Baloise Session 2022: Nach zwei Jahren Livestream wieder vor Ort und mit der Wiederentdeckung des Jazz

Baloise Session 2022: Nach zwei Jahren Livestream wieder vor Ort und mit der Wiederentdeckung des Jazz
Gregory Porter (Bild: Baloise Session, Helmuth Fuchs)

Mit den Baloise Session @home wurde die Pandemiezeit kreativ überbrückt. Vom 27. Oktober bis zum 11. November konnten aber bis zu 1550 Gäste jeden Abend die grossartige Klub-Atmosphäre und hervorragende Musikerinnen und Musiker wieder live erleben. Nach Jahren der Abwesenheit hat der Jazz mit den Snarky Puppy und Gregory Porter eine triumphale Rückkehr gefeiert.

Von Helmuth Fuchs

Sieben lange Jahre mussten Jazz-Fans warten, dafür wurden sie am 10. November mit zwei weit auseinander liegenden Interpretationen von Jazz verwöhnt.

Zuerst brachte Snarky Puppy die Halle mit funkigen Rhythmen, Jazzrock, präzisen Arrangements und mitreissenden Improvisationen auf Temperatur. Dem Gründer Michael League gelingt es, der Band auch nach 18 Jahren noch eine lausbübische Freude am Spiel und an Überraschungselementen zu erhalten. Vier Grammy Awards in den Jahren von 2014 bis 2021 sind die verdiente Anerkennung für die Ausnahmekönner. Die Band schafft den Spagat zwischen hoher Präzision, unbändiger Spielfreude und ständiger Weiterentwicklung mit scheinbarer Leichtigkeit.

Mit Ausnahme des letzten Stückes spielte Snarky Puppet am 10. November nur neue Stücke ab dem erst vor einigen Wochen erschienen (inzwischen 14. Album) «Empire Central». Mit «Take it» befindet sich darauf auch die letzte Aufnahme von Bernard Wright, der am 19. Mai in Dallas bei einem Verkehrsumfall 59-jährig ums Leben kam. Wright hatte einen grossen Einfluss auf das Musikverständnis von Michael League.

Das Publikum im Saal liess sich mitreissen und von der Spielfreude anstecken. Musiker und Publikum hatten offensichtlich die gemeinsamen Zeiten vermisst und dankten die direkte Begegnung auf ihre Weise, die einen mit Spielfreude, begeisternden Improvisationen und einer instrumentalen Virtuosität, die in einem so grossen Ensemble einmalig sein dürfte, die andern mit spontanen und anhaltenden Ovationen.

Nach der Pause zeigt Gregory Porter mit seinem melodiösen und voluminösen Bariton eine völlig andere Facette des Jazz. Seine Wurzeln liegen in Gospel, Soul und Rhythm & Blues, seine Inspiration schöpft er aus den eigenen Erfahrungen mit den grossen Themen wie Liebe, Rassismus, Beziehungen. War bei Snarky Puppy das Ensemble als Ganzes der Star, ist bei der fünfköpfigen Band Porter klar die dominierende Persönlichkeit. Er liess seinen Musikern viel Raum für eigene Soli, den vor allem Jahmal Nichols für eine ausholende Kontrabass-Reminiszenz nutzte, holte dann das Publikum aber immer wieder zurück mit seiner sanften, beruhigenden und fesselnden Stimme.

Balladen, beschwörende Gospel-Sequenzen, groovige R&B-Stücke und immer mehr Zuhörerinnen, die sich vor der Bühne zum Tanzen verleiten liessen. Den stimmungsmässigen Höhepunkt setzte er fast zum Schluss mit «No Love Dying (here)» und zeigte einmal mehr, weshalb Musik so unverzichtbar ist.

Kaum ein anderes Medium schafft den Zugang zu den ganz grossen Themen, wie der Liebe, so direkt, übergreifend, berührend, verbindend. Nach Zeiten, in denen Menschen sich isolieren mussten, Nähe eine Seltenheit wurde, ermöglichte die Musik von Porter (und auch jene von Snarky Puppy) ein Wieder-Zueinanderfinden auf einer Ebene, die ohne Worte auskam und trotzdem (oder gerade deswegen) von allen verstanden wurde.

Beatrice Stirnimann (CEO) und ihr Team haben einmal mehr einen Event gestaltet, der den Gästen vom ersten Schritt in das Messegebäude an ein Gefühl des Willkommen-Seins und der Teilnahme an etwas Aussergewöhnlichem vermittelte. Ein Gefühl, das nicht täuschte und durch die hervorragende Verpflegung und Betreuung der Gäste bekräftigt wurde.

Wer sonst keinen Grund findet, nach Basel zu gehen: Die Baloise Session lohnen jeden Weg.

Baloise Session 2022: Aufzeichnung des Konzertes von Gregory Porter bei Arte

Die nächste Baloise Session findet vom 19. Oktober bis 9. November 2023 statt.

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