Auch der Ständerat will den jährlichen Ausgleich der kalten Progression
Weil die Einkünfte mit der Teuerung steigen, rutschen die Steuerzahler in eine höhere Tarifstufe, ohne dass ihre Kaufkraft zugenommen hat. Heute wird dies erst dann mit einer Korrektur an Tarifen und Abzügen ausgeglichen, wenn die aufgelaufene Teuerung 7% erreicht. Letztmals war dies im Steuerjahr 2006 der Fall.
Kosten von mehreren Hundert Millionen Franken
Nach dem Beschluss der Räte wird die kalte Progression künftig jedes Jahr ausgeglichen, was Bund und Kantone mehrere Hundert Millionen Franken kosten wird. Bei einer negativen Teuerung ist eine Anpassung ausdrücklich ausgeschlossen. Der nächste Ausgleich erfolgt dann auf der Basis der letzten Korrektur.
Unbestrittener Anspruch
Dass die Steuerzahler Anspruch auf einen rascheren Ausgleich haben, wurde im Zweitrat gar nicht erst diskutiert. Die kalte Progression verzerre die vom Gesetzgeber gewollte Steuerbelastung, sagte Erika Forster als Sprecherin der Wirtschaftskommission (WAK). Gemessen am Wirtschaftswachstum seien die Steuereinnahmen pro Kopf überproportional gestiegen. Mit 28 zu 11 Stimmen entschied sich der Ständerat für einen jährlichen Ausgleich und folgte damit dem Nationalrat. Diese Lösung sei «einfach, transparent und für die Steuerpflichtigen die gerechteste», sagte Forster. Der Aufwand für die Steuerverwaltungen sei vertretbar, zumal jedes Jahr auch andere Anpassungen nötig seien.
Merz: «Beide Lösungen sind in Ordnung»
Eine vom Freisinnigen Dick Marty (FDP/TI) angeführte WAK-Minderheit mit drei SP-Mitgliedern plädierte wie der Bundesrat für eine Schwelle von 3 Prozent. Von einem jährlichen Ausgleich könnten nur hohe Einkommen substanziell profitieren, sagte Marty. Die «pragmatische» 3-Prozent-Regel komme den Kantonen entgegen und ermögliche die Vereinheitlich der Steuersysteme. Finanzminister Hans-Rudolf Merz vergoss für den «Kompromiss» der Landesregierung kein Herzblut. «Beide Lösungen sind in Ordnung», stellte er fest. Der insbesondere von seiner freisinnigen Partei mit Vorstössen forcierte jährliche Ausgleich wäre «zwar fair und gerecht, aber auch wenig effizient».
Inkrafttreten um ein Jahr verschoben
Noch meisten zu reden gab das Inkrafttreten des neuen Regimes. Auf Antrag der Kommissionsminderheit legte der Rat dieses mit 26 zu 10 Stimmen statt auf den 1. Januar 2010 erst auf den 1. Januar 2011 fest. Mit Sicherheit wird der Nationalrat in der Sommersession vom Termin Anfang November 2009 abrücken müssen. Mit dem späteren Inkrafttreten nimmt der Ständerat Rücksicht sowohl auf die Kantone wie auch auf die Bundesfinanzlage, die sich laut Merz ab 2011 stark verschlechtern wird. Bewusst wählte er zudem den gleichen Zeitplan wie am Vortag für die steuerliche Entlastung der Familien mit Kindern. (awp/mc/pg/14)