Aus für Wiedeking – Weichen für VW/Porsche gestellt
Die Milliardenschulden von Porsche sollen durch eine Kapitalerhöhung von mindestens fünf Milliarden Euro sowie den Einstieg des Golfemirates Katar abgebaut werden, teilte das Kontrollgremium in Weissach bei Stuttgart mit. In dem beispiellosen Machtkampf mit VW macht Porsche damit den Weg zur Bildung eines Konzerns mit Volkswagen frei.
Porsche soll wie Audi autonom bleiben
Porsche-Aufsichtsratschef Wolfgang Porsche, der lange Zeit hinter Wiedeking gestanden hatte, sieht die weitere Entwicklung von Porsche «positiv». Zu Beginn einer Sitzung des VW-Präsidiums in Stuttgart sagte er am Donnerstag: «Es ist doch alles wunderbar.» Niedersachsens Ministerpräsident, Christian Wulff (CDU), rief dazu auf, jetzt «nach vorne zu schauen». Wiedeking habe bei dem Versuch, Volkswagen zu übernehmen, «die richtige industrielle Logik erkannt», erklärte Wulff in Hannover. Porsche werde autonom mit Sitz in Stuttgart-Zuffenhausen bleiben wie Audi in Ingolstadt. «Die Porsche-Standorte sind sicherer als zuvor», versicherte Wulff.
Gesamtkonzept zu gestalten
VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh erklärte, jetzt komme es darauf an, ein industrielles und finanzielles Gesamtkonzept zu gestalten, das dem Wohle der Belegschaften von VW und Porsche dient. Porsche- Betriebsratschef Uwe Hück, der für den Verbleib von Wiedeking an der Spitze des Unternehmens gekämpft hatte, wollte am Mittag zu den Arbeitern sprechen. Am Donnerstag wollte auch der VW-Aufsichtsrat in Stuttgart beraten. Dabei dürfte das von Piëch und Wulff im Schulterschluss durchgefochtene Konzept der schrittweisen Übernahme von Porsche durch VW beschlossen werden.
Wiedeking und Härter legen sämtliche Ämter nieder
Wiedeking und Härter legen auch ihre Aufsichtsratsmandate bei VW und Audi nieder. In der am frühen Morgen veröffentlichten Porsche-Mitteilung heisst es: «Wiedeking und Härter kamen in den letzten Wochen zur Auffassung, dass es für die weitere strategische Entwicklung der Porsche SE und der Porsche AG besser sei, wenn sie als handelnde Personen künftig nicht mehr an Bord sind. Sie möchten mit diesem Schritt einen wichtigen Beitrag zur Befriedung der Situation leisten und die Bemühungen um einen integrierten Automobilkonzern fördern.»
Wiedeking-Abfindung
Wiedeking soll eine Abfindung von 50 Millionen Euro erhalten, von der die Hälfte in eine soziale Stiftung geht. Sein Vertrag hatte eine Laufzeit bis 2012. Härter erhält 12,5 Millionen Euro. Als Begründung für das Ausscheiden der Manager hiess es, Wiedeking und Härter wollten mit diesem Schritt «einen wichtigen Beitrag zur Befriedung der Situation leisten». Neuer Porsche-Chef soll der bisherige Produktionsvorstand Michael Macht werden. Stellvertreter würde Personalvorstand Thomas Edig.
Schuldenberg von rund 10 Milliarden Euro
Porsche hatte sich mit der Übernahme von knapp 51 Prozent von VW verhoben und gut zehn Milliarden Euro Schulden angehäuft. Das Kontrollgremium beauftragte den Vorstand, die Verhandlungen mit Katar zum Abschluss zu bringen. Ziel sei es, die Voraussetzungen für die Bildung eines integrierten Automobilkonzerns aus der Porsche SE und der Volkswagen AG zu schaffen, erklärte der Aufsichtsrat nach dem einstimmigen Beschluss. Das zwölfköpfige Kontrollgremium von Porsche war am frühen Mittwochabend überraschend im Forschungs- und Entwicklungszentrum in Weissach zusammengekommen, um die Weichen für die Zukunft des Autobauers zu stellen. Ursprünglich war die Sitzung für Donnerstag geplant. Einzelheiten zu dem Rettungskonzept gab es zunächst nicht.
Schlägt nun die Stunde Winterkorns?
Vorausgegangen war ein beispielloser, mit scharfen Angriffen, Drohungen und Intrigen gespickter Machtkampf um die Zukunft der Autobauer. In den vergangenen Tagen war bereits wiederholt über das Ende von Wiedeking an der Spitze des Sportwagenbauers spekuliert worden, da für den Manager in dem neuen VW/Porsche-Konzern kein Platz mehr ist. Wiedeking steht seit 1993 an der Porsche-Spitze. Der neue starke Mann im VW/Porsche-Konzern dürfte VW-Vorstandschef Martin Winterkorn werden. (awp/mc/ps/04)