Bankenombudsman: Anleger gehen zu grosse Risiken ein
Mehr als jeder vierte Klage, die er behandle, drehe sich mittlerweile um diese Themen, sagte Ombudsman Hanspeter Häni am Dienstag vor den Medien in Zürich. Bei normalen Verhältnissen auf den Finanzmärkten ist es nur etwa jede sechste Schlichtungsanfrage. Das Muster der Anfragen sei ähnlich wie bei den letzten beiden Börsenkrisen 1994 und 2002, sagte Häni. Die Kunden hätten hohen Renditen angestrebt und später festgestellt, dass sie ihr Geld viel risikoreicher investiert hatten, als sie dies eigentlich tun wollten.
Höhere Rendite bedeutet höheres Risiko
In solchen Fällen klärt die Ombudsstelle ab, wie die Bank den Kunden genau beraten hat und ob die Beratung auf korrekt verlaufen ist. «Der Kunde soll von der Bank zwar nicht bevormundet werden», erklärte Häni. «Wenn er sich aber beraten lässt, soll die Beratung auf seine Situation zugeschnitten sein.» Insbesondere müsse die Bank den Kunden auf die Risiken hinweisen. Der Grundsatz, dass eine höhere Rendite auf ein höheres Risiko bedeutet, könne nämlich auch nicht mit ausgeklügelten Anlageprodukten und schönen Prospekten aus der Welt geschafft werden.
Noch mehr Einsprachen erwartet
Aufgrund der Krise an den Finanzmärkten rechnet Häni fürs laufende Jahr mit einer insgesamt steigenden Zahl von Einsprachen. Damit würde die Fallzahl bei der Bankenombudsstelle erstmals wieder steigen, nachdem sie die letzten 5 Jahre rückläufig war oder stagnierte. 2007 trafen beim Ombudsman total 1476 Anfragen ein, wovon es sich bei 730 um telefonische Auskünfte handelte. Den 746 neuen schriftlich geführten Beschwerdenfällen stehen 656 Klagen gegenüber, welche der Ombudsman letztes Jahr abschliessen konnte.
Vier von zehn Beschwerden aus dem Ausland
Gegenüber den Vorjahren gestiegen ist dabei insbesondere der Anteil der Beschwerden aus dem Ausland. Sie machten letztes Jahr 39% der abgeschlossenen schriftlichen Beschwerden aus. 2003 lag der Anteil noch bei lediglich 26%. 22% der schriftlich geführten Fälle, die der Ombudsman 2007 abschloss, betraf den Zahlungsverkehr, Kredit- und Bankkarten sowie die Kontenführung. 16% drehten sich um Anlageberatungen. Bei 14% ging es um Börsengeschäfte, bei 10% um Kredite und bei 8% um Gebühren.
256 Interventionen
Bei 39% der Fälle, also 256 Mal, intervenierte die Ombudsstelle bei der betroffenen Bank. In rund der Hälfte dieser Fälle führte das laut Jahresbericht dazu, dass die Bank ihr Verhalten korrigierte respektive dem Kunden eine Entschädigung auszahlte. Bisweilen profitierte indes nicht nur ein einzelner Kunde von der Vermittlungstätigkeit des Ombudsman. Gemäss Annemarie Huber-Hotz, ehemalige Bundeskanzlerin und neue Präsidentin der Stiftung Schweizerischer Bankenombudsmann, hätten Interventionen des Ombudsmans auch schon dazu geführt, dass eine Bank einen Systemmangel eliminiert habe.
Gang zur EBK bleibt praktisch ausgespart
Überhaupt habe sich das Verhältnis zwischen den Banken und dem Ombudsman geändert, seit dieser vor 15 Jahren seine Tätigkeit aufgenommen hatte, sagte Huber-Hotz. Vor allem die grossen Banken wüssten mittlerweile, dass der Ombudsman neutral vermittle und nicht nur die Interessen der Kunden vertrete. Zum seinem letzten Mittel, den Gang zur Eidgenössischen Bankenkommission (EBK), müsse der Ombudsman daher fast nie mehr greifen. (awp/mc/ps/16)