Bernanke gefällt als künftiger Fed-Chef

Zum Entzücken der Senatoren sprach er im Bankenausschuss ganz klar und deutlich – ein Novum für Finanzexperten, nach 18 Jahren Kopfzerbrechen über die verbalen Satz- Ungetüme des amtierenden Währungshüters Alan Greenspan (79). «Ich werde versuchen, bei jeder Gelegenheit deutlich zu sprechen», gelobte der 51-jährige Präsidentenberater am Dienstag bei seinem ersten grösseren Auftritt seit der Nominierung für das neue Amt sogar. Da lagen Welten zwischen ihm und Greenspan, der die Senatoren einst mit den Bonmot amüsierte: «Wenn Sie versehentlich den Eindruck hatten, Sie wüssten was ich meine, habe ich mich falsch ausgedrückt.»


«Greenspanesisch»
«Greenspanesisch» heisst die Sprache der undeutlichen Andeutungen mit vielen «sowohls» und «als auchs», die der alte Notenbankchef zu seinem Markenzeichen machte. Die Währungshändler hätten die Sprache längst gelernt, sagte der ehemalige Notenbanker Alan Blinder der «Washington Post». «Die Märkte werden sich erst daran gewöhnen müssen, wenn die Notenbank plötzlich in normalem Englisch spricht.»


«Einer der besten Währungsökonomen seiner Generation»
Präsident George W. Bush ist in Zeiten wachsender politischer Gräben zwischen den Parteien mit dem Vorschlag Bernankes für den Fed- Posten ein seltenes Kunststück gelungen. Seine Nominierung stiess Ende Oktober allseits auf helle Begeisterung. Die Anhörung wurde ein Spaziergang für den bärtigen Ökonomen. Bernanke war ruhig und souverän und Republikaner und Demokraten übertrafen sich gegenseitig mit Lob und guten Wünschen. Bernanke sei wahrscheinlich «einer der besten Währungsökonomen seiner Generation», meinte der Ausschussvorsitzende Richard Shelby unter allgemeiner Zustimmung.


Kontinuität der Greenspanschen Währungspolitik
Bernanke kündigte Kontinuität der Greenspanschen Währungspolitik als höchste Priorität an. Das soll die Märkte beruhigen, die nach der langen Greenspan-Ära etwas nervös auf den Neuen blicken. Änderungen, etwa die Festlegung eines klar benannten Inflationsziels, werde er nur langfristig und im Konsens ins Auge fassen, versicherte er.


Stilwechsel
So dürfte die Bernanke-Ära ab Ende Januar zunächst vor allem am Stilwechsel erkennbar werden. Der Banker aus dem Bundesstaat Georgia gilt anders als Greenspan nicht gerade als Party-Löwe. Während Greenspan sich gerne auf Festen zeigte, ziehe der Familienvater ein zurückgezogenes Leben vor, sagen Freunde. Wie Greenspan spielte er in jungen Jahren Saxofon.


«Klein-Ben»
Bernanke war in den frühen 70er an der Harvard-Universität nicht beim Vietnam-Protest, sondern in der Bibliothek zu finden, sagen einstige Studienkollegen Reportern. Schon als Dreikäsehoch, berichtete seine Mutter stolz, habe der kleine Ben geschickt mit Zahlen und Geld umzugehen gewusst. Als Schüler strebte er nach Lorbeeren bei in den USA populären Buchstabier-Wettbewerben. In Georgia wurde er als Elfjähriger einmal erster, ehe er im landesweiten Test als 26. ausschied, berichtete die «Washington Post». Er stolperte über die korrekte Schreibweise von «Edelweiss» auf englisch mit zwei ss. Das Wort war damals durch einen Musikfilm über die singende Trapp-Familie aus Österreich populär geworden. Den habe Klein-Ben damals noch nicht gesehen gehabt, sagte seine Mutter entschuldigend. (awp/mc/gh)

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