Basler Zeitung an Tito Tettamanti verkauft

Tettamanti wird als Mehrheitsaktionär einen Aktienanteil von 75% halten und Martin Wagner 25%. Die Familie Hagemann hatte zuvor mit einem Anteil von 63% die Aktienmehrheit an der BZM gehalten. Die PubliGroupe hatte 37% der Aktien gehalten. Über die Höhe des Kaufpreises haben die Parteien Stillschweigen vereinbart.


Wagner neuer BZM-VRP
Wagner wird neuer Verwaltungsratspräsident der BZM und Verleger der «Basler Zeitung»; der bisherige Verwaltungsratspräsident Matthias Hagemann bleibt Mitglied des Verwaltungsrates. Die Familie Hagemann habe seit dem vergangenen Herbst einen Käufer für die BZM gesucht, wurde Hagemann in der Mitteilung zitiert. Es habe verschiedene Interessenten gegeben, auch aus dem Ausland. Ziel der Übernahme sei, die «Basler Zeitung» als unabhängige Tageszeitung zu erhalten, liess sich Martin Wagner zitieren. Man habe ein Signal gegen die Pressekonzentration in der Schweiz setzen wollen. Matthias Geering bleibt Chefredaktor der «Basler Zeitung».


CEO Beat Meyer geht
Zu einem Führungswechsel kommt es hingegen in der Unternehmensleitung der BZM: CEO Beat Meyer verlässt die Gruppe. Seine Funktion wird der bisherige CFO Jürgen Hunscheidt übernehmen. Gleichzeitig übernimmt der bisherige Verlagsleiter Roland Steffen konzernweit die Funktion als Chief Operating Officer. Basler Zeitung Medien gehören 14 eigenständige Firmen wie beispielsweise das Druckereiunternehmen Birkhäuser in Reinach. Flaggschiff des Unternehmens ist die Basler Zeitung mit einer Auflage von rund 88’000 Exemplaren. Die Gruppe beschäftigt derzeit gegen 1’200 Mitarbeiter und erreichte im Geschäftsjahr 2008/09 einen Umsatz von rund 263 Mio CHF. Der operative EBITA belief sich auf 6 Mio CHF.


Spekulationen über langfristige Zukunft der Zeitung
Der Verkauf der Basler Zeitung Medien (BZM) an zwei Privatinvestoren stimmt Medienexperten positiv. Das sei ein gutes Zeichen für die Medienvielfalt. Die langfristigen Absichten des Financiers Tito Tettamanti blieben jedoch im Dunkeln. «Eine wichtige Tageszeitung bleibt unabhängig», stellte der Zürcher Publizist und Journalist Karl Lüönd fest. Das trage dazu bei, dass die Pressevielfalt in der Schweiz bestehen bleibe, sagte er am Montag auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA. Das Interesse am Basler Verlag sei gross gewesen. «Die beiden Schweizer Grossverlage Tamedia und NZZ-Gruppe und mindestens ein Verlag aus dem Ausland haben sich um die Basler bemüht», sagte Lüönd.


Lebrument sieht Kräfteverhältnisse erhalten
Ins gleiche Horn stösst der Präsident des Verbandes Schweizer Presse, Hanspeter Lebrument. Der Basler Entscheid wirke der Konzentration in der Schweizer Medienbranche entgegen. Er begrüsse, dass in Basel weiterhin ein unabhängiger Verleger tätig sei. Damit bleibe das Kräfteverhältnis unter den Schweizer Medien erhalten. Für die unmittelbare Zukunft der BAZ zeigte sich Publizist Lüönd zuversichtlich: Die Übernahme durch Tettamanti und den Medienanwalt Martin Wagner stelle den Verlag auf eine solide finanzielle Basis. «Das ist wichtig, um im Sturm bestehen zu können.»


Potenter Geldgeber hinter Wagner?
Lüönd vermutet zudem, dass hinter Wagner ein potenter Geldgeber steht. Konkret nennt der Publizist den Basler Medienunternehmer Bernhard Burgener, der neu im Verwaltungsrat der Basler Zeitung Medien Einsitz nimmt. Burgener ist Chef der Constantin Medien. Die langfristigen Perspektiven des Basler Verlagshauses bleiben dagegen ungewiss. Es heisse zwar, das Engagement Tettamantis sei langfristig, sagte Lüönd. «Was heisst aber langfristig bei einem Financier, der bald 80 Jahre alt wird?» Lüönd vermutet, dass Tettamanti bei der BZM gleich vorgehen wird wie schon zuvor beim Jean Frey Verlag: Flicken und Verkaufen. Ein Weiterverkauf stehe zwar kaum unmittelbar bevor. Und wenn es denn soweit sei, rückten wiederum die Grossverlage ins Blickfeld.


«Mutiger Entscheid»
Auch Verlegerpräsident Lebrument gab zu bedenken, dass Tettamanti seine Medienbeteiligungen meist rasch wieder abgestossen habe – «bisher aber nicht an einen Zürcher Konzern». Es habe sich aber in der Vergangenheit auch gezeigt, dass Tettamanti die Zeitungsmacher unabhängig arbeiten lasse. Als erfreulich bezeichnete der Medienwissenschaftler Stephan Russ-Mohl das Engagement eines privaten Investors bei der «Basler Zeitung». Angesichts des Drucks, der auf den Schweizer Verlagen laste, halte er den Entscheid der beiden Käufer Tettamanti und Wagner für mutig, sagte der Professor für Journalistik und Medienmanagement an der Universität der italienischen Schweiz.


Mehrheitsaktionär Tettamanti nicht im VR
Chefredaktor und Redaktionsstatut der BaZ sollen bleiben. Ein Kurswechsel sei nicht geplant. Wagner, der sich explizit zur freien Marktwirtschaft bekannte, kündigte indes an, als Präsident «eine aktive Rolle» spielen zu wollen. Hagemann kennt Tettamanti vom Verkauf der Jean Frey 2002 samt «Weltwoche». Unter der Führung des 79-jährigen rechtskonservativen Tessiner Financiers mit Sendungsbewusstsein ist das Blatt auf einen strammen Rechtskurs eingeschwenkt. 2006 verkaufte er es. Im neuen BZM-Verwaltungsrat sitzen neben Wagner als Präsident und Hagemann noch der Notar Pascal Berger und der Medienunternehmer Bernhard Burgener (Constantin Film Schweiz). Tettamanti hat keinen Sitz. (awp/mc/ps/04) 

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