«Für dieses Desaster sollte Vorstandschef Thomas Middelhoff die Verantwortung übernehmen und seinen Posten räumen», forderte die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) am Freitag. Der Essener-Konzern, der am Mittwoch mit widersprüchlichen Meldungen das Chaos ausgelöst hatte, schwieg auch am Freitag beharrlich zu seinen weiteren Plänen und liess viele Anleger ratlos zurück.
Möglicher Verkauf der Touristik-Tochter Thomas Cook
Einem Bericht der «Frankfurter Allgmeinen Zeitung» zufolge trifft sich der Aufsichtsrat des Unternehmens bereits am Sonntag, um über einem möglichen Verkauf der Touristik-Tochter Thomas Cook zu beraten. Ein Arcandor-Sprecher wollte dies nicht kommentieren. Der Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Marc Tüngler, sagte: «Die Ungewissheit ist für viele das Schlimmste.» Er verwies auf die zahlreichen Anrufe von Anlegern, die um ihre Investments bangen. Jeder Tag ohne eine Stellungnahme von Arcandor sei in dieser Situation eine Höllenqual für die Aktionäre.
Aktie unter zwei Euro
Die Aktie rutschte am Freitag erneut deutlich ab. Kurz vor Handelsende gab sie 22,80 Prozent auf 1,93 Euro nach. Seit Mittwochabend verlor sie damit knapp 46 Prozent ihres Wertes. Ausgelöst hatte den Rutsch eine irreführende Kommunikationspolitik Arcandors. Der Konzern hatte zunächst am Mittwoch verkündet, sich mit den Gläubigerbanken über dringend benötigte Kredite geeinigt zu haben. Spekulationen, wonach die Banken als Pfand Anteile der Tochter Thomas Cook verlangten, wurden vom Konzern dementiert. Die Aktie schoss daraufhin um zeitweise 20 Prozent in die Höhe.
«Möglicherweise doch von Beteiligungen trennen»
Am Abend teilte Arcandor per Pflichtmitteilung mit, dass sich der Konzern möglicherweise doch von Beteiligungen trennen müsse. Diese Nachricht wirkte auf die Börse wie ein Schock. Da Thomas Cook auch derzeit der einzige Ertragsbringer im Konzern ist, löste die Nachricht über einen möglichen Verkauf gleichzeitig Spekulationen über ein drohendes Ende des Konzerns aus. Vor vier Jahren hatte das Unternehmen noch unter seinem alten Namen KarstadtQuelle schon mal kurz vor dem Zusammenbruch gestanden.
BaFin untersucht Vorgang
Die Kurskapriolen riefen auch die Finanzaufseher auf den Plan. «Wir schauen uns das an, sowohl unter Ad-hoc-Gesichtspunkten als auch den Handelsverlauf der vergangenen Tage», sagte eine Sprecherin der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Es handele sich um eine routinemässige Überprüfung. Derzeit sei noch keine Entscheidung darüber gefallen, ob eine Untersuchung eingeleitet werde. (awp/mc/gh/34)