Auch der interministerielle Bürgschaftsausschuss werde sich noch in dieser Woche erneut mit den von Arcandor beantragten Hilfen befassen. Arcandor hofft auf rasche Hilfszusagen. Der Konzern und seine Banken haben eine Staatsbürgschaft von 650 Millionen Euro und einen Kredit über 200 Millionen Euro beantragt. Der Lenkungsausschuss hat das letzte Wort bei Fällen von grundsätzlicher Bedeutung und bei höheren Summen. Die Top-Staatssekretärsrunde stützt sich dabei auch auf Empfehlungen eines «Lenkungsrates» aus «anerkannten Persönlichkeiten» sowie auf Gutachten von Wirtschaftsprüfern.
Hilfen heftig umstritten
Zwischen Union und SPD sind Hilfen für Arcandor heftig umstritten. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) dämpfte am Dienstag die Hoffnung von Arcandor auf staatliche Hilfen nach dem Opel-Vorbild. Sie lehnte eine Vorzugsbehandlung für das Kaufhaus- und Reiseunternehmen (Karstadt, Quelle, Thomas Cook) ab und stellte klar, dass der Autobauer Opel ein besonderer Fall gewesen sei. Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hatte in der «Bild»-Zeitung (Dienstag) eine vorbehaltlose Prüfung des Arcandor-Antrags auf staatliche Unterstützung zugesagt. Zugleich bekräftigte aber auch er seine Skepsis gegenüber Versprechungen staatlicher Unterstützung. Arcandor pocht derweil auf eine «faire Gleichbehandlung». Auch Opel sei vor dem Ausbruch der Krise nicht kerngesund gewesen, sagte ein Arcandor-Sprecher. Trotzdem bekomme das Unternehmen Geld. Der Staat habe mit Förderprogrammen wie der Abwrackprämie zudem die produzierende Industrie erheblich gestützt, den Handel aber nicht.
Bürgschaftszusage bis 12. Juni notwendig
Arcandor braucht die Bürgschaftszusage bis zum Auslaufen eines überlebensnotwendigen Kredits am 12. Juni, ansonsten droht das Aus. Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick warnte in der Tageszeitung «Die Welt» (Dienstag) vor den Kosten einer Insolvenz: Ein Konkurs würde mindestens eine Milliarde Euro kosten, allein schon durch den Verlust von Steuereinnahmen, Sozialabgaben sowie die Zahlung der Gehälter durch die Bundesagentur für Arbeit. Hinzu kämen Folgekosten für die betroffenen Zulieferer. «Was für die Finanzbranche die Insolvenz von Lehman Brothers war, wäre für den Handel die Insolvenz von Arcandor. Nämlich ein Riesenfehler», sagte Eick der Zeitung.
«Bürgschaft kostet Steuerzahler nichts»
Eick zeigte sich überzeugt davon, dass die Arcandor-Sanierung auch dank des erheblichen Beitrags von weiteren 350 Millionen Euro von Eigentümern, Vermietern, Zulieferern und anderen Partner gelingen werde. Die Bürgschaft werde den Steuerzahler keinen Cent kosten, weil sie nicht abgerufen werde, so Eick.
Eigner gehen mit weiteren 100 Mio Euro ins Risiko
Dass nach Meinung von Kritikern zunächst die Eignerfamilien Schickedanz und Oppenheim Geld zuschiessen sollten, bevor nach dem Staat gerufen werde, nannte ein Arcandor-Sprecher «in Teilen populistisch». Schickedanz habe 2005 den Konzern durch massives Investment gerettet, die Sal. Oppenheim-Bank sei 2008 zur erneuten Rettung des Unternehmens eingestiegen. Beide Eigner hätten sich jetzt bereit erklärt, mit weiteren 100 Millionen Euro ins Risiko zu gehen. Ausserdem verfügten die Eignerfamilien angesichts der Wirtschaftskrise sicher nicht mehr über die Milliardenvermögen.
«Kein Verkauf von Thomas Cook»
Auch einen Verkauf der Ertragsperle Thomas Cook kommt nicht in Frage. Gegenüber der Zeitung «Welt» räumte Eick ein, dass die Thomas Cook-Anteile ohnehin bereits an die Banken verpfändet seien. Diese würden aber nicht auf einen Verkauf drängen, da derzeit an der Börse kein angemessener Erlös zu erzielen sei. Mit dem Betrag könnten wahrscheinlich noch nicht mal die Altschulden Arcandors bei den Banken in Höhe von 960 Millionen Euro gedeckt werden.
Fusion keine Alternative zu Staatsbürgschaft
Die Vorschläge des Konkurrenten METRO zu einer Deutschen Warenhaus AG durch eine Zusammenführung der Töchter Karstadt und Kaufhof lehnt Eick «nicht grundsätzlich» ab, «obwohl ich glaube, dass zwei Warenhauskonzerne in Deutschland bestehen können». Eine Alternative zur Staatsbürgschaft sei die Warenhaus AG aber nicht. Die Chefs beider Konzerne haben ein erneutes Gespräch vereinbart, sagte der Arcandor-Sprecher. Am morgigen Mittwoch werden zudem wieder Arcandor-Beschäftigte auf die Strasse gehen. Diesmal wollen Beschäftigte des Versenders Quelle in Nürnberg demonstrieren. In den zurückliegenden Tagen wurden von Arcandor-Mitarbeitern bereits 800.000 Unterschriften gesammelt. (awp/mc/ps/12)