Von Artur P. Schmidt
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Der Münchhausen-Ansatz
Notenbanker und Banker haben die grösste ökonomische Krise ausgelöst, welche die Welt je gesehen hat. Aber was noch schlimmer ist: Nachdem sie dies taten, versuchten sie weiter die ökonomischen Statistiken zu manipulieren, um ihre Unfähigkeit und Arroganz zu verschleiern. Als Mittäter im Zahlenreihen-Frisieren agieren ökonomische Berater und Wirtschaftsinstitute, deren Analysen ein Lügengebäude offenbaren, wie es die Welt zuvor noch nicht gesehen hat. Sie schrecken sogar nicht zurück, einer Seifenwährung wie dem Dollar durch Deviseninterventionen künstliches Leben einzuhauchen und Gold und Silber durch Leerverkäufe zu drücken. Das Szenario des totalen Finanz-Armageddons ist weit weniger weit entfernt, als manche Marktteilnehmer glauben, besonders diejenigen, die sich immer wieder von den Zentralbankstern und Bankstern einseifen lassen. Die Beschleunigung des Niedergangs der US-Ökonomie vollzog sich viel schneller, als die Statistiken manipuliert werden konnten. Die Lügen sind mittlerweile so eklatant, dass man keiner einzigen offiziellen Zahl mehr glauben kann. Der berühmte Baron Münchhausen hätte seine wahre Freude an so viel manipulativer Kreativität.
Das Bernanke-System
Bernanke hat mit seinen Aktionen zur Aufblähung der Fed-Bilanz und zur Rettung der Banken die Spielregeln der Marktwirtschaft komplett verändert. Es scheint zum Bernanke-System zu gehören, alles, was marode wird, mit Steuergeldern zu sanieren ? trotz exzessiver Staatsverschuldung. Paul Volcker, der Vorgänger von Alan Greenspan bei der Fed, brachte es auf den Punkt, dass die Zentralbank ihre Grenzen überschritten habe, indem sie langjährige Bankprinzipien über Bord geworfen hat. Die Fed hat sich damit den Freibrief geschaffen, auch für andere Marktteilnehmer wie Freddy Mac oder Fannie Mae zu bürgen, wobei die fünf Billionen US-Dollar Verschuldung auf die Steuerzahler abgewälzt wurden. Die Zeiten, in denen der Markt selbst geregelt hat, wer überlebt und wer Pleite geht, sind mit dem Eingreifen der Fed ad absurdum geführt worden. Die gegenwärtigen Marktmanipulationen und direkten Eingriffe des Staates erinnern mehr an den chinesischen Staatskapitalismus als an eine freie Marktwirtschaft. Damit wird jedoch eine wirksame Allokation von Kapital und knappen Ressourcen verhindert und die Schuldigen an der Finanzmisere, nämlich die Banken, konnten sich durch das Bernanke-System auch noch bereichern.
Die neuen Buchhaltungstricks
Obwohl das weltweite Bankensystem einem Leichenschauhaus gleicht, werden plötzlich wieder riesige Gewinne ausgewiesen. Nachdem das amerikanische «Financial Accounting Standards Board» zugelassen hat, dass die Banken ihre toxischen Wertpapiere nicht mehr zum Marktwert ? der bei nicht handelbaren Papieren eh nicht zu bestimmen ist und bei vielen Papieren sogar bei Null liegt ? sondern gemäss der eigenen Einschätzung bilanzieren können, ist der bilanziellen Willkür Tür und Tor geöffnet. Derart flexible Regeln sind jedoch nur Bauernfängertricks, die kaum dazu beitragen können das zerstörte Vertrauen gegenüber der Bankenbranche wieder zurückzugewinnen. Wenn von Bankstern ausgewiesene Gewinne nur aus Buchhaltungstricks bestehen, dann ist dies eben kein Indiz für die Erholung der Realwirtschaft. Der in der letzte Woche wieder stark abfallende Baltic Dry Index verheisst nichts Gutes, ebenso die steigenden Umsätze an der Wallstreet, die darauf schliessen lassen, dass das intelligente Geld in den steigenden Markt hinein verkauft. Ein Indiz dafür, dass der Markt sich wohl bald wieder gen Süden wenden wird.
Wer braucht schon M3?
Schon seit Jahren wird die Geldmenge M3 nicht mehr veröffentlicht, damit die Bevölkerung das Treiben der Federal Reserve möglichst wenig nachvollziehen kann. Der angebliche US-Exportboom ist mittlerweile wie ein Kartenhaus in sich zusammengebrochen. Das offizielle Bruttosozialprodukt von etwa 14.000 Milliarden US-Dollar, welches zu einem Viertel aus Buchhaltungs-Tricks besteht, implodiert trotz massiver Gelddruckorgien der Federal Reserve immer weiter. Anstatt offen von einer Depression zu sprechen, wird nur von einer Rezession gesprochen, die bereits Ende 2009 überwunden werden kann. Sogar die Deflation ist bei den Buchhaltungstricks der Zentralbankern ein willkommenes Manipulationsgeschenk. Der Rechentrick: Je geringer die Inflationserwartungen sind, die eingerechnet werden, desto höher fällt das US-Bruttosozialprodukt aus. So gesehen käme sogar eine Deflation, d.h. eine negative Inflation, sehr gelegen, erlaubt diese doch in den Statistiken ein höheres BSP auszuweisen. Wohl dem, der nur an die Statistiken glauben kann, die er selbst gefälscht hat.
Willkürakte gegen den Markt
Wie skrupellos die Hüter des Geldes die Regeln des Marktes verbiegen, zeigte sich beispielsweise am Verbot von Leerverkäufen (Naked Short Selling) von Bankaktien. War im November 2007 die Wachovia Bank von Tar Heel State noch mehr als hundert Milliarden US-Dollar wert, fiel diese vor dem Verbot des Short-Sellings auf nur noch 20 Milliarden US-Dollar, um nach dem Shortselling-Verbot wieder nahezu 37 Milliarden US-Dollar wert zu sein ? und dies, obwohl ein Verlust von mehr als acht Milliarden US-Dollar für das zweite Quartal 2008 ausgewiesen wurde. Diese besondere Form des Artenschutzes einer aussterbenden Gilde von Grossbanken war ein unvergleichlicher Willkürakt gegen den freien Markt. Durch das Verhindern des nackten Leerverkaufes sollte verhindert werden, dass der Markt jenes Kursniveau bei Bankaktien erreicht, welches die Nacktheit der Kontostände der Banken offenbart hätte.
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Manipulation der Arbeitslosenquote
Die jüngste Veröffentlichung der Arbeitslosenzahlen in den USA, die ja regelmässig einige Monate später nach oben korrigiert werden, beweist einmal mehr, wie unergründlich die Irrgärten im amerikanischen Zahlennirwana sind: Angeblich wurden im Juli mit 247.000 weniger Jobs die Erwartungen von über 300.000 deutlich unterschritten. So soll die Arbeitslosenquote von 9,5 auf nunmehr 9,4 Prozent gefallen sein. Dies soll ein Indiz dafür sein, wonach die Wirtschaft die Krise überwunden habe. Doch wie kann eine Arbeitslosenquote fallen, wenn zwar weniger als erwartet, aber doch jetzt eine Viertel Million mehr Menschen arbeitslos sind? Die Antwort ist verblüffend und zeigt einmal mehr, was man vom Zahlenakrobatismus US-amerikanischer Prägung halten kann: Die Arbeitslosenquote wird aus einer völlig anderen Datenerhebung gewonnen als die Zahl der Neuanträge auf Arbeitslosigkeit. Was die Amerikaner gerne machen, ist die Bewertungsdaten zu korrigieren, so dass sich ein Anstieg der Arbeitslosen prozentual sogar als Rückgang der Quote verkaufen lässt. Das gleiche machen auch die Banken, indem Sie die faulen Papiere nicht bilanzieren und so prozentual weniger Verlust oder sogar Gewinne in Relation zum Eigenkapital schreiben. Im Verschleiern der realen Situation werden bilanzkosmetisch geradezu Meisterleistungen erbracht. Schon seit Jahren weiss man, dass die reale Situation am Arbeitsmarkt viel schlimmer ist als es die Statistiken ausweisen, da eine Vielzahl von Arbeitslosen durch die aktuellen Statistiken gar nicht erfasst wird. Zwar mögen diese manipulierten Statistiken gut für Obama sein, der Erfolge im Kampf gegen die Wirtschaftskrise vermelden muss, aber diese liefern für Unternehmer und Investoren keine Basis für das Treffen von Entscheidungen.
Ein unabhängiger Indikator
Ein Indikator, der sich nicht so schnell manipulieren lässt und die wirtschaftliche Realität in den USA wohl am besten wiedergibt, kommt aus dem Transportsektor. Es handelt sich um die Anzahl aus dem Betrieb genommener Lokomotiven in den USA. Dieser Indikator beweist, dass von einer Entwarnung keine Rede sein kann und sich die aktuelle, auf Bilanzmanipulationen und Statistikfälschungen beruhende Bärenmarktrallye auf tönernen Füssen befindet. Wenn Frachtzüge stillgelegt werden, dann ist der Güterverkehr, d.h. der Handel mit physischen Waren zusammengebrochen. Hierbei nützt es nichts, wenn der Handel mit Aktien zunimmt, da es sich hier nur um spekulatives Geld handelt, welches nicht in der Realwirtschaft ankommt, wie die aktuelle Kreditklemme verdeutlicht. Aktuell sind nahezu eine halbe Million Güterwagen stillgelegt und fast 5000 Eisenbahnwagen aus dem Verkehr gezogen. Dies offenbart, dass es sich beim verkündeten Ende der Rezession um ein Statistikwunder handeln muss. Der Eisenbahnindikator zeigt auf, dass es seit März 2009 mit der US-Ökonomie nicht besser geworden ist sondern sich die Situation von schlecht zu noch schlechter entwickelt hat.
Abb. 1: Ausser Betrieb genommene Züge in den USA
Fazit: Eine neues Denken ist notwendig
Das moderne Finanzsystem ist an einem Wendepunkt angelangt, bei dem es darauf ankommt, dass man sich wieder auf den Ursprung von Werten besinnt. Banker haben ein permanentes Angst-Syndrom, weil sie keine Werte schaffen, sondern stets Werte vernichten. Deshalb müssen sie sich immer bei ihren Kunden maximal rückversichern, was dazu führt, dass diese ihre Lebensversicherungen oder Häuser als Sicherheiten geben müssen. Banken verstehen nicht, dass, wenn Geld nur um seiner selbst willen angehäuft wird, diese Anhäufung im Laufe der Zeit immer abstrusere Formen annimmt, wie die künstliche Vermehrung von Geld durch Derivate belegt. Menschen wollen in schlechten Jahren leihen, weil sie es dort am dringendsten brauchen, und es in guten Jahren zurückbezahlen. Die heutigen Bankster arbeiten jedoch nicht nach diesem Prinzip, sondern kündigen Kredite dann, wenn sie die Menschen am dringendsten brauchen, während diese, wenn die Wirtschaft boomt, geradezu arglos und ohne Kontrolle des Risikos verteilt werden. Damit wird klar, dass die aktuelle Kreditklemme hausgemacht ist und auch nicht durch Statistikmanipulationen aus der Welt geschafft werden kann. Wer Lenkung mit gefälschten Zahlen betreibt, braucht sich nicht zu wundern, wenn die Scheinwelt, die erzeugt wird, immer weniger der Realität entspricht und folglich auch alle Lenkungseingriffe scheitern müssen. Auf was es zukünftig ankommt, ist eine Geldpolitik, die nicht Symptome bekämpft, sondern die Ursachen für Finanzkrisen beseitigt. Nur so lassen sich Kreditklemmen bekämpfen und zukünftige Weltwirtschaftskrisen vermeiden.
Artur P. Schmidt
Der Wirtschaftskybernetiker Dr.-Ing. Artur P. Schmidt wurde in Stuttgart geboren. Er besuchte im Stadtteil Zuffenhausen das Ferdinand-Porsche-Gymnasium und machte dort das Abitur. Das Studium der Luft- und Raumfahrttechnik in Stuttgart und Berlin schloss er im Alter von 27 Jahren mit der Bestnote im Fachgebiet Raketentechnik ab, so dass ihm von Prof. H.H. Koelle die Promotion angetragen wurde. Im Alter von 30 Jahren erhielt Artur P. Schmidt den Doktortitel für ein kybernetisches Marktanalyse-Verfahren am Beispiel der Strategischen Planung von Airbus Industries. Nach einer Beratungstätigkeit bei Anderson Consulting sowie als Leiter der Strategischen Analyse der Ruhrgas AG war Dr. Schmidt Stipendiant der Stiftung zur Förderung der systemorientierten Managementlehre und letzter Schüler von Prof. Hans Ulrich, dem Begründer des St. Galler Management-Ansatzes. Während dieser Zeit begann Dr. Schmidt seine publizistische Laufbahn, aus denen Bestseller wie «Endo-Management» und «Der Wissensnavigator» sowie Wirtschaftsbücher wie «Wohlstand_fuer_alle.com» oder «Crashonomics» hervorgingen. Sein neuestes Buch, welches im EWK-Verlag (www.ewk-verlag.de ) erschienen ist, heisst «Unter Bankstern».
Heute ist Artur P. Schmidt Herausgeber des Online-News-Portals www.wissensnavigator.com sowie der Finanz-Portale www.bankingcockpit.com , www.wallstreetcockpit.com , www.futurescockpit.com und www.optioncockpit.com sowie Geschäftsführer der Tradercockpit GmbH (www.cockpit.li ). Dr. Schmidt ist ein gefragter Keynote-Speaker sowie Kolumnist für zahlreiche Finanzpublikationen.