ins Google-Lager zu wechseln. Die Programmierer sollen weiter Anwendungen («Apps») für Geräte von Apple schreiben und sich dabei eine goldene Nase verdienen. Fünf Milliarden Apps seien inzwischen heruntergeladen worden. Von den Erlösen habe Apple eine Milliarde Dollar an die Entwickler ausgeschüttet, betonte Jobs. Mit dem mobilen Werbesystem iAd will Apple diesen Kuchen, der mit den Entwicklern geteilt wird, noch vergrössern.


Bing schon bald als Standard-Suchanbieter?
Der Apple-Chef setzte Google einen weiteren Warnschuss vor den Bug: Auf dem iPhone kann künftig auch Bing von Microsoft als Suchmaschine genutzt werden. Standard-Suchanbieter bleibt zwar vorerst Google, aber das kann sich schnell ändern. Und da das iPhone derzeit die am häufigsten genutzte Plattform für das mobile Surfen im Web ist, hat die Entscheidung von Apple unmittelbare Auswirkungen auf den Geschäftserfolg von Google im Mobilfunksektor.


Keine Reaktion auf Google-Einstieg ins TV-Geschäft
Unbeantwortet liess Jobs an diesem Tag den jüngsten Vorstoss von Google ins Fernsehgeschäft. Der Internet-Konzern hatte im Mai auf seiner Entwicklerkonferenz «I/O» eine neue Plattform angekündigt, die nicht weniger als «die Zukunft des Fernsehens verändern» soll. Google wolle in Kooperation mit Firmen wie Sony , Intel und Logitech «das ganze Web ins Fernsehen bringen», versprach Projektleiter Rishi Chandra.


Wer als Antwort darauf eine Erneuerung der Settop-Box Apple TV erwartet hatte, wurde enttäuscht. Kein Wort von Jobs in dieser Sache. Allerdings hatte er schon im Vorfeld angedeutet, das Thema Fernsehen habe für ihn derzeit weniger Bedeutung. Auf der Technologie-Konferenz D8 hatte der Apple-Chef in der vergangenen Woche erklärt, das Geschäftsmodell der TV-Industrie lasse im Moment kaum Platz für Neueinsteiger aus der Tech-Branche. Das werde auch Google in ein paar Monaten feststellen. (awp/mc/pg/33)

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