Arthur Bolliger, CEO Maerki Baumann & Co.: «Wir könnten uns eine Allianz mit einem kleineren Partner vorstellen, der beispielsweise unsere Dienstleistung im Bereich Insourcing in Anspruch nehmen möchte»

Arthur Bolliger, CEO Maerki Baumann & Co.: «Wir könnten uns eine Allianz mit einem kleineren Partner vorstellen, der beispielsweise unsere Dienstleistung im Bereich Insourcing in Anspruch nehmen möchte»

Von Helmuth Fuchs

Moneycab: Herr Bolliger, seit fast 20 Jahren stehen Sie an der Spitze der Maerki Baumann & Co, was Sie wahrscheinlich zum dienstältesten Bankenchef auf dem Platz Zürich machen dürfte. Was braucht es, dass man sich so lange an der Spitze halten kann?


Arthur Bolliger: Meine GL-Kollegen und ich sind auf das Vertrauen unserer Bezugsgruppen angewiesen. Wenn wir das Vertrauen der Kundschaft, der Mitarbeitenden, des Verwaltungsrates und der Besitzerschaft geniessen, können wir als Team die Bank langfristig weiterbringen. Vertrauen ist ein flüchtiges Gut und muss jeden Tag neu verdient werden.



«Die beste und billigste Form des Wachstums ist das organische. Diesem haben wir uns verschrieben.» Arthur Bolliger GL-Vorsitzender der Maerki Baumann & Co.


Die Familie Syz-Abegg, welche 93,4 Prozent der Aktien hält, scheint auf kontrolliertes organisches Wachstum zu setzen. Das heisst aber auch, dass grosse Wachstums-Phantasien mit externen Partnern kaum zu realisieren sind. Welche Wachstumsziele haben Sie für die nächste beiden Jahre und in welchen Bereichen wollen Sie am meisten zulegen?


«Private Banking Swiss Style» wird durch einen intensiven Wettbewerb geprägt. Ausserdem erwächst uns Konkurrenz von leistungsfähigen ausländischen Finanzplätzen. Die beste und billigste Form des Wachstums ist das organische. Diesem haben wir uns verschrieben. Wir sind in den für uns wichtigsten Märkten, wie zum Beispiel die Schweiz und Westeuropa gut etabliert. Dort werden wir auch künftig zulegen.


Im August 2004 stellten Sie in einem Interview mit dem Handelsblatt fest, dass Sie zwar die Unabhängigkeit als Wert an sich schätzen, sich aber vorstellen könnten, mit Gleichgesinnten zusammenzugehen. Was ist aus diesen Plänen geworden und welche Partner kämen heute für Sie in Frage?


Die Aussagen der Familienaktionäre Syz-Abegg sind sehr eindeutig: «Wir könnten uns eine Allianz mit einem kleineren Partner vorstellen, der beispielsweise unsere Dienstleistung im Bereich Insourcing in Anspruch nehmen möchte. Aber wir wollen die Mehrheitsbeteiligung an Maerki Bauman & Co. AG behalten.» Im Gegensatz zum Jahr 2004 erachten wir den Zeitpunkt zur Übernahme einer anderen Privatbank als nicht günstig. Für Vermögensverwaltungsbanken werden heute Höchstpreise in der Höhe von 4 – 5 % des Depotbestandes bezahlt. Wir erkennen nicht, wie der entrichtete Goodwill in einem vernünftigen Zeitraum amortisiert werden kann. Aus diesem Grund setzen wir heute auf organisches Wachstum.



«Wenn wir die Gründe für Übernahmen von Vermögensverwaltungsbanken in den letzten Jahren unter die Lupe nehmen, entdecken wir im Wesentlichen zwei Motive für die Aufgabe der Unabhängigkeit: Instabilität in der Besitzerschaft und Schwierigkeiten im IT-Bereich. Auf beiden Gebieten verfügt unsere Bank über erstklassige Rahmenbedingungen.»


Die Privatbanken in Familienbesitz kommen immer mehr unter Druck, wie das Beispiel von Julius Bär zeigt (neuer Hauptaktionär UBS). Welche strategischen Optionen sehen Sie für Maerki Baumann & Co, damit die Familienbank von der herrschenden Welle der Globalisierung nicht weggespült wird?


Wenn wir die Gründe für Übernahmen von Vermögensverwaltungsbanken in den letzten Jahren unter die Lupe nehmen, entdecken wir im Wesentlichen zwei Motive für die Aufgabe der Unabhängigkeit: Instabilität in der Besitzerschaft und Schwierigkeiten im IT-Bereich. Auf beiden Gebieten verfügt unsere Bank über erstklassige Rahmenbedingungen: Die Besitzerschaft ist stabil, der Generationentransfer gesichert und die IT gehört zu unseren Kernkompetenzen.


Der direkte Bezug von IT und Überlebenschancen ergibt sich daraus, dass heute dank IT auch kleine Vermögensverwaltungsbanken ihr Geschäft kostengünstig verarbeiten können. Damit ist das Argument der fehlenden kritischen Masse vom Tisch! Maerki Baumann ist seit einigen Jahren als Insourcer für andere Banken aktiv. So verarbeiten wir zum Beispiel seit 2004 das gesamte Wertschriftengeschäft der Zuger Kantonalbank und besorgen auch deren Portfolio Management. Ermutigt durch unseren Erfolg als Insourcer haben wir kürzlich beschlossen, unsere Insourcing-Aktivitäten in ein separates Gefäss, eine Transaktionsbank, einzubringen. Die Gründung dieser Bank ist zur Zeit in Vorbereitung. Sie wird voraussichtlich im 1. Quartal 2007 ihren Dienst aufnehmen. An den Besitzerverhältnissen wird sich nichts ändern.


$$PAGE$$


Bei einem Aufwand für die Gehälter von 16,9 Millionen Franken für 106 Mitarbeiter dürften Sie die Diskussion um die Lohnsummen bei den Grossbanken mit Interesse verfolgen. Welche Gefühle kommen bei Ihnen auf, wenn Sie die Gehälter, Aktien- und Optionspakete Ihrer Kollegen im zweistelligen Millionenbetrag betrachten?


Es gibt ja einen Grund, dass ich den grössten Teil meiner Karriere einer traditionsreichen Zürcher Privatbank verschrieben habe! Ich schätze bei Maerki Baumann das gute Einvernehmen mit den Mitarbeitenden, dem Verwaltungsrat und der Besitzerschaft sowie den unternehmerischen Geist auf allen Ebenen. Warren Buffet sagte einmal, ein Manager müsse sein Unternehmen so führen, wie wenn sein eigenes Geld auf dem Spiel stünde. Dies ist mir bei Maerki Baumann vergönnt, und die Aufgabe erfüllt mich ungemein. So besehen sind für mich die Gehaltspakete bei unseren grossen Konkurrenten nicht von Belang.



«Wir sind überzeugt, dass in den nächsten Jahren die Wertschöpfungskette im Wertschriftengeschäft aufbrechen wird.»


Bei den Tätigkeiten beschränkt sich Maerki Baumann & Co im Bankengeschäft bis anhin bewusst auf die Anlageberatung, Vermögensverwaltung, den Wertpapier-, Devisen- und Edelmetallhandel. Welche weiteren Geschäftsfelder könnten für Sie in nächster Zeit zu einem konkreten Thema werden?


Wie bereits angetönt, sind wir seit einigen Jahren als Insourcer für andere Banken aktiv und erfolgreich. Das Geschäftsfeld «Insourcing» wollen wir mit der Gründung einer Transaktionsbank zügig ausbauen. Wir sind überzeugt, dass in den nächsten Jahren die Wertschöpfungskette im Wertschriftengeschäft aufbrechen wird. Weltweit werden sich im Wertschriftengeschäft drei Geschäftsmodelle durchsetzen: die Kundenbank, die Produktebank und die Transaktionsbank. Nur bei den Grossbanken sind Mischformen möglich. Die anderen Marktteilnehmer werden jene Aktivitäten auslagern, bei denen sie nicht Hervorragendes leisten können. Wir sind in der Lage, den Handel und die Wertschriftenverarbeitung vollständig für andere Banken zu besorgen. Unser Angebot sieht vor, dass die auslagernde Bank sofort Kosteneinsparungen in der Höhe von 30 % erzielen kann.


Mit der Trennung unserer Insourcing-Aktivitäten vom Private Banking legen wir auch ein Bekenntnis zu unserem traditionsreichen Geschäftsfeld, der Vermögensverwaltung für anspruchsvolle private und institutionelle Kunden, ab.


Zur Blütezeit der Interneteuphorie war Maerki Baumann & Co der Insourcing-Partner für die später dann gescheiterte Redsafe-Bank. Welche Rolle hatte Ihre Bank hier inne, welchen Verlust haben Sie durch das Engagement erlitten und welche Erkenntnisse und Resultate konnten Sie aus diesem Projekt gewinnen?


Die Redsafe Bank war in den späten Neunzigerjahren unser erster Insourcing-Kunde. Wir waren verantwortlich für den elektronischen Handel und die Verarbeitung. Die Pioniertat bestand darin, dass wir für Redsafe unsere Vorstellung einer «virtuellen Bank» verwirklichen konnten. Wir lieferten den Beweis, dass «straight trough processing» möglich ist und hohe Kosten einspart. Somit verfügten wir über unseren ersten Referenzkunden, der uns den Weg für weitere Akquisitionserfolge ebnete. Redsafe scheiterte nicht, weil unsere Insourcing-Lösung nicht tragfähig war, sondern weil kundenseitig die Bedürfnisse geändert hatten. (Platzen der Internetblase im Jahr 2000.) Maerki Baumann erlitt keinen Verlust, da wir nicht am Kapital beteiligt waren.



Wir werden mit Sicherheit keine Auslagerungen in «Billiglohnländer» vornehmen. Eine der Stärken unserer Legando-Kollegen besteht darin, dass sie ihre Lösungen in enger Zusammenarbeit mit den Bankspezialisten von Maerki Baumann erarbeiten können.


Nebst dem traditionellen Privatbankengeschäft bieten Sie über Ihre Tochtergesellschaft Legando ein «Full Insourcing» (u.a. mit Handel, Kunden-Depotführung sowie Depotstellenbewirtschaftung) für andere Banken an. Während die Grossbanken immer mehr Informatik- und Bankenleistungen in Billiglohnländer verlagern, gehen Sie gerade den umgekehrten Weg. Wie kann sich dieses Geschäft für Sie in der Schweiz rechnen?


Wir werden mit Sicherheit keine Auslagerungen in «Billiglohnländer» vornehmen. Eine der Stärken unserer Legando-Kollegen besteht darin, dass sie ihre Lösungen in enger Zusammenarbeit mit den Bankspezialisten von Maerki Baumann erarbeiten können. Damit stellen wir sicher, dass Banken- und IT-Know-How kombiniert werden. Dies ist nur im direkten persönlichen Gespräch unter Experten möglich und eignet sich nicht für die Virtualität. Dass daraus höhere Personalkosten resultieren, versteht sich von selbst. Wir nehmen dies gerne in Kauf, weil wir auf diese Weise die Qualität unseres Software sichern können. Bei einer Auslagerung in ein «Billiglohnland» würden die tieferen Lohnkosten durch einen erhöhten Management- und Kontrollaufwand kompensiert.


Bis anhin konnten Sie zum Beispiel die Zuger Kantonalbank (Wertpapiergeschäft inklusive Handel und Portfolio Management) und die RTC AG (Wertschriftenlösung), welche ihrerseits 70 Banken mit ihrer Lösung bedient, für Legando gewinnen. Damit werden Sie zum Konkurrenten für die Anbieter von Bankenlösungen und ITC-Providern. Mit welchen Argumenten wollen Sie sich gegen die meist viel grösseren Konkurrenten durchsetzen?


Wir führen zwei Argumente ins Feld: Erstens, unsere Lösung gewährleistet für den Outsourcer Kosteneinsparungen vom ersten Tag an. Und, zweitens, die Lösung hält, was sie verspricht, da sie in der Praxis hinlänglich getestet wurde.


$$PAGE$$


Auch als mit 106 Mitarbeitern überschaubare Schweizer Privatbank kommen 42 Prozent Ihrer Kunden aus dem EU-, respektive EWR-Raum. Wie gross ist der Aufwand, um die Kontrollanforderungen, wie zum Beispiel jene des Geldwäschereigesetzes, umzusetzen?


Der Kontrollaufwand ist enorm, aber unumgänglich. Als Weltmarktführer im Bereich Private Banking zeigen die Schweizer Banken seit Jahren, dass sie bei der Abwehr von verpönten (kriminellen) Geldern ihre Pflicht exemplarisch wahrnehmen. Die Schweizer Geldwäscherei-Standards gelten als vorbildlich.


Die Schweizerische  Bankiervereinigung hat sich schon über die Klassenprimus-Attitüde der Schweizer Banken in der Umsetzung der verschieden Kontrollmechanismen mokiert. Wie beurteilen Sie die Situation der Schweizer Banken im europäischen Vergleich, in welchen Bereichen herrscht Nachholbedarf, wo kann man Gelassenheit walten lassen?


Die Schweizer Banken sind im globalen Kontext in jeder Beziehung gut aufgestellt. Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht im Moment die Umsetzung von Basel II. Es ist richtig, dass wir im europäischen Kontext als «Klassenprimus» gelten. Ähnliches gilt auch für die enorme Arbeit, die wir Schweizer Banken bei der Einführung der EU-Zinssteuer geleistet haben. Damit stärken wir letztlich den Ruf des Finanzplatzes. Dieser wird künftig entscheidend für die Konkurrenzfähigkeit der Schweizer Banken im weltweiten Wettbewerb sein.


Zum Schluss des Interviews haben Sie zwei Wünsche frei, wie sehen diese aus?


Ich wünsche mir eine liberale, optimistische Schweiz, die an ihre Stärken glaubt, und ich wünsche mir eine Schweiz, in der das Individuum selbstverantwortet das Leben gestaltet.





Der Gesprächspartner
Arthur Bolliger, geboren 1948, lebt mit seiner Familie in seiner Heimatgemeinde Teufen im Kanton Appenzell Ausserrhoden. Er ist verheiratet mit Renate Bolliger, mit der er zwei erwachsene Töchter hat.
Arthur Bolliger ist seit 1989 Vorsitzender der Geschäftsleitung der Maerki Baumann & Co. AG, einer unabhängigen Zürcher Privatbank im Besitz der Familie Syz-Abegg. Zudem ist er Mitglied des Verwaltungsrates der Schweizerischen Bankiervereinigung sowie des Verwaltungsrates der Telekurs Finanz AG. Politisch setzt sich Arthur Bolliger seit vielen Jahren aktiv für die FDP der Schweiz und seines Heimatkantons ein, für die er auch im Kantonsparlament von Appenzell Ausserrhoden sass.


Maerki Baumann & Co. AG
Maerki Baumann & Co. AG wurde 1932 in Zürich als unabhängige Privatbank gegründet. Hauptaktionäre (unter Berücksichtigung der im Eigenbestand gehaltenen eigenen Aktien) sind Frau Raymonde Syz-Abegg, mit
51,5 Prozent, sowie ihr Sohn, Hans G. Syz-Witmer, und ihre Tochter, Dr. Carole Schmied-Syz, welche über die gemeinsame CHSZ-Holding AG 41,9 Prozent der Aktien halten. Die Bank konzentriert sich auf vier Geschäftsfelder Anlageberatung, Vermögensverwaltung, Wertpapier-, Devisen- und Edelmetallhandel, Transaktionsbank mit elektronischem Insourcing-Service für andere Finanzdienstleister. Auf weitere Arten des Bankgeschäftes wie zum Beispiel das kommerzielle Kreditgeschäft verzichtet die Bank bewusst.

Maerki Baumann & Co. AG beschäftigt 106 Mitarbeitende und erfreut sich einer sehr tiefen Fluktuation. Der Heimmarkt der Bank, die Schweiz, ist zugleich ihr wichtigster Markt. Ungefähr 43 Prozent aller Geschäftsbeziehungen haben ihr Domizil in der Schweiz. Aus den Ländern der EU respektive des EWR stammen weitere 42 Prozent. Der Jahresgewinn 2005 betrug 14,7 Millionen Franken, die Eigenmittel beliefen sich auf 136 Millionen Franken, die Kundenvermögen auf 5’985 Millionen Franken.

Schreibe einen Kommentar