«Sie steckt aber immer im Hinterkopf», sagte ein belgischer EU-Diplomat gegenüber der Nachrichtenagentur SDA. Und sie steht auch im gemeinsamen Programm, das Spanien, Belgien und Ungarn letztes Jahr für ihre aufeinanderfolgenden Präsidentschaften vorgelegt hatten. Darin wurde zur Schweiz festgehalten, dass die Zusammenarbeit verstärkt werden sollte. Rahmenabkommen, Zinsbesteuerung und Betrugsbekämpfungsabkommen waren Stichworte. Eine engere politische Zusammenarbeit mit der Schweiz werde weiter angestrebt, hiess es am Freitag von belgischer Seite. Aber forcieren – bis hin zu einem Beitritt – lasse sich so etwas nicht.
Vorsichtiger als die Spanier
Bei den Steuerdossiers gibt sich Belgien vorsichtiger als die Spanier, die zu Beginn ihrer Präsidentschaft noch hofften, das ganze Paket bis Ende Juni zu verabschieden. Dabei dürfte eine Rolle spielen, dass Belgien bis Ende letzten Jahres ebenfalls ein Bankgeheimnis kannte. Somit versteht die belgische Regierung eher, was in Österreich und Luxemburg vorgeht. Diese beiden Länder blockieren bisher ein Weiterkommen im Bereich der Erweiterung der EU-Zinsbesteuerungsrichtlinie und des Betrugsbekämpfungsabkommens mit Liechtenstein. Solange das so bleibt, kommen auch mögliche Verhandlungen mit der Schweiz zu diesen Themen nicht voran.
Verhärtete Fronten aufweichen
Belgien will versuchen, die verhärteten Fronten aufzuweichen, aber das braucht Zeit. In EU-Kommissionskreisen wird davon ausgegangen, dass das Steuerpaket frühestens im Oktober wieder auf der Agenda des Rats der EU-Finanzminister stehen wird. Spanien hatte das Thema zuletzt im Januar bei einem Finanzministerrat präsentiert. Ein Kompromissvorschlag für eine Gesamtlösung scheiterte später bereits im vorbereitenden Gremium der Botschafter der 27 EU-Länder in Brüssel. Zudem «hat Spanien nicht viel Zeit in das Thema investiert», erklärte ein anderer EU-Diplomat. Unklar ist noch, wie es mit der Suche nach einer Lösung im Streit um die kantonale Unternehmensbesteuerung (Holdingsteuer) weitergeht.
Diskussion in EFTA-Gruppe
Die Diskussion dazu fand bisher in der sogenannten EFTA-Gruppe statt, in der sich Experten der 27 EU-Länder unter anderem mit der Schweiz befassen. Auch da übernimmt nun der belgische Vertreter den Vorsitz. Eine mögliche Lösung wird dort seit Monaten blockiert, weil unter anderem Italien einen Kompromiss verhindert. Kommt dazu, dass die EU-Finanzminister anfangs Juni der EU-Kommission den Auftrag gaben, mit der Schweiz über den EU-Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung in einen weiteren Dialog zu treten. Nun muss zuerst geklärt werden, ob diese «Dialoge» zusammengelegt werden und welche Abteilung EU-intern künftig dafür zuständig sein wird. EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta hat sich dafür ausgesprochen, parallel vorzugehen. Um die Affäre zwischen der Schweiz und Libyen wird sich Belgien nicht kümmern. Wenn noch etwas auf EU-Seite anstehe, sei das Aufgabe der EU-Chefdiplomatin Catherine Ashton. Spanien hatte im letzten halben Jahr massgeblichen Anteil daran, dass der Konflikt soweit entschärft wurde, bis zuletzt auch der zweite festgehaltene Schweizer, Max Göldi, heimreisen konnte. (awp/mc/gh/27)