Von Artur P. Schmidt
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Staatlich verordnetes Geldverleihen
Nachdem die Amerikaner ihren Konsum nunmehr immer weiter zurückfahren und die Sparquote erhöhen müssen, steckt China in einem Wachstumsdilemma, dem es nur dadurch begegnen kann, indem es seine Banken anweist weiter Geld zu verleihen und ebenso wie andere Industrienationen noch mehr Geld zu drucken. China verfügt jedoch über einen entscheidenden Vorteil gegenüber den USA: Während in den USA die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes zurückgeht und die Fed ihre Banken ohne Verstaatlichung nicht zwingen kann, mehr Geld zu verleihen, ist China eine Militärdiktatur, die sehr wohl in der Lage ist, aussergewöhnliche Massnahmen durchzusetzen. So stieg allein im Juni 2009 die Geldmenge in China um 28,5 Prozent an und da China seine Banken kontrollieren und lenken kann, gibt es ? anders als in den USA ? keine Kreditklemme. Auch Unternehmen, die dem Staat gehören oder von diesem mehrheitlich kontrolliert werden, können dazu gezwungen werden, Geld zu leihen und es zu investieren. Hierbei spielt es keine Rolle, dass die chinesische Regierung das Konsumverhalten des Einzelnen kaum beeinflussen kann, da dieses bisher für das Wachstum der chinesischen Ökonomie ohnehin von untergeordneter Bedeutung ist. Wichtig ist es, dass die chinesischen Arbeiter, die zu Millionen in die grossen Städte migriert sind, Geld verdienen können, da es ansonsten zu Aufständen kommen könnte. Deshalb muss auf Teufel komm raus weiter Geld verliehen werden.
Immer mehr faule Kredite
Doch dieses vom Staat erzwungene Leihen von Geld durch die Banken hat eine verheerende Kehrseite der Medaille, wie sie bereits im amerikanischen Immobilien-Bubble offen zu Tage getreten ist. Es gibt mittlerweile auch immer mehr faule Kredite in China, die noch zu den bereits in den letzten 10 Jahren gewährten faulen Krediten hinzukommen. Es liegt auf der Hand, dass das aktuelle chinesische Wirtschaftswachstum mittlerweile ebenfalls ein Ponzi-Schema ist, bei dem Wachstum durch immer höhere Schuldenaufnahme finanziert wird. So wie Japan mit gepumptem Geld 1987 die Weltwirtschaft scheinbar aus der Krise führte, so scheint dies China heute ebenfalls zu tun, jedoch mit der möglichen Konsequenz, dass China in dieselbe Deflationsfalle tappt, die Japans Ökonomie über 20 Jahre lähmte. Die riesigen Überkapazitäten in der chinesischen Industrie sind ebenso wie das amerikanische Schulden-Nirwana auf Zukunftserwartungen gebaut, die sich als trügerisch erweisen könnten. Das angebliche chinesische Wirtschaftswunder ist also kein Wunder, sondern ebenso ein Bubble, für den China früher oder später einen hohen Preis zahlen wird.
Das globale Ponzi-Schema
Ob es schon wieder einen Bubble in chinesischen Aktien gibt, und wann dieser platzt, ist weniger entscheidend als die Frage, in welcher Abhängigkeit sich China heute von den USA befindet. China ist auf dem Sprung, in einigen Jahren die weltweit grösste Ökonomie zu werden, weshalb alles, was dort geschieht, zukünftig noch wichtiger sein wird als das Bemühen der amerikanischen Schulden-Junkies, ihre Währung zu schwächen und sich durch Inflationierung zu entschulden. Doch auch Wachstumsraten von 8 Prozent trotz Weltwirtschaftskrise sollten nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die chinesische Wirtschaft vom Rest der Welt nicht entkoppeln kann. Die chinesische Ökonomie kann bei einem Rückgang der Wirtschaftsleistung der USA kaum ungeschoren davonkommen, ja sie könnte sich ? wie schon im Winter 2007/2008 ? sogar als Frühindikator für eine neue Trendrichtung der Weltwirtschaft erweisen. Ein grosser Teil des Wachstums in den USA kam dadurch zustande, dass man sich von den Chinesen Geld lieh um ihre Produkte zu kaufen, d.h. dass das chinesische Wachstum ebenso vom Schuldenmachen abhing wie das Wachstum der US-Ökonomie. Dieses globale Ponzi-Schema ging so lange gut, bis die US-Schuldenblase platzte.
Chinas Kampf gegen die Gravitation
Was die angehäuften 2,2 Billionen USD, die in US-Staatsanleihen investiert worden sind, um die eigenen Währung auf einem tiefen Niveau zu halten, zukünftig für China noch wert sein werden, steht auf einem anderen Blatt. Anstatt die eigene Währung, den Renminbi, steigen zu lassen, wurde dieser zu einer Exportwaffe umfunktioniert, damit chinesische Produkte auf dem Weltmarkt preiswert bleiben. Doch jetzt benötigt China das in USD geparkte Geld eigentlich, um seine Binnenwirtschaft zu stimulieren. Würde China jedoch massiv USD verkaufen, würde der Renminbi stark ansteigen, US-Staatsanleihen würden implodieren, die US-Zinsen würden explodieren und in Folge würden die chinesischen Exporte in die USA stark einbrechen. Dies ist ein typisches Gefangenen-Dilemma. Und die USA denken gar nicht daran, den Chinesen aus diesem Dilemma zu helfen. Sie können sich ganz einfach durch Drucken von immer mehr US-Dollars entschulden. Damit dürfte der chinesische Bubble in seiner Dimension zukünftig noch grösser sein, als der amerikanischen Immobilien- und Staatsanleihen-Bubble. Früher oder später werden die Gravitationskräfte deshalb die chinesische Wirtschaft einfangen und diese wieder auf den Boden der Realität zurückbringen. Eine chinesische Deflation könnte somit zur entscheidenden wirtschaftlichen Bedrohung der nächsten Jahre werden.
Artur P. Schmidt
Der Wirtschaftskybernetiker Dr.-Ing. Artur P. Schmidt wurde in Stuttgart geboren. Er besuchte im Stadtteil Zuffenhausen das Ferdinand-Porsche-Gymnasium und machte dort das Abitur. Das Studium der Luft- und Raumfahrttechnik in Stuttgart und Berlin schloss er im Alter von 27 Jahren mit der Bestnote im Fachgebiet Raketentechnik ab, so dass ihm von Prof. H.H. Koelle die Promotion angetragen wurde. Im Alter von 30 Jahren erhielt Artur P. Schmidt den Doktortitel für ein kybernetisches Marktanalyse-Verfahren am Beispiel der Strategischen Planung von Airbus Industries. Nach einer Beratungstätigkeit bei Anderson Consulting sowie als Leiter der Strategischen Analyse der Ruhrgas AG war Dr. Schmidt Stipendiant der Stiftung zur Förderung der systemorientierten Managementlehre und letzter Schüler von Prof. Hans Ulrich, dem Begründer des St. Galler Management-Ansatzes. Während dieser Zeit begann Dr. Schmidt seine publizistische Laufbahn, aus denen Bestseller wie «Endo-Management» und «Der Wissensnavigator» sowie Wirtschaftsbücher wie «Wohlstand_fuer_alle.com» oder «Crashonomics» hervorgingen. Sein neuestes Buch, welches im EWK-Verlag (www.ewk-verlag.de ) erschienen ist, heisst «Unter Bankstern».
Heute ist Artur P. Schmidt Herausgeber des Online-News-Portals www.wissensnavigator.com sowie der Finanz-Portale www.bankingcockpit.com , www.wallstreetcockpit.com , www.futurescockpit.com und www.optioncockpit.com sowie Geschäftsführer der Tradercockpit GmbH (www.cockpit.li ). Dr. Schmidt ist ein gefragter Keynote-Speaker sowie Kolumnist für zahlreiche Finanzpublikationen.