Bericht von der Medienkonferenz: Wenig Freude bei der Credit Suisse

Von Helmuth Fuchs

Abgesehen von den Zahlen und Fakten ist es an Medienkonferenzen zuweilen interessant, die Protagonisten und ihre Verhaltens- und Kommunikationsweise zu beobachten. Bei der Credit Suisse von gestern Mittwoch war dies sogar der spannendste Teil.

Oswald J. Grübel, CEO Credit Suisse Group, präsentierte die wichtigsten Resultate ziemlich emotionslos. Die Spartenleiter sprachen ihn zwar im amerikanisch lockeren Umgangston mit «Osi» an, die Temperatur seines Auftrittes vermochte dies auch nicht zu erhöhen. Dass auch er keine Freude am Resultat hatte, konnte er nicht verheimlichen. Erst in der Fragerunde blitzte zwischendurch sein trockener Witz auf, so zum Beispiel bei der Frage, ob die Credit Suisse nicht Gefahr laufe, gute Leute zu verlieren. Dass die Credit Suisse auf gutem Wege sei, zeige sich daran, dass sich jetzt sogar wieder Finanzspezialisten von sich aus bewerben würden, meinte Grübel schmunzelnd.

Wichtige Fokusbereiche von Oswald Grübel:
Die neue Organisation, welche ab 1. Januar 2006 gilt:
– 3 Kernbereiche: Investment Banking, Private Banking, Asset Management
– 4 Regionen: Asia Pacific, the Americas, Europe Middle East and Africa (EMEA), die Schweiz. Die ersten drei Management-Ebenen seien bestimmt. Allgemein sei die Belegschaft sehr positiv eingestellt zur neuen Struktur und möchte sogar mit grösserem Tempo vorwärts machen. 


Inwiefern das nicht auch als «Reorganisationsmüdigkeit» und dem Wunsch nach schnellerer Klarheit der eigenen Position gedeutet werden kann, nach der x-ten Neuausrichtung in den letzten Jahren, muss offen bleiben.


Am Gewinnziel von 8 Milliarden Franken für 2007 wird festgehalten, und vor allem könne dieses Ziel ohne grössere Übernahmen erreicht werden. Da die Credit Suisse nur in der Schweiz als Retail Bank auftrete und für die im Ausland wichtigen Sparten Investment Banking, Private Banking und Asset Management nicht die Grösse, sondern die Qualität für die Gewinnmöglichkeiten entscheidend seien, würde hier eine grössere Übernahme keinen Sinn machen.












Brady W. Dougan, CEO Credit Suisse First Boston, hatte die undankbarste Aufgabe, da in der Sparte Institutional Securities in seinem Verantwortungsbereich die Rückstellungen von 624 Millionen Franken (nach Steuern) für private Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit Enron, gewissen IPO-Zuteilungspraktiken, der Unabhängigkeit von Analytikern und sonstige Rechtsfälle anfallen. Zudem gab es auch im Zusammenahng mit den


Brady W. Dougan
Kundenaktivitäten eine Abkühlung. Sie seien zwar jetzt gut aufgestellt und würden nach den Zielvorgaben arbeiten, bis die Ziele aber erreicht werden können, würde es noch viel Arbeit und einige Jahre Zeit brauchen. Die aktuellen Zahlen und die mittelfristigen Ziele liegen in keinem anderen Bereich der Credit Suisse nur annähernd so weit auseinander wie beim Sorgenkind Credit Suisse First Boston
(Pre-tax margin in den ersten sechs Monaten 2005: 6.9 %, Ziel > 20%
Return on allocated capital in den ersten sechs Monaten 2005: 8.1 %, Ziel > 20%).


Vor allem im Vergleich mit anderen führenden Banken dürften die Einnahmen aus dem Trading zu Denken geben. Die Aussage, dass es auch noch schlechtere Vergleichsbanken gebe, zeugen von nicht gerade allzu viel Selbstvertrauen.







Walter Berchtold, CEO Credit Suisse, konnte ziemlich locker und gelassen seine guten Resultate kommentieren. Dem Private Banking flossen im zweiten Quartal Netto-Neugelder von 12.8 Milliarden Franken zu, die Analytiker hatten lediglich mit 6 Milliarden gerechnet. Dies sei das Resultat der verstärkten Marktpräsenz in Asien und Europa und der verbesserte Zusammenarbeit innerhalb der neuen Organisation (One Bank). Das Ergebnis wurde zwar durch die geringen Erträge aus dem Börsengeschäft getrübt (Rückgang gegenüber dem Frühjahr um 15% auf 581 Millionen Franken), was aber durch ein Rekordergebnis im Corporate & Retailbanking wieder wettgemacht wurde (277 Millionen Franken Reingewinn).
Walter Berchtold







Urs Rohner, Head of the Corporate Center and Group General Counsel, sagte in bester Rechtsvertreter-Manier mit einigen Worten im Wesentlichen, dass er eigentlich nichts sagen könne. Zu den laufenden Verfahren durfte er nichts sagen, zu den zeitlichen Aussichten in den einzelnen Fällen wie zum Beispiel Enron mochte er sich auch nicht äussern. Die Rückstellungen, welche in diesem Quartal massiv aufgestockt wurden auf insgesamt nun 1.4 Milliarden
Urs Rohner
Franken, werden jedes Quartal wieder nach bestem Wissen neu beurteilt und neu berechnet. Fälle wie derjenige der Enron dürften die Credit Suisse noch über die nächsten Jahre beschäftigen. Eine Einigung mit XL, der Käuferin der Winterthur International, dürfte noch in diesem Jahr erzielt werden.







Leonhard H. Fischer, CEO Winterthur, war bestens gelaunt. Kein Wunder, sorgte doch seine Winterthur für ein Glanzlicht in der sonst eher wenig glanzvollen Resultatpräsentation. Das Resultat von 116 Millionen Franken im Lebensversicherungsgeschäft liegt zwar 8% unter dem Ergebnis des letzten Quartals, aber 73% über dem des gleichen Quartals im letzten Jahr. Im Nicht-Leben-Geschäft liegt der Reingewinn mit 137 Millionen Franken um 10% höher als im ersten Quartal 2005 und 67% höher als im Vergleichsquartal des Jahres 2004.
Leonhard H. Fischer





Auf die Frage, ob er jetzt Chef der Deutschen Börse werde, meinte Leonhard Fischer, dazu gebe es zwei Antworten, eine kurze und eine lange. Die kurze sei «No», die lange «No Sir». Ein IPO der Winterthur sei erst nach der Einigung mit XL möglich und werde sicher nicht in diesem Jahr stattfinden.


Die Vermutung liegt nahe, dass bei günstigen Marktbedingungen und einer Einigung mit XL, ein IPO in der zweiten Hälfte 2006 geplant werden könnte.







Renato Fassbind, Chief Financial Officer Credit Suisse Group, führte über die längste Zeit durch die Zahlen des zweiten Quartals und gab detaillierte Erklärungen ab, wo dies hilfreich war. Nur bei einer Frage musste er die Antwort schuldig bleiben. Sattelfest und mit viel Detailkenntnis.
Renato Fassbind
In der Schlussrunde kamen auch die Kosten für die weltweite Einführung der neuen Corporate Identity mit dem umstrittenen Logo zur Sprache. Grübel bezifferte die Kosten in der Grössenordnung von maximal 100 Millionen Franken, die aber über einige Jahre anfallen würden. Dabei gebe es sehr aufwändige Umstellungen, während gewisse Messingschilder an weniger prominenten Lagen für unter 50 Dollar ausgewechselt werden können.


Alles in allem wenig Glanz im Moment bei der Credit Suisse. Die Strukturen der Credit Suisse First Boston, egal unter welchem Namen, brauchen noch Einiges an Arbeit bis die Resultate stimmen. Das Private Banking ist gut positioniert in Asien und Europa, die Winterthur scheint fit zu sein für einen baldigen IPO. Was im Moment fehlt ist etwas die Fantasie, in welchem Bereich die Credit Suisse markant besser als seine grössten Konkurrenten sein könnte. Zumindest wird mit Oswald Grübel eine klare Linie und Struktur bei der Credit Suisse sichtbar.

Schreibe einen Kommentar