Aus der Sammlung Bührle: Frans Hals Bildnis eines Mannes

von Tanja Hess

Einen Wurf wird ein Bild genannt, bei dessen Entstehung aus dem Moment alles stimmt. Jeder Künstler ist in seiner Tätigkeit immer wieder darin bestrebt, sich möglichst gut in die «Wurfhaltung» zu bringen. Aus dieser Haltung heraus entstehen Meisterwerke erster Güte. Vergleichbar ist diese Haltung mit der Konzentration eines Hochspringers, der sich vor dem Anlauf sammelt, um Bestes zu leisten.


 


«Alla prima»


Frans Hals konnte diese Haltung wie kein anderer holländischer Künstler einnehmen. Seine Werke verschaffen ihm grossen Respekt. Frans Hals zeigt in einem seiner letzten Werke, welches er mit gut 80 Jahren geschaffen hat, seine grosse Virtuosität.


 



Frans Hals, (Antwerpen, 1581/85 – 1666, Haarlem), Porträt eines Mannes,&Öl auf Leinwand. 70 x 58.5 cm, Um 1660-1666.


Rasche Pinselstriche vernachlässigen auch mal die Form, um in der Präsenz mehr zu bieten, als die Wirklichkeit des Augenblicks zu bieten hat. In verschieden Tempi rasen die Striche übers Bild, immer präzise, als gäbe es eine Partitur. Die Konzentration auf das Wesentliche führt den Betrachter in die tieferen Schichten der Malerei, wo es nicht nur um Abbildung durch eine geschliffene Oberfläche geht. In einem Zug scheint das Bild gemalt zu ein, beeilend rasch und kräftig durchzieht der rhythmische Duktus das Bild. Es geht nicht um das finden der Form, welche den Gegenstand umreissen würde und ihn damit abschliessend beschreiben würde. Vielmehr macht sich der Maler des Barocks, ganz im Anliegen der Zeit entsprechend, dem Ziel näher, den Betrachter ins Staunen zu versetzten. Der Betrachter des barocken Bildes möchte das Bild erleben, eintauchen in einen Gefühlssturm, welcher von hell und dunkel ebenso geprägt ist wie von der Erscheinung der schönen und intensiven Dinge.


 


Seismografische Regung unter der Oberfläche


Gezeigt werden nur die Grundzüge des Gesichts, die Hand ist auf die Grundstruktur reduziert. Das Licht dominiert mit Reflexen den Raum. Das Weiss der Quasten am Kragen erscheinen wie kleine Feurewerke, dessen einzelne Lichtpunkt jeder für sich funkelt. Es ist ein gekonntes Wechselspiel von Schwarz und Weiss. Obwohl der Maler auf bunte Farben verzichtet erweckt das Bild den Eindruck, als läge ihm eine grössere Farbigkeit zugrunde. Die Virtuosität de Pinsels erweckt das Gefühl der Farbigkeit.


 


Die nochalante «sprezzatura»


Was auf den ersten Blick als grosse Leichtigkeit erscheint ist es nicht. Es ist eine grosse Kunst des Handwerks, den Pinsel so locker über den Malgrund gleiten zu lassen. Intensives Training und intensive Beobachtung, so wie die Fähigkeit das Unnötige vom Wesentlichen zu unterscheiden sind die Grundfertigkeiten, die es zu beherrschen gilt. Die letzten Werke grosser Maler wie Tizian oder Manet sind darum so intensive Bilder, weil diese Meister der Malerei in ihren letzten Werken dem Ziel der Malerei am nahesten gekommen sind – sich nur mehr dem eigentlich Malerischen zu widmen.


 


Das Beste aus der Sammlung Bührle






Stiftung Sammlung E. G. Bührle
Zollikerstrasse 172
CH-8008 Zürich
Offen: Di, Mi, Fr, So 14 – 17 Uhr
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