Bayer: Kritik an Schering-Kaufpreis zurückgewiesen

Der Preis sei «angemessen», sagte Konzernchef Werner Wenning am Freitag in Köln vor gut 6.000 Aktionären. Die grösste Übernahme in der Bayer-Firmengeschichte sei «Wert schaffend» und «der richtige Schritt», Aktionärsschützer begrüssten die geplante 16,5 Milliarden Euro schwere Übernahme grundsätzlich, übten aber Kritik an der Höhe des Kaufpreises.


Übernahmepreis eher im unteren Segment

Der Übernahmepreis liegt nach Einschätzung von Wenning eher am unteren Rand dessen, was derzeit für HealthCare-Unternehmen ausgegeben wird. Gemessen am für 2006 erwarteten Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von Schering liege der Preis bei einem Faktor von rund 11,6. Die Übernahme sei für die Stärkung des margenträchtigen Geschäfts mit Pharma-Spezialitäten «ein wahrer Meilenstein». Bayer steige «in die erste Liga der grössten Pharma-Spezialitätenhersteller der Welt auf». Der Anteil des Spezialitätengeschäfts am Gesamt-Pharmaumsatz erhöhe sich von einem Viertel auf knapp drei Viertel. Das Gesundheitsgeschäft werde als «Hauptwachstumsmotor» «substanziell» ausgebaut und die Ertragskraft «nachhaltig» gestärkt, sagte Wenning.

Die vermutlich letzte Gelegenheit

«Man musste zugreifen», sagte Hans-Richard Schmitz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Es sei wohl die letzte Gelegenheit zum Kauf eines namhaften Pharmaunternehmens gewesen, das darüber hinaus in weiten Teilen gut zu Bayer passe. Die Leverkusener hatten mit ihrem Gebot den Chemiekonzern Merck KGaA ausgebootet. Reinhild Keitel von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) kritisierte allerdings den «enormen Kaufpreis» und die mangelnde Einbeziehung der Aktionäre. Der Preis liege mit einer Prämie von rund 40 Prozent auf den Durchschnittskurs von Schering vor den ersten Übernahmegerüchten bei etwa zwei Dritteln der Bayer-Börsenkapitalisierung. «Die Aktionäre zahlen die Übernahme und niemand sonst», sagte Keitel.

Schaffung wettbewerbsfähiger Kostenstrukturen

Wenning verwies hingegen auf die verbesserte Marktposition und die Stärkung der Forschungs-Plattform. «Ein wichtiger Faktor für nachhaltiges Wachstum ist die Schaffung wettbewerbsfähiger Kostenstrukturen», betonte Wenning. Hier bestünden vielfältige Potenziale, insbesondere auf Grund der bestehenden doppelten Infrastruktur. Wenning bezifferte die Synergien auf 700 Millionen Euro ab dem dritten Jahr nach Abschluss der Transaktion. Die Integration solle insgesamt rasch und «fa ir» bewältigt werden. «In der Vergangenheit haben wir mehrfach bewiesen, dass wir in der Lage sind, Integrationen reibungslos und schnell umzusetzen», sagte Wenning. Schering-Vorstand und -Aufsichtsrat unterstützen das Angebot.

Dreigliedrige Konzern-Struktur beibehalten

Trotz der Schering-Übernahme und der sich damit innerhalb des Konzerns deutlich verschiebenden Gewichte will Wenning an der dreigliedrigen Konzern-Struktur festhalten. Bayer hat nach dem Lipobay-Debakel den Konzern in die drei Geschäftsbereiche Gesundheit, Pflanzenschutz und hochwertige Kunststoffe gegliedert. DSW-Experte Schmitz hatte die Frage aufgeworfen, warum Bayer nicht «den grossen Wurf» gewagt habe, und den Kauf vollständig durch den Verkauf des gesamten Chemiegeschäfts und nicht nur von Teilen davon finanziere. Wenning verwies auf die «hohe Ertragskraft» des Kunststoffgeschäfts und dessen Beitrag zum «guten Ergebnis» im vergangenen Jahr.

Operatives Rekordergebnis im ersten Quartal

Dank florierender Geschäfte bei den Gesundheits- und Kunststofftöchtern erzielten die Leverkusener im ersten Quartal ein operatives Rekordergebnis. Das erste Quartal knüpfe «nahtlos» an das «sehr erfolgreiche Jahr 2005» an, sagte Wenning. Der Konzern hatte am Donnerstag seinen Quartalsbericht vorgelegt. Demnach kletterte das um Sondereinflüsse bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) um gut acht Prozent auf 1,24 Milliarden Euro. Bei einem Umsatz von 7,494 Milliarden Euro (+12%) erwi rtschaftete der Konzern unter dem Strich 600 (Vorjahr 652) Millionen Euro. Der Ausblick für das Gesamtjahr wurde bekräftigt. (awp/mc/ab)
Exit mobile version