An schönster Seelage im Liegestuhl in ungezwungener Atmosphäre entspannt an einem Drink nippen , danach ein tolles Essen mit fantastischen Weinen geniessen, den Abend in den lebensfrohen Farben des Zimmers beenden. Und Alles zu mehr als fairen Preisen, auch im Winter, wenn das Tessin gemächlicher und stiller wird: Das Dellago in Melide.
Von Helmuth Fuchs
Ausblick im Tessin (Foto: Claudia Müller)
Der langsame Puls des Winters
Für einmal darf Alles anders sein. Nördlich des Gotthards scheint die Sonne, ein klarer Wintertag. Die Musikanlage bleibt diesmal stumm. Die Strasse hat ihre eigene Musik, ihren eigenen Rhythmus. Die sich dauernd ändernde Beschaffenheit der Unterlage, kleine Löcher, Übergänge zwischen Betonplatten, Risse im Asphalt sorgen für eine erstaunliche Symphonie. Es entsteht eine eigene Stille in diesem Grundrauschen. Am südlichen Ende des Tunnels empfangen mich tief hängende Wolken und Nebelfetzen. Alles wird gedämpft. Unter der Wolkendecke herrschen Grautöne. Das Tessin an diesem Wintertag hat nichts von der aufgekratzten Lebensfreude des Sommers, sein Puls ist weicher und langsamer. Die Einwohner sind mehr unter und bei sich, was eine fast beschauliche und wohltuende Qualität hat. Die ganze Szenerie erinnert an frühe Schwarz-Weiss-Filme. Das Auge schaut weniger fokussiert und nimmt dadurch mehr wahr.So wird die Fahrt zu einem ruhigen Gleiten durch eine Landschaft, die nach oben hin nach zwei Dritteln einfach endet. Darüber die dichte Wolken- und Nebeldecke. Die Gegend um das Hotel Art del Lago ist auf seltsame Art zeitlos. Gebäude aus allen Epochen der letzten 200 Jahre, übermalen, umgebaut, erweitert, aber überall blitzt Ursprüngliches auf. Alle Klischees und Bilder werden wach und bedient: das romantische Dorfes am See, die leicht verwahrloste Verlassenheit einer besseren Zeit, die südliche Lebensfreude und Improvisationslust. All das umgibt das Hotel und prägt auch das Haus.
Echtheit im TheaterdekorBei der Ankunft sitzt René Probst mit einigen Mitarbeiterinnen an der Planung für die nächsten Tage. Schon diese erste Szene zeigt, was das Art del Lago speziell macht. Junge Leute, die mit einem echten Feuer die Gäste verwöhnen wollen, in einer absolut ungezwungenen Atmosphäre. René Probst serviert selbst gleich einen mit viel Achtsamkeit hergerichteten Tee. Im Gespräch und viel mehr noch im Umgang mit den Mitarbeitern und Gästen zeigt sich seine Idee von der etwas anderen Hotellerie. Die Gäste sollen die Zeit im Dellago geniessen, sich in einer kollegialen und familiären Atmosphäre wohl fühlen. Wer Perfektion und Distanziertheit sucht, wird hier nicht glücklich. René Probst kennt die Spitzenhotellerie aus seiner Zeit vor dem Art Deco del Lago (Hotel Beatus Merligen, Parco San Marco Lugano), seine Bestimmung scheint er jedoch hier in Melide gefunden zu haben. Zusammen mit Sabina Stäuble und Klaus Höckel hat er mit viel Engagement und wenig finanziellen Mitteln ein Hotel erschaffen, das bei Jugendlichen und Junggebliebenen aus der der Deutschschweiz, dem Tessin, bis nach Mailand schon seine Liebhaber gefunden hat. Designer aus der Modeszene, Geschäftskunden aus der Fashionwelt, Verliebte, die ein Wochenende in Farbe und Lebenslust verbringen. Aus der Not der begrenzten finanziellen Mittel wurde die Tugend der Theaterdekoration neu entdeckt. Gestalterische Elemente und Materialien wurden gemäss der Tradition des Bühnenbaus gewählt. Optisch raffinierte Strukturen können aus Pappe sein, Gold ist oft mehr der Glanz der Farbe als das echte Material. Spiegel täuschen Raum und Weite vor. Das Auge lässt sich gerne vom Dekor täuschen, da zwischendurch immer wieder echte Stücke Authentizität vermitteln. Die wunderschöne Lage am See, das edle Holz der Veranda, das moderne Home Cinema mit dem 107 cm Plasma-TV und Surroundanlage auf dem Zimmer, die kreative Küche mit frischen Zutaten, die Begeisterung der Mitarbeiter, Alles echt.
The Dude im Purple RainDie auf mehreren Ebenen angelegte Terrasse direkt am See lockt auch bei kühlen Temperaturen im Winter nach draussen. Die tiefe Ruhe des Sees ist herrlich. Die langsam aufziehende Abendstimmung bildet einen dramatischen Kontrast zur beleuchteten Innenwelt des Dellagos. Dunkles Grau, bleiernes Blau bis tiefes Schwarz hier draussen, warmes Gelb, schrilles Rot und Violett drinnen. Das ganze Haus wird zur Bühne mit dutzenden von kleinen Szenen. Ein Gang durch die 14 Zimmer ist wie ein Licht- und Farbbad. «Lemon & Lime», «Purple & Rain», «Paul & Klee», «Yello & Mello» sind nur einige der Zimmer, deren Name immer auch Programm ist. Farben, Stoffe und gekonnt verwendete Accessoires geben jedem Raum seine unverwechselbare Stimmung und Note. Jedes Zimmer hat seine kleine Besonderheit. Sei es die Panoramasicht, die kleine private Pergola, die Badewanne auf der Dachterrasse, der Balkon direkt auf den See. Alle Zimmer verfügen über eine edle Compact-Hifianlage, Kabel-TV, Complimentary Tea & Coffee, Direktwahltelefon, Safe & Minibar und freien 2400 bps ADSL Internetzugang über Wireless-LAN. Wo etwas nicht funktioniert, wird schnell und liebevoll improvisiert. Dem Haus merkt man sein Alter an, die Räume lassen sich nicht beliebig vergrössern. Innerhalb der Grenzen kommen aber immer überraschende und gekonnte Details zum Vorschein wie zum Beispiel die Teenischen in den Zimmern. Mir wurde das «Purple & Rain» zugewiesen. Eine atemberaubende Sicht über den See lädt zu einer erfrischenden Meditation ein, am nächsten Morgen. Zuerst wende ich mich dem 107 cm Plasma Bildschirm mit Surround-Sound-Anlage zu. Ich weiss ja nicht, was andere Leute als «Überlebenskit» dabei haben, ich habe auf alle Fälle immer den Laptop mit einem Musikarchiv, ein Buch und einigen DVD’s mit. Der Bildschirm und der Raum werden erfüllt von «The Big Lebowski» von den Coen-Brüdern mit einer brillanten Besetzung (Jeff Bridges, John Goodman, Julianne Moore, Steve Buschemi, John Turturo…). Bei dieser Anlage ein Kinoerlebnis der besten Art. Jeff Lebowski («the Dude») und René Probst haben einige Gemeinsamkeiten. Leben ist wichtiger als… aber das finden Sie am besten selbst heraus, im Gespräch mit René Probst und beim Geniessen des Films. Da vor dem Abendessen noch etwas Zeit bleibt, setze ich mir die Kopfhörer auf und lasse TAFNAP (the artist formerly known as Prince) in die Seiten greifen, als er eben noch der Prince war. Zu der Musik stimmen die Farben des Raumes, lila, orange und anthrazit, Bilder mit wilden Farben und Strukturen. «Purple Rain» vibriert durchs Zimmer und wäscht alles rein.
Lamm und Fisch, Süss und Sünde So gestärkt geht’s in den Speisesaal. Ein Fensterplatz direkt über dem See, draussen die glitzernde Uferkette, drinnen das wärmende Rot des Saales und die flackernden Tischkerzen. Der Raum vermittelt ein Gefühl von befreiter Geborgenheit. Auch hier geht es locker zu. Die jungen Service-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verbreiten gute Laune und echte Freude. Hierarchien sind im Dellago so wenig existent wie steife Etikette. Geschäftsfreunde in aufgeräumter Stimmung, einige verliebte Pärchen, einzelne Personen mit Künstlerhabitus, ein bunt gemischtes Publikum mit vielen Einheimischen füllt das Restaurant.Die Karte bietet eine spannende Mischung von mediterraner und asiatischer Küche, angereichert mit frischen Zutaten aus der Umgebung. Fische wie Thun, Alaskaheilbutt und Seeteufel, Einheimisches wie Kastanienrisotto oder Exotisches wie ein Steak vom Bison bieten für fast jede Stimmung die passende Speise. Ich beginne mit einer kleinen Auswahl frischer Sushi und California-Rolls auf Blattsalaten mit Dips. Danach gibt’s ein Carpaccio vom geräucherten Schwertfisch an Trüffelöl und Carpaccio vom angeräucherten Lammrücken an Feigensenf mit Steinfrüchtechutney und Mürbeteig Kürbisstangen. Die Fisch-Fleisch-Kombination überzeugt ebenso wie der Senf und das Chutney. Weiter geht es mit den hausgemachte Ravioli mit Rosenkohl- und Rehfüllung an pikantem Rotweinjus mit Cranberries und Blaubeeren. Der Ravioliteig ist etwas dick geraten, die Füllung aber sehr gut. Die Karte gliedert sich in «Vor & Spiele», «Klein & Zwischendurch» «Haupt & Sachen» und «Süss & Sünde». Die «Haupt & Sachen» lasse ich für diesmal aus, da die drei Vorspeisen den Hunger schon mehr als gestillt haben. Zum Abschluss geniesse ich eine mit Kokosmilch parfümierte Crème brulée mit Orangen-Karottenconfit. Die Weinkarte bietet einen guten Querschnitt durch die besten Weinländer. Toll, dass es sehr viele Weine im Offenausschank gibt. Das ermöglicht mir, zwei besondere Weine zum Essen zu geniessen. Den Kaid Sicilia aus dem Jahre 2001 von Alessandro di Camporeale. Ein besonderer Syrah, der zehn Monate in Barriques ausgebaut wird. Da in Sizilien Syrah eher selten angebaut wird, ist dieser Wein eine kleine Rarität und vor allem ein grosser Genuss. Der zweite Wein stammt aus dem Tessin, der Rosso dei Ronchi del Malcantone aus dem Jahr 2001, von Sergio Monti. 80% Merlot, Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Diolinoir undCarminoir ergeben einen dichten Wein mit einer leicht animalischen Note, der hervorragend zum Carpaccio passt. Wein- und Speisekarte im Dellago machen Freude, vor allem auch wegen den sehr moderaten Preisen. Das Angebot lädt dazu ein, Fusion und Crossover selbst auf spielerische Art für sich selbst zu definieren. Nach dem Essen kann man in der Bar bei herrlicher Sicht auf den See den Tag mit der Auswahl an Single Malts & Bourbonsausklingen lassen. Kann man, tu ich aber nicht, da die Sicht von meinem Zimmer auf den See noch grosszügiger ist.
Der Morgen beginnt, wie der Abend aufgehört hat, mit dem Schauen auf den See. Ich stelle mir vor, wie im Sommer hier in die Nacht hinein gefeiert wird, die Musik aus der Bar auf den See hinaus zieht. Wie die Gäste sich morgens die Liegestühle zurechtrücken und mit dem ersten Kaffee den Tag begrüssen. Die Bilder legen sich wie durchsichtige Folien auf die Umgebung und so geniesse ich beides, die aktuelle Stille und die südliche Szenerie des vergangenen Sommers. Für die Heimfahrt lege ich «Changing Places» des Tord Gustavsen Trios ein. Mit Piano (Tord Gustavsen), Bass (Harald Johnsen) und Schlagzeug (Jarle Vespestad) werden minimalistische Melodien wie durch einen Nebelschleier gespielt. Skandinavische Volksmusik, südamerikanische Rhythmen, Jazz-Elemente werden vermischt, eingekocht und verlangsamt. Akustische Fusionküche vom Feinsten, passend zur einmal untypischen aber sehr reizvollen Stimmung im Tessin. Wie hat Tord Gustavsen so passend gesagt: «Man muss nicht eine neue Sprache erfinden, um eine neue Geschichte zu erzählen.»
Die Wunschliste
Das Art Deco Hotel del Lago ist geprägt von einer farbigen Lebensfreude und einer südlichen Lockerheit beim Verwöhnen der Gäste. Die tolle Lage direkt am See mit der schönen Holzterrasse laden zum Geniessen ebenso ein wie die Küche und die vierzehn individuell gestalteten Zimmer. Was nicht perfekt ist, wird mit viel Charme und Kreativität wett gemacht. In dem verwinkelten Gebäude bleiben die Küchengerüche besonders gut hängen. Hier würden Raumdüfte, Duftkerzen- oder Lampen Abhilfe schaffen. Bestimmt hat die Crew eine spezielle Idee, wie man den Gerüchen beikommen kann. Im Sommer werden all die offenen Fenster und Türen in den lauen Nächten das Problem von selbst lösen.
Ausführliches Gespräch mit René Probst
Ungezwungenheit und Lebensfreude prägen das Klima im Art Deco Hotel del Lago. René Probst hat das Hotel nach seinen Vorstellungen gestaltet und scheint sich in Melide einen Traum zu erfüllen. Was noch zu tun bleibt, welche Pläne er mit dem Dellago sonst noch hat, und welche Gäste er sich wünscht, eröffnet er im Moneycab Interview. weiter… Info & AdresseDas HotelKategorie3 SterneZimmer14AdresseLungolago Motta 9
CH-6815 MelideTelefon +41 (0)91 649 70 41Fax +41 (0)91 649 89 15E-Mailwelcome@hotel-dellago.chInternetwww.hotel-dellago.ch LeitungRené ProbstGeöffnetGanzjährig
Die Preise*Zimmerpro Nacht und PersonEinzel110 bis 290 FrankenDoppel170 bis 390 Franken*Preise inklusive FrühstückDas Moneycab Rating
Das Moneycab Rating stützt sich auf folgende Kriterien:1Persönliche Erfahrung der(s) Moneycab Testerin/Testers2Wertung der grossen Hotelführer3Wertung der grossen Restaurantführer4Zugehörigkeit zu führenden Hotelvereinigungen5Qualitätskontrollen führender Hotelvereinigungen
Einfach Perfekt
Sehr gut
Gut
Akzeptabel
Nein, so nicht
Architektur & Design
Das in die Jahre gekommene Haus hat seine Limitationen. Das Volumen lässt sich nicht beliebig erweitern, die Grundstruktur ist gegeben. Aus der vorhandenen Sunstanz wird das Beste gemacht. Gestalterische Elemente und Materialien wurden gemäss der Tradition des Bühnenbaus gewählt. Optisch raffinierte Strukturen können aus Pappe sein, Gold ist oft mehr der Glanz der Farbe als das echte Material. Spiegel täuschen Raum und Weite vor. Das Auge lässt sich gerne vom Dekor täuschen, da zwischendurch immer wieder echte Stücke Authentizität vermitteln. Die wunderschöne Lage am See, das edle Holz der Veranda, das moderne Home Cinema mit dem 107 cm Plasma-TV und Surroundanlage auf dem Zimmer verwöhnen die Gäste.
Personal & Führung
René Probst pflegt eine kollegiale und familiäre Atmosphäre. Gäste und Mitarbeiter sollen sich gleichermassen wohl fühlen. Er lässt den Mitarbeitern viel Spiel- und Entscheidungsraum. Zusammen mit seinen Mitarbeitern hat er mit viel Engagement und wenig finanziellen Mitteln ein Hotel erschaffen, das bei Jugendlichen und Junggebliebenen aus der der Deutschschweiz, dem Tessin, bis nach Mailand schon seine Liebhaber gefunden hat.
Essen & Trinken
Die Karte bietet eine spannende Mischung von mediterraner und asiatischer Küche, angereichert mit frischen Zutaten aus der Umgebung. Fische wie Thun, Alaskaheilbutt und Seeteufel, Einheimisches wie Kastanienrisotto oder Exotisches wie ein Steak vom Bison bieten für fast jede Stimmung die passende Speise. Die Weinkarte bietet einen guten Querschnitt durch die besten Weinländer. Toll, dass es sehr viele Weine im Offenausschank gibt. Wein- und Speisekarte im del Lago machen Freude, vor allem auch wegen den sehr moderaten Preisen. Das Angebot lädt dazu ein, Fusion und Crossover selbst auf spielerische Art für sich selbst zu definieren. Nach dem Essen kann man in der Bar bei herrlicher Sicht auf den See den Tag mit der Auswahl an Single Malts & Bourbons ausklingen lassen.
Umgebung & Freizeit
Zwischen Lugano und Vico Morcote gelegen, ist Melide ein idealer Ausgangspunkt für zahlreiche Wanderungen, Fahrradtouren und Unternehmungen im südlichen Ende der Schweiz. Die natürliche Schönheit der Landschaft, das milde Klima, Como und Mailand gleich «um die Ecke» machen Melide gleichermassen interessant für Naturfreunde wie Stadtbummler.