Von Artur P. Schmidt
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Träumt weiter Ihr Bullen!
In allen Medien kann man Gründe für eine V-förmig verlaufende Erholung an den weltweiten Aktienmärkten finden. Was ist daran an dieser These? Die einfache Antwort: Nichts! Entscheidend an der Börse sind die Gewinne der Unternehmen und die erodieren bereits seit einigen Wochen wieder. Die Konsumenten stehen aufgrund der Zunahme der Arbeitslosigkeit mit dem Rücken zur Wand. Wie in einem solchen Umfeld ein nachhaltiger Konjunkturaufschwung entstehen soll, dass wissen wohl nur die Politiker, die bereits von einem Ende der Rezession reden. Doch es gibt triftige Gründe an dieser These zu zweifeln. Es gibt deutliche Parallelen zum Jahr 1930. Ähnlich wie damals gab es auch in den zurückliegenden Monaten eine starke Erholungsrallye, die sich jedoch danach in Luft auflöste. Der Baltic Dry-Index, der aktuell immer weiter erodiert, zeigt an, dass es sich aktuell nur um eine Bärenmarktrallye handelt, die bald in sich zusammenbrechen könnte. Auch 1930 verkündeten viele das Ende der Krise, die sich jedoch zu einem deflationären Hurrikan der Stärke 5 entwickelte.
Aktien-Rallye auf Schuldensand
Sicherlich ist die aktuelle sechsmonatige Aktien-Rallye sehr beeindruckend, doch sie ist auf Schuldensand gebaut. Selten gab es eine längere Phase der Euphorie und des Übergekauftseins in den Märkten, was den Eindruck erweckt, dass es bei enttäuschten Erwartungen sogar zu einem Crash kommen könnte. Frühere Bärenmarktrallys der aktuellen Grössenordnung fanden in den 1930er und den 1970er Jahren statt, jedoch fielen diese nach kurzer Zeit wieder wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Auch sind wir aktuell nicht in einer Situation wie in den 80er Jahren, als eine 25 Jahre währende Aktien-Rallye startete. Der aktuelle Kondratieff-Zyklus (d.h. einer 40 bis 50 jährigen ökonomischen Langfristwelle) der Wirtschaft hat in den ökonomischen Winter übergewechselt. Dieser wird 10 bis 15 Jahre anhalten, wobei der besondere Nachteil hinzukommt, dass sich die demografischen Verhältnisse in den USA in den nächsten Jahren durch das Ausscheiden der Babyboomer aus dem Berufsleben sehr nachteilig entwickeln werden. Amerika ist zu einem überschuldeten Konsumland degeneriert und hat sich dadurch in eine Sackgasse manövriert.
Der amerikanische Patient
Die aktuelle Immobilienkrise in den USA, die jetzt zunehmend auch kommerzielle Gebäude betrifft, hat im Juli 2009 dazu geführt, dass mittlerweile fast 8% der Hypotheken mindestens 30 Tage zu spät bezahlt werden. Mit einem in Trümmern liegenden «Schatten-Bankensystem», das über den Bailoutmodus die kriminellen Machenschaften der Finanzinstitute deckt, ist Amerikas Wirtschaft jedoch nicht zu gesunden. Die Verbraucher brauchen permanent die Sauerstofflasche in Form von neuen Krediten, die jedoch immer schwerer zu beschaffen sind. Die mittlerweile monopolisierte US-Bankenlandschaft ist immer noch so krank, dass der vom World Economic Forum (WEF) veröffentlicht jährliche «Global Competitiveness Report» die US-Banken hinsichtlich ihrer Gesundheit nur noch auf Rang 108 einstuft. Doch in Deutschland sollte man sich dadurch kaum besser fühlen, da man in dieser Liste auf Rang 103 rangiert. Beide Länder stehen diesbezüglich schlechter da als beispielsweise Bangladesh. Wer hier also immer noch glaubt, dass alles zum Besten stehe, der scheint entweder unter Drogen zu stehen oder allem, was die Medien an Lügen verbreiten, blind zu vertrauen.
Abb. 1: Gesundheitszustand des Bankensystems nach Ländern
Dass trotz der immensen weltweiten Kapitalzuflüssen in viele Grossbanken diese immer noch tickende Zeitbomben sind, sollte einem jeden Bürger mit gesundem Menschenverstand zu denken geben. Immerhin rangieren selbst die früher so hoch gelobten Schweizer Banken gemäss ihrer Solidität nur noch auf Rang 44, wobei dieses Ranking wahrscheinlich masslos übertrieben erscheint. Angesichts der immer noch bestehenden systemkritischen Grösse schweizerischer Banken müssten diese eigentlich noch hinter Zimbabwe rangieren. Dort verfügt man im Gegensatz zu den schweizerischen Bankern bereits über einschlägige Erfahrungen mit Hyperinflation und Ponzi-Schemen.
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Zombie-Tanz-Party
Ausser, dass die US-Banken jetzt anders bilanzieren und Steuergelder für Ihren Bailout erhalten haben, hat sich beim Patienten US-Bankensystem nicht wirklich viel verändert. Im Hintergrund tickt die Peta-Zeitbombe mit einem Derivatevolumen von 800?000 Milliarden USD, die jederzeit platzen kann: Was wir heute an Problemen sehen, dürfte in der Tat nur die Spitze des Eisberges sein. Wie im berühmten Showdown in Tombstone stehen die US-Banken vor einem vollständigen Gemetzel. Dass die Problemlage in Deutschland nicht viel besser ist, zeigt sich darin, dass die weltweit erste grössere Bank, die pleite ging, die SachsenLB war. Die US-Grossbanken spielen wie die deutschen Banken auf Zeit und hoffen, dass sich die Probleme mit der Zeit verringern. Dies wäre vielleicht möglich, wenn wir uns am Anfang und nicht in der Endphase eines Kondratieff-Zyklus befänden. Bis jetzt sind 94 Banken im Jahr 2009 gescheitert und es werden noch deutlich mehr werden. So erwartet die Bank-Analystin Meredith Whitney, dass mindestens 300 Banken untergehen werden. Institutional Risk Analytics geht sogar von über 1?000 Banken aus, die pleite gehen können und bezeichnet das US-Bankensystem als Zombie-Tanz-Party.
Ernüchternder Stress-Test
Die Stress-Tests der Banken führen zu ernüchternden Ergebnissen. Das Deflationsgespenst weiterer Pleiten lastet auf den Märkten und hat dazu geführt, dass mittlerweile mehr als 2’200 Banken extrem gefährdet und dies trotz der grössten Gelddruckorgie in der amerikanischen Wirtschaftsgeschichte.
Abb. 2: Stress-Test US-Banken Q2/09. (Quelle: FDIC/The IRA Bank Monitor)
Von ehemals 6?000 Banken mit einem A+-Rating nach Standard & Poor?s im Jahre 2006 sind nur noch knapp deren 3?500 übrig geblieben. Die scheinbare Stabilität der Finanzmärkte führte wie schon der Ökonom Hyman Minsky aufzeigte zu einer höheren Risikobereitschaft bei den Banken und ist Hauptgrund für die finanzielle Instabilität der US-Wirtschaft. Das Hauptproblem dürfte hierbei nicht einmal sein, dass dem Einlagensicherungsfonds langsam aber sicher die Mittel ausgehen, sondern dass viele US-Gemeinden ökonomisch untergehen, wenn Kommunal- und Regionalbanken sterben. Das Problem des systemischen Risikos lässt sich so lange nicht aus der Welt schaffen wie das grösste Risiko, die Fed selbst, nicht das tut, was sie als verantwortungsvolle Notenbank eigentlich tun müsste, nämlich die Ursache der Krise ? das zu billige Geld ? zu bekämpfen. Wenn eine Bank wie die Citigroup sich mitten in der Krise verfünffachen kann, obwohl sie nach wie vor mit «F» gerated wird, dann zeigt dies, dass das Geld der Fed nur im Eigenhandel bei den Grossbanken ankommt, nicht jedoch bei den unzähligen kleineren Banken und in Folge nicht beim Bürger.
Cash-for-Clunkers verschuldet US-Bürger noch mehr
Mit Symptombekämpfungen wie Abwrackprämien (Cash-for-Clunkers) lassen sich Ökonomien nicht auf einen nachhaltigen Wachstumspfad bringen. Vor allem sind solche Massnahmen unter anderem auch deshalb keine Lösung, da sich viele, die einen Neuwagen kauften, dafür noch mehr verschulden mussten. Die Sanierung eines Systems setzt voraus, dass dieses gesundungsfähig ist. Angesichts des immensen Schuldenstandes der USA muss jedoch bezweifelt werden, ob ein Gesundschrumpfen dort überhaupt noch funktionieren kann. Ist dies nicht der Fall, so sollte der Staat alles daransetzen, die Unternehmen zu stützen, da eine Konkurswelle Massenarbeitslosigkeit, reduzierten Konsum und damit eine geringe Nachfrage erzeugt, die wiederum den Kostendruck auf die Unternehmen weiter erhöhen wird. Eine derartige deflationäre Spirale wird dann besonders kritisch, wenn die Banken, die unter Sanierungdruck stehen, das Geld horten und es nicht an ihre Kunden verleihen, also so, wie dies aktuell geschieht.
Deflationsspirale durchbrechen
Nun rächt sich, dass man es über zwei Jahrzehnte hinweg den Banken erlaubt hat, über zu geringe Eigenkapitalquoten zu verfügen und das Wachstum von Finanzderivaten ausufern zu lassent. Deshalb bleibt als einziger Schritt zur Sanierung des globalen Banken-Ponzi-Schemas wohl nur noch die Einführung einer neuen Weltwährung und neuartiger Kontrollsysteme, die nicht geldmengen- oder zinsgesteuert sind sondern einzig und allein dem Zweck dienen, die Systemstabilität zu gewährleisten, d.h. Bubbles, wo immer diese entstehen, frühzeitig zu bekämpfen. Ohne ein neues vertrauenswürdiges System wird sich die aktuelle Krise zu einer noch grösseren Depression als diejenige der 30er Jahre auswachsen. Die Chinesen fordern nicht zu unrecht eine neue Weltleitwährung und empfehlen wohl deshalb aktuell ihren Bürgern in Gold und Silber zu investieren. Denn eines ist sicher, dass nach den notwendigen deflationären Bereinigungen der Weg der USA in die Hyperinflation vorgezeichnet ist, wenn keine neuen lebensfähigen Strukturen in der Finanzwirtschaft geschaffen werden.
Artur P. Schmidt
Der Wirtschaftskybernetiker Dr.-Ing. Artur P. Schmidt wurde in Stuttgart geboren. Er besuchte im Stadtteil Zuffenhausen das Ferdinand-Porsche-Gymnasium und machte dort das Abitur. Das Studium der Luft- und Raumfahrttechnik in Stuttgart und Berlin schloss er im Alter von 27 Jahren mit der Bestnote im Fachgebiet Raketentechnik ab, so dass ihm von Prof. H.H. Koelle die Promotion angetragen wurde. Im Alter von 30 Jahren erhielt Artur P. Schmidt den Doktortitel für ein kybernetisches Marktanalyse-Verfahren am Beispiel der Strategischen Planung von Airbus Industries. Nach einer Beratungstätigkeit bei Anderson Consulting sowie als Leiter der Strategischen Analyse der Ruhrgas AG war Dr. Schmidt Stipendiant der Stiftung zur Förderung der systemorientierten Managementlehre und letzter Schüler von Prof. Hans Ulrich, dem Begründer des St. Galler Management-Ansatzes. Während dieser Zeit begann Dr. Schmidt seine publizistische Laufbahn, aus denen Bestseller wie «Endo-Management» und «Der Wissensnavigator» sowie Wirtschaftsbücher wie «Wohlstand_fuer_alle.com» oder «Crashonomics» hervorgingen. Sein neuestes Buch, welches im EWK-Verlag (www.ewk-verlag.de ) erschienen ist, heisst «Unter Bankstern».
Heute ist Artur P. Schmidt Herausgeber des Online-News-Portals www.wissensnavigator.com sowie der Finanz-Portale www.bankingcockpit.com , www.wallstreetcockpit.com , www.futurescockpit.com und www.optioncockpit.com sowie Geschäftsführer der Tradercockpit GmbH (www.cockpit.li ). Dr. Schmidt ist ein gefragter Keynote-Speaker sowie Kolumnist für zahlreiche Finanzpublikationen.