Avaloq-Chef Fernandez schnappt sich Adcubum-Mehrheit

Francisco Fernandez ist beim St. Galler Hersteller von Krankenkassensoftware Adcubum eingestiegen. Der Gründer, Geschäftsführer und Hauptaktionär des Zürcher Bankensoftware-Herstellers Avaloq hat gemeinsam mit dem Verwaltungsratspräsidenten von Avaloq, Didier Sangiorgio, sowie einer privaten Schweizer Investorengruppe die Aktienmehrheit im September übernommen. Avaloq und Adcubum bestätigten die Transaktion auf Anfrage.
 
Grosser Deal
Fernandez und Sangiorgio haben das Aktienpaket von Karl-Friedrich Kalmund übernommen, der seinen Anteil erst im April 2007 auf über 50 Prozent erhöht hatte. Management und Mitarbeitende von Adcubum halten weiterhin einen Minderheitsanteil. Finanzielle Einzelheiten sind nicht bekannt. Laut der Investmentbank Close Brothers, die Kalmund beim Verkauf seiner Anteile beraten hat, liegt die Bewertung des Gesamtunternehmens bei einem «dreistelligen Millionenbetrag». Die Transaktion war demnach eine der grössten Privatplatzierungen im deutschsprachigen Softwaremarkt in diesem Jahr.
 
«Private Beteiligung»

Avaloq und Adcubum versichern, dass keine Übernahme- oder Fusionspläne zwischen den beiden Unternehmen bestehen. Das Engagement sei als private finanzielle Beteilung zu verstehen. Trotzdem ist es nicht von der Hand zu weisen, dass Avaloq und Adcubum Synergiepotenzial hätten. Avaloq entwickelt Standardsoftware für Banken, Adcubum ist mit seiner Software «Syrius» einer der führenden Anbieter von Standardlösungen für Krankenversicherungen in Europa. Der Versicherungsmarkt befindet sich momentan dort, wo die Finanzbranche vor zehn Jahren war: Immer mehr Versicherungen lösen Eigenentwicklungen durch Standardsoftware ab.
 
«In der Assekuranz ähnliche Trends wie bei den Banken»
Auf der Adcubum-Homepage lässt sich Fernandez mit folgenden Worten zitieren: «Ich beobachte in der Assekuranzbranche ähnliche Trends wie bei den Banken. Die Margen schrumpfen, die Komplexität des Geschäfts und der Regulation nehmen rapide zu und somit die Anforderungen an die IT-Infrastruktur. Dabei wirkt IT heute nicht nur auf die Kosteneffizienz, sondern gewährleistet (oder verunmöglicht im schlechten Fall) die Umsetzung von Strategien. Die Branche fokussiert auf ihre Kernkompetenzen und lagert IT-Kompetenz vermehrt aus. Kurzum ein ‹déja-vu› zur Bankenbranche aber einige Jahre hinterherhinkend. Die Adcubum ist mit ihrem Produkt und ihren Talenten hervorragend positioniert, um in der Branche national und international eine signifikante Rolle zu spielen. Ich freue mich mit der Adcubum in der Versicherungsbranche eine ähnliche Erfolgsgeschichte zu erleben, wie mit Avaloq in der Bankenindustrie.»
 
Zwischen Avaloq und Adcubum bestehen bereits seit zwei Jahren Verbindungen. Mit dem Einstieg von Kalmund bei Adcubum vor zwei Jahren wurde Avaloq-VR-Präsident Sangiorgio auch bei Adcubum in den Verwaltungsrat gewählt. Vor kurzem ist er als VR-Präsident von Adcubum bestätigt worden. Fernandez wurde neu als Mehrheitseigner anstelle von Kalmund in den Adcubum-Verwaltungsrat gewählt.
 
Adcubum wächst stark
Bei Adcubum ist die Übernahme durch Fernandez gut aufgenommen worden, wie aus internen Quellen zu erfahren ist. Man war nicht sonderlich überrascht, dass Kalmund seinen Anteil relativ schnell wieder verkauft hat, da er in den vergangenen Jahrzehnten oft die gleiche Strategie auch bei anderen Unternehmen (etwa beim Versicherungssoftware-Hersteller FJH) angewendet hat. Adcubum ist unter Kalmunds «Ägide» stark gewachsen: Vor eineinhalb Jahren beschäftigte das Unternehmen in St. Gallen und Stuttgart 60 Personen – heute sind es schon über hundert. Adcubum ist nach eigenen Angaben «hochprofitabel» und erzielte in den letzten Jahren ein Wachstum von jeweils mehr als 25 Prozent. 2008 erwartet das Unternehmen einen Umsatz von über 30 Millionen Franken. (Inside-IT/mc)

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