Von Artur P. Schmidt
artur.schmidt@unternehmercockpit.com
Seit dem 06. März haben die Finanzmärkte weltweit etwa 43 % zugelegt. Dies bedeutet, dass bereits sehr viel wirtschaftliches Erholungspotential in den Kursen eingespeist ist, wo doch die Märkte zum Anfang des Jahres 2009 noch in Hysterie ausgebrochen waren. Damals kursierten Kursziele von 3000 Punkten im Dow und 2.500 Punkten im Dax. Doch der Markt bewegt sich nie in die Richtung, die die Masse vermutet, sondern dorthin, wo er will. Zu einem Zeitpunkt, als Citigroup (NYSE: C) unter 1 Dollar tradete, sahen nur einige wenige Experten (siehe www.tradercockpit.ch ), in welchem Zustand der Markt wirklich war. Damals war der Markt derart überverkauft, dass eine dreimonatige Rallye starten konnte, auch wenn die wirtschaftlichen Fundamentaldaten nach wie vor miserabel waren. Doch sind diese jetzt nach den starken Zugewinnen besser geworden? Eher nicht. Natürlich kann der Markt um etwa 5 bis 7 % weitersteigen, aber der nächste Abschwung kommt bestimmt. Der damalige Pessimismus hat jetzt in einen geradezu grenzenlosen Optimismus umgeschlagen und einige Aktien sind bereits wieder um mehr als 400 % nach oben geschossen. Dies ist alles andere als gesund zu bewerten.
Schauen wir kurz auf die Fakten
Das Bruttosozialprodukt der USA fiel im ersten Quartal um 6.1 %, ein minimaler Fortschritt gegenüber einem Rückgang von 6.3 % im Vorquartal. Der Case-Shiller Hauspreis Index fiel im 1. Quartal sogar um 19.1 %, ein Rekordwert seit der Index vor 21 Jahren aufgelegt wurde. Schon wurde von führenden Ökonomen verkündet, die Rezession sei bewältigt. Nun, was ist von einer solchen Kaffeesatzleserei zu halten? Die kurze Antwort: Gar nichts, denn begründet wurde die Euphorie mit schrumpfenden Lagerbeständen ? ein Vorgang, der jedoch in einer Depression völlig normal ist, da sich in einer Konkurswelle niemand leisten kann, zuviel auf Vorrat zu produzieren. Nur wenn die reale Nachfrage nach Produkten wieder steigt ? und dies erfordert, dass sämtlichen Blasen die Luft ausgeht ? kann ein nachhaltiger Wirtschaftsaufschwung beginnen. So lange die Fed versucht, die Zinsen künstlich niedrig zu halten und durch die gigantischen Aufkäufe von Anleihen eine Bondblase grössten Ausmasses erzeugt, besteht die Gefahr eines noch grösseren Crashs, als wir ihn bisher gesehen haben. Ein Bond-Crash würde die Bankbilanzen pulverisieren und neben der kommenden Welle an Prime-Kredit-Ausfällen und weiteren Ausfällen bei Kreditkarten ein Fass ohne Boden in den Bankbilanzen eröffnen, welche dann nicht mehr massiv von den Regierungen gestützt werden können, da hier das Pulver mittlerweile verschossen erscheint. Ein nochmaliges Nachlegen würde weltweit zu hyperinflationären Tendenzen führen.
Der Schein trügt
Home Depot (NYSE: HD) und Wal-Mart (NYSE: WMT) meldeten, dass die Käufe teurerer Konsumgüter immer noch recht schwach sind. Dies ist besonders besorgniserregend, da dies in einem Umfeld schwacher Zinsen geschieht. Viele US-Konsumenten sind also immer noch nicht bereit Geld zu borgen, weil der Zustand am Job-Markt sowie anziehende Kreditzinsen grosse Risikofaktoren darstellen. Und auch die Banken können es sich nicht leisten, weitere Kreditausfälle zu riskieren und horten somit das Geld eher oder betreiben Eigenhandel, um sich zu sanieren. Ein gesunder Kreditmarkt sieht jedoch anders aus. Möglich, dass die Ökonomie sich nicht mehr im freien Fall wie noch im Winter befindet, jedoch rollt diese immer noch den Abgrund hinunter. Ob an diesem Abhang eine weitere steile Nordwand kommt, ist noch nicht abzusehen. Wer jedoch glaubt, dass das Schlimmste schon hinter uns liegt, der hat das gesamte Ausmass der Krise nicht einmal ansatzweise begriffen. Sollte der Bond-Markt crashen, dürfte die US-Ökonomie nicht nur komplett abstürzen, sondern in einem schwarzen Loch untergehen. Man nennt dies im Fachjargon: Staatsbankrott. Niemand kann ernsthaft glauben, dass man zwei Jahrzehnte völlig über die Verhältnisse leben kann und sich ein Überschuldungszustand in nur zwei Jahren in Luft auflöst. Weitere deflationäre Marktbereinigungen sind deshalb nur eine Frage der Zeit.
Artur P. Schmidt
Der Wirtschaftskybernetiker Dr.-Ing. Artur P. Schmidt wurde in Stuttgart geboren. Er besuchte im Stadtteil Zuffenhausen das Ferdinand-Porsche-Gymnasium und machte dort das Abitur. Das Studium der Luft- und Raumfahrttechnik in Stuttgart und Berlin schloss er im Alter von 27 Jahren mit der Bestnote im Fachgebiet Raketentechnik ab, so dass ihm von Prof. H.H. Koelle die Promotion angetragen wurde. Im Alter von 30 Jahren erhielt Artur P. Schmidt den Doktortitel für ein kybernetisches Marktanalyse-Verfahren am Beispiel der Strategischen Planung von Airbus Industries. Nach einer Beratungstätigkeit bei Anderson Consulting sowie als Leiter der Strategischen Analyse der Ruhrgas AG war Dr. Schmidt Stipendiant der Stiftung zur Förderung der systemorientierten Managementlehre und letzter Schüler von Prof. Hans Ulrich, dem Begründer des St. Galler Management-Ansatzes. Während dieser Zeit begann Dr. Schmidt seine publizistische Laufbahn, aus denen Bestseller wie «Endo-Management» und «Der Wissensnavigator» sowie Wirtschaftsbücher wie «Wohlstand_fuer_alle.com» oder «Crashonomics» hervorgingen. Sein neuestes Buch, welches im EWK-Verlag (www.ewk-verlag.de ) erschienen ist, heisst «Unter Bankstern».
Heute ist Artur P. Schmidt Herausgeber des Online-News-Portals www.wissensnavigator.com sowie der Finanz-Portale www.bankingcockpit.com , www.wallstreetcockpit.com , www.futurescockpit.com und www.optioncockpit.com sowie Geschäftsführer der Tradercockpit GmbH (www.cockpit.li ). Dr. Schmidt ist ein gefragter Keynote-Speaker sowie Kolumnist für zahlreiche Finanzpublikationen.