Am Montag hatte die Redaktion in einem offenen Brief Fragen und Forderungen gestellt sowie Antworten verlangt. Ein Redaktionssprecher stellte am Dienstag zur Aussprache ein Communiqué für den späteren Nachmittag in Aussicht.
«Rein industrielle» Beratung Blochers
Wagner sagte gegenüber der Nachrichtenagentur SDA, Blocher leiste mit seiner Robinvest AG eine «rein industrielle» Beratung und nehme nicht auf Zeitungsinhalte Einfluss. Das Druckzentrum der Basler Zeitung Medien-Gruppe (BZM) brauche mehr Auslastung, und die Tochter Birkhäuser+GBC wolle in lukrative Nischen vorstossen – da setze die Beratung an. Sein Interesse als Verleger sei, eine «respektable Rendite» zu erzielen, um dem zuletzt defizitären Unternehmen eine Zukunft zu geben. Details wollte Wagner nicht preisgeben; die Budgetierung sei noch nicht abgeschlossen. Wegen der Umstellung vom Abschluss Mitte Jahr auf Ende Jahr seien keine aktuellen Gewinnzahlen erhältlich.
Wagner: «Angriff auf die BaZ»
Das Eigentum sei seit der BZM-Übernahme im Februar unverändert: Er halte einen Viertel an der Holding, Tito Tettamanti drei. Weil sich nichts geändert habe, sehe er auch keinen Grund, wie jetzt von der Redaktion gefordert Chefredaktor Markus Somm in Frage zu stellen. Blocher-Biograf Somm war vorher «Weltwoche»-Vizechefredaktor gewesen. Wagner sieht den Wirbel nach einem Artikel der «NZZ am Sonntag» zum Blocher-Mandat als Angriff auf die BaZ: Habe das BaZ-Modell einer unabhängigen regionalen Tageszeitung Erfolg, lägen Mantel- und Konzern-Modelle anderer Verlage falsch. Die BaZ sei nun «mit Verdächtigungen konfrontiert», liefere aber täglich den Gegenbeweis.
Redaktion: «Schwerwiegende Bedenken»
Eine Einflussnahme auf die BaZ durch Christoph Blocher stellte Wagner explizit in Abrede. Wer solches feststelle, solle das belegen und sich bei ihm, Wagner, melden – dann werde er als Verleger, der seine Verantwortung wahrnehme, handeln. Sie habe weiterhin «schwerwiegende Bedenken» gegen das Beratungsmandat der Blocher-Firma, teilte dagegen am Nachmittag die BaZ-Redaktion mit. Das Treffen mit Wagner und Somm habe diese nicht ausräumen können, hiess es in einem Communiqué.
Öffentliche Garantie gefordert
Die Redaktion habe Wagner in einem erneuten Brief aufgefordert, das Beratungsmandat «unverzüglich zu beenden und öffentlich zu garantieren, dass Christoph Blocher in keiner Art und Weise in unser Unternehmen involviert ist». Das Vertrauensverhältnis zu Somm beurteile die Redaktion als gestört, werde mit ihm aber dennoch das Gespräch suchen. Den Brief an den Verleger verabschiedete eine Redaktionsversammlung gemäss den Angaben mit 64 zu 3 Stimmen. Weiter verwies die Redaktion im Communiqué auf Reaktionen aus der Bevölkerung, die «massiv» seien. Zahlreiche BaZ-Leser hätten ihr Abonnement gekündigt.
Inzwischen sind auch Leserbriefspalten und Online-Seiten voll mit Kommentaren. Der Schriftsteller Guy Krneta hat einen Homepage-Aufruf für eine unabhängige Zeitung gestartet mit dem Titel «Rettet Basel!» – laut der BaZ-Redaktion unterschrieben bisher über 4’000 Personen. (awp/mc/ps/22)