BAK Basel: Entwarnung an der Teuerungsfront

«Das Schreckgespenst der Inflation hat zwar angeklopft, zieht aber weiter», sagte BAK-Direktor Urs Müller an einer Tagung des Konjunktur-Forschungsinstituts in Basel. Damit spielte er auf die hohen Teuerungsraten der vergangenen Monate an. Im März kletterte die Inflationsrate auf 2,6% – der höchste Stand seit Oktober 1993. Bereits in den beiden Vormonaten wurde die Toleranzgrenze der Nationalbank von 2% deutlich überschritten.


«Importierter» Teuerungsschub
Der Teuerungsschub sei «nicht hausgemacht, sondern importiert», erklärte Müller. Als grösster Teuerungstreiber erweise sich die weltweite Hausse bei Rohstoffen, allen voran Erdöl. Praktisch die Hälfte der März-Teuerung sei auf den Erdöl-Preis zurückzuführen, sagte BAK-Ökonom Alexis Körber. Der Einfluss des Ölpreises sei aber wegen eines statistischen Effekts überzeichnet. So waren die Ölpreise im ersten Quartal 2007 kurzzeitig tiefer. Daher erscheint die Teuerung nun besonders ausgeprägt. Dieser Basiseffekt komme im Jahresverlauf trotz der anhaltend hohen Ölpreise immer weniger zu tragen. Zudem führe die weltweit nachlassende Wirtschaftsdynamik zu einer Abschwächung des Preisdrucks. Bei den Nahrungsmitteln allerdings könnte der Preisauftrieb anhalten, sagte Körber.


Mittelfristige Zunahme der strukturellen Inflationsrisiken
Auch dürften die Zeiten tiefer Arbeits- und Produktionskosten in aufstrebenden Schwellenländern vorbei sein. Damit bestehe die Gefahr, dass diese Länder künftig verstärkt Inflation über teurere Güter und Dienstleistungen exportierten. Mittelfristig nähmen die strukturellen Inflationsrisiken somit zu.


Warnung vor «Inflationsparanoia»
Preisüberwacher Rudolf Strahm warnte an der Veranstaltung vor einer «Inflationsparanoia»: Die Frage werde überbewertet. Rechne man Erdöl sowie Rohstoffe wie Weizen, Soja und Mais heraus, betrage die Kernteuerung gerade mal ein Prozent. Dagegen werde die Problematik der «Hochpreisinsel Schweiz» meist unterbewertet. Das allgemeine Preisniveau in der Schweiz liege um einen Viertel über jenem in der EU, monierte Strahm. Er forderte unter anderem die Zulassung von Parallelimporten.


Warnung vor Überreaktion der Nationalbank
Hans Baumann, Chefökonom der Gewerkschaft Unia, zeigte sich besorgt, weil die hohe Teuerung die im vergangenen Herbst ausgehandelten leichten Reallohnerhöhungen nun wieder «wegfrisst». Das könnte den Konsum dämpfen, die wichtigste Stütze der Schweizer Wirtschaft. Dennoch warnte Baumann die Nationalbank vor einer Überreaktion. Die Währungshüter dürften nicht den gleichen Fehler machen wie in den 90er-Jahren und mit dem Ziel der Inflationsbekämpfung zu stark auf die Bremse stehen. Sonst könnte die Schweiz in eine Rezession abgleiten. Dies mache ihm mehr Angst als die Teuerung.


Bei den hohen Inflationsraten der Monate Januar bis März handle es sich um «punktuelle Verletzungen» der Preisstabilität, beruhigte der frühere Vizepräsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB), Niklaus Blattner. «Die Inflation ist nicht zurück.» (awp/mc/pg)

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