Am Mittwoch hatte der türkische Europaminister Egemen Bagis wohlhabende Muslime in aller Welt aufgerufen, ihre Vermögen aus der Schweiz abzuziehen und in der Türkei anzulegen. Am Donnerstag erklärte Bagis in Brüssel, er hoffe, dass die Schweiz das Abstimmungsresultat korrigieren werde. «Ich glaube nicht, dass grundlegende Menschenrechte einer demokratischen Volksabstimmung unterzogen werden sollten. Ich denke, das ist dumm.», wird Bagis von der österreichischen Presseagentur APA zitiert.
Das Votum, bei dem sich am Sonntag eine Mehrheit der Schweizer für ein Bauverbot von Minaretten ausgesprochen hat, stehe nicht in der Tradition der Schweiz, sagte Bagis. «Ich hoffe, die Schweiz wird nicht ein Freilichtmuseum der Intoleranz im Herzen Europas.»
Abgeltungsmodell
Im Steuerstreit propagiert die Bankiervereinigung weiterhin ihr neues Abgeltungssteuermodell. Diese breiter gefasste Quellensteuer sieht die SBVg als Alternative zu anderen Systemen, wie dem automatischen Informationsaustausch. Roth sprach in Brüssel von einer langfristigen Lösung und einem «zeitgerechten Vorschlag». Dieser baut auf dem Quellensteuermodell auf, das im Zinsbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und der EU festgehalten ist.
Zeichen der Zeit verkannt?
Allerdings verlautete in den letzten Wochen in Diplomatenkreisen in Brüssel, aber auch aus verschiedenen EU-Staaten, dass dieser Vorschlag die Zeichen der Zeit verkenne. Denn während die SBVg und auch Luxemburgs Finanzminister Luc Frieden für einen Ausbau der Quellenbesteuerung werben, geht die Diskussion EU-intern immer stärker Richtung automatischen Informationsaustausch.
Kein automatischer Informationsaustausch
«Der automatische Informationsaustausch ist für uns kein Thema», sagte Roth. Es gehe für die Schweiz und das Bankgeheimnis darum, den Datenschutz aufrecht zu erhalten und «die finanzielle Privatsphäre für ehrliche Kunden zu wahren». Deshalb habe die SBVg den Vorschlag einer Abgeltungssteuer gemacht und diesen auch mit verschiedenen Bundesbehörden sowie Bankiervereinigungen in anderen Ländern besprochen. «Bevor nicht die Schweizer Regierung diesen Vorschlag übernimmt, erwarten wir kein positives Zeichen von der EU-Kommission oder einzelnen EU-Staaten», so Roth. Das sei die gängige Verhandlungstaktik. (awp/mc/pg/21)